Hagen.

Muslime sind in Hagen Sache der Chefin. Polizeipräsidentin Ursula Steinhauer hat es sich zur persönlichen Aufgabe gemacht, die Zusammenarbeit zwischen muslimischen Vereinen und der Hagener Polizeibehörde zu intensivieren.

Sie mussten bei A beginnen. Das hatte der Fall Adem Özdamar drastisch vor Augen geführt. Der 26-Jährige war im Februar 2008 im Polizeigewahrsam gestorben. Das hatte für Wirbel gesorgt - und einen wahren Sturm im türkischsprachigen Blätterwald verursacht. Beide Seiten, Muslime und Polizei, waren erschreckt.

Regelmäßige Treffen

„Wir mussten uns erstmal kennenlernen“, sagt Ercan Öztaskin von der Landesarbeitsgemeinschaft der Muslime und Uwe Böhm als Kontaktbeamter der Polizei wie aus einem Mund. Es ist ihnen gelungen - durch regelmäßige Treffen, durch Vorträge, durch Gespräche. . .durch langsames Aufbauen von Vertrauen auf beiden Seiten. Sie münzten das Erschrecken in Motivation um.

„Jetzt sind da nicht mehr anonyme Moscheevereine, jetzt sind da Namen und vor allem Gesichter“, sagt Böhm, der von Steinhauer mit der Mittlerfunktion betraut wurde. Zunächst gab’s Verabredungen auf höchsten Hierarchieebenen: zwischen ranghohen Polizeibeamten und Moscheevereinsvorsitzenden. „Wenn sich die Führungen kennen, wirkt sich das auf die Basis aus“, meint Böhm.

Dafür gibt es Beispiele: die Siegesfeiern der Türken bei der Fußball-WM. Die Polizei ließ zu, dass sie hupend und im Korso im Bahnhofsviertel herumkurvten. Im Gegenzug sorgten Moscheevereinsvorsitzende - als anerkannte Respektsperson für muslimische Jugendliche - für einen friedlichen Ablauf der Feiern.

Langsam sickert die Kooperation zwischen den beiden Seiten tatsächlich durch. „Wir sprechen in den Gemeinden mit den Jugendlichen über die Polizei“, erklärt Öztaskin. Böhm geht noch weiter: „Wir haben festgestellt, dass türkischstämmige Jugendliche zur Polizei wollen. Das wäre auch richtig, denn die Polizei soll die Gesellschaftsstruktur widerspiegeln.“

Viel Anerkennung

Für das „Hagener Modell“ interessieren sich inzwischen auch Institutionen außerhalb der Stadt. Kürzlich trat das Duo Öztaskin/Böhm gemeinsam in der Fortbildungsakademie der nordrhein-westfälischen Polizei in Münster auf. Über die Landesarbeitsgemeinschaft trägt auch Öztaskin die Kooperation in andere Kommunen. Demnächst wollen sie an die Polizeifachhochschule. Von der deutschen Islamkonferenz haben sie eine Urkunde für ihre Partnerschaft bekommen. „Das alles ist schon eine gewisse Motivation, weiterzumachen“, meint Öztaskin. Nicht zuletzt ist das Bundesamt für Migration darauf aufmerksam geworden, wie Hagener Muslime und ihre Polizei miteinander umgehen. „Wir versuchen, eine Veränderung im Denken und Handeln zu bewirken“, ergänzt Öztaskin.