Hagen-Haspe. In Hagen-Haspe geht’s mal wieder um die Wurst – genauer gesagt um die Bratwurst. Der Hasper Moschee-Verein will bei der Organisation des interkulturellen Familienfestes 2012 nicht mehr mitmachen, weil am 30. Juni im Ennepepark auch Schweinefleisch vom Grill serviert werden soll. Das löst heftige Diskussionen aus.
Während die eine Seite bereits von einer regelrechten „Bratwurst-Krise“ spricht, versuchen andere zu beschwichtigen: „Nichts wird so heiß gegessen wie’s gegrillt wird.“ Dabei hat das Thema einen durchaus ernsthaften Hintergrund: Der Hasper Moschee-Verein hat seinen Rückzug aus dem Organisationsteam des interkulturellen Familienfestes 2012 erklärt. Der Grund: Am 30. Juni soll im Ennepepark diesmal auch Schweinefleisch vom Grill serviert werden. Das verstoße gegen religiöse Muslime-Grundsätze.
Eine durchaus komplizierte Gemengelage im Spannungsfeld zwischen urdeutscher Sommerfest-Kultur und religiösen Gefühlen des islamischen Kulturkreises. Der Ursprung der von Nadim Akbaba, Vorstandsvorsitzender der türkisch-islamischen Gemeinde Hasper (DITIB), als „Bratwurstkrise“ titulierten Verwerfungen ist bereits im vergangenen Jahr zu suchen. Da kochte das Thema schon hoch.
Lockere Sommeratmosphäre bei der Premiere 2011
Am 2. Juli 2011 trafen sich auf dem einstigen Gelände der Hasper Hütte Erwachsene und Kinder zahlreicher Nationalitäten des Stadtbezirks, um in lockerer Sommeratmosphäre nicht nur ein vielseitiges Bühnenprogramm zu verfolgen, sondern auch gemeinsam zu schlemmen und zu plaudern.
20 Vereine und Organisationen des 30.000-köpfigen Stadtteils, in dem gut 4500 Menschen keinen deutschen Pass besitzen, kamen ganz ohne problembehafteten Integrationsüberbau und den Zwang zu politischer Korrektness zu einem völlig entspannten Fest zusammen. Wie von den Organisatoren erhofft, stand an dem launigen Samstag vor allem der „Wir-sind-Haspe“-Gedanke im Vordergrund. Ein Erfolgsmodell für ein entspanntes Miteinander, das am letzte Juni-Wochenende 2012 im Ennepepark vertieft werden soll.
Bratwurst aus Schweinefleisch soll auf Grill
Dabei wurde während der organisatorischen Vorbereitungen unter anderem die Idee geboren, dass neben internationalen Köstlichkeiten in diesem Jahr im kulinarischen Programm auch klassische deutsche Bratwurst angeboten werden sollte. Denn im Vorjahr hatte angesichts der stattlichen Besucherströme der pfiffige Wirt der angrenzenden Bezirkssportanlage die Gelegenheit der Festivität genutzt, um Schweinefleisch im Wurstdarm für das Festgeschehen auf den Grill zu legen.
„Ein einträgliches Geschäft“, erinnert sich heute Roland Kunigk, Sprecher des „AK 90 Haspe“ und in vorderster Reihe auch diesmal in die Vorbereitungen des interkulturellen Familienfestes eingebunden. Kunigks Begründung für den Bratwurstverkauf: „Angesichts unserer chronischen Budgetknappheit hatten wir gedacht, dass wir dieses Geld auch selbst gut verdienen könnten und einen eigenen Bratwurststand ins Auge gefasst.“
Mit dem islamischen Glauben nicht vereinbar
Eine Idee, die bei den muslimischen Partnern auf wenig Gegenliebe stößt. „Da es aus theologischer Sicht bedenklich und mit dem Islam nicht vereinbar ist, als Veranstalter bei einem Fest aufzutreten, bei dem Schweinefleisch angeboten wird, ziehen wir unsere Teilnahme als Verein für dieses Jahr zurück“, erläutert Nadim Akbaba im Gespräch mit der WESTFALENPOST in Hagen die reservierte Haltung des Hasper Moschee-Vereins, die auch mit dem geistlichen Oberhaupt der Kölner Zentrale so abgestimmt sei.
„Unser Glaube erlaubt uns es nicht, als Veranstalter aufzutreten, daher mussten wir diesen Schritt gehen", sagt Nadim Akbaba. Gleichzeitig betont er weiter: „Wir werden als alteingesessene Hasper mit Familien und Freunden das Fest besuchen und freuen uns schon auf eine Tasse Kaffee.“
AK 90 Haspe sucht nach Kompromiss
Roland Kunigk will jedoch nichts unversucht lassen, die Wogen noch zu glätten und die muslimischen Bürger zurück ins Organisatorenboot zu holen. Im Rahmen einer außerordentlichen Sitzung des „AK 90 Haspe“ soll in der ersten März-Woche versucht werden, neue Brücken zu bauen: „Nach meiner persönlichen Einschätzung könnten wir auch auf Schweine-Bratwürste verzichten.“ Ein Kompromissvorschlag, auf den der Moschee-Verein kaum eingehen kann: „Sonst entsteht der Eindruck, wir hätten die anderen unter Druck gesetzt“, möchte Akbaba nicht die Rolle des Sündenbocks einnehmen. „Natürlich können wir nicht der Mehrheit der Gesellschaft etwas aufdrängen.“
Titelblatt-Entwurf für Info-Heft umstritten
Für zusätzliche Irritationen hat der Titelblatt-Entwurf des neuen Info-Heftes „Wir sind Haspe“ gesorgt. Dieses zeigt stilisierten Strichmännchen, deren Leiber mit Länderfahnen ausgefüllt sind. Vergessen wurde dabei ausgerechnet das türkische Banner, obwohl aktuell immerhin 1521 Frauen und Männer aus der Mittelmeerland rund um den Hasper Kreisel leben.
Stattdessen wurde der Halbmond mit Stern aus der pakistanischen Fahne eingebaut – auf grünem statt auf rotem Grund und auch noch im falschen Winkel zueinander. „Wir finden es schade und im Sinne der Integration missverständlich, dass damit den türkischstämmigen Mitbürgern vor den Kopf gestoßen wird“, meint der Vorstandsvorsitzende des Moscheevereins, „aber damit kann man gewiss leben“. Und Akbaba fügt augenzwinkernd hinzu: „Das ist ungefähr so, als ob man die belgische als deutsche Flagge ausgibt.“
Deutsche Figur fehlt völlig
Da lohnt sich ein zweiter Blick auf das Titelblatt des „Wir sind Haspe“-Heftchen: Neben dem Pakistan-Männchen findet sich tatsächlich eine Belgien-Dame – eine deutsche Figur fehlt hingegen völlig. Aber das ist angesichts der Hasper „Bratwurstkrise“ am Ende schon fast wurscht.