Hagen. .
Das Theater Hagen feiert in dieser Spielzeit seinen 100. Geburtstag. Aus diesem Anlass ermöglicht unsere Zeitung gemeinsam mit der Bühne unseren Lesern ungewöhnliche Einblicke hinter die Kulissen. In der Jubiläumsspielzeit verlosen wir Begegnungen mit Künstlerinnen und Künstlern des Theaters. Als zweiter Teilnehmer bietet der junge spanische Tenor Rafael Vázquez „eine Stunde mit“ an, der derzeit als Rodolfo in Puccinis „La Bohème“ umjubelt wird.
Spanien ist das Mutterland der großen Tenöre, doch wie so viele hochbegabte Künstler hat sich Rafael Vázquez auf Umwegen für seinen Beruf entschieden. Der Sänger studierte zunächst Jura; erst als er bereits in London an seiner Doktorarbeit schrieb, wechselte er zur Musikhochschule.
Rafael Vázquez ist eine Doppelbegabung. Neben der Musik gehört dem Sport seine Leidenschaft. In seiner Freizeit arbeitet er als Judo-Lehrer, vor allem für Kinder. Deshalb bietet er unseren Lesern an, wahlweise eine Stunde Gesangsunterricht bei ihm zu nehmen – oder eine Judo-Stunde.
Es gibt viele Vergleiche zwischen Sportlern und Musikern. Der Ball muss ins Tor, das hohe „C“ will getroffen werden. Sportler wie Musiker stehen unter extremem Erfolgsdruck: Ein verpatzter Hochton oder ein verfehlter Schuss lassen sich weder reparieren noch wiederholen. Aber die Vergleiche beschreiben nicht das Wesentliche: „Wenn ich auf der Bühne stehe, will ich meinen Körper bewusst erleben, will wahrnehmen, wie er funktioniert“, sagt Rafael Vázquez. Tatsächlich hat die Beziehung zum Judo für den Sänger geradezu philosophische Dimensionen: „Judo, das bedeutet den sanften, den nicht-aggressiven Weg. Man lernt Selbstbewusstsein und Körperkontrolle.“
Das ist entscheidend, denn die Stimme kommt ja nicht von irgendwoher, sondern aus dem Leib. „Als ich mit dem Singen angefangen habe, konnte ich keine Noten lesen. Ich wusste nicht, was ein hohes „C“ war, es zu singen war deshalb die einfachste Sache der Welt. Wenn man anfängt, zu viel darüber nachzudenken, wird es ein Problem.“
Liebe zur Oper kam erst später
Als Kind hat der 35-Jährige die Oper gehasst, nicht zuletzt, weil der Vater, ein begeisterter Wagnerianer, stets Platten seines Lieblingskomponisten spielte. Seine Stimme entdeckte er erst auf dem Jungeninternat: „Die Mitgliedschaft im Chor war die einzige Möglichkeit, mal aus der Schule rauszukommen und zu gucken, was die Mädchen machen“, erzählt er.
Das Publikum liebt den spanischen Tenor – und der wiederum liebt sein Publikum und sein Theater. „Nicht jeder Auftritt ist perfekt, aber ich gebe immer alles. Das nehmen die Leute und geben es mir zurück. Dann bin ich der glücklichste Mann der Welt.“
100 Jahre Theater Hagen
Unzählige Bewerber stehen zum Vorsingen Schlange, wenn eine Rolle an einer deutschen Bühne vergeben wird. „Jeden Tag, wenn ich ins Theater gehe, berühre ich die Hauswand und sage: Ich gehöre dazu“, verrät Rafael Vázquez ein Ritual. In Hagen hat der Spanier Kollegen gefunden, die wie eine Familie sind. Hier blüht er unter der Führung von GMD Ludwig auf. „Ein Engagement an einem deutschen Stadttheater ist eine riesige Chance, die man nutzen muss. Das ist wie ein Traum.“
Parallel gibt der Tenor vor allem Kindern Judo-Unterricht. „Sie lernen dabei, die Energie und die Stärke der anderen Person zu absorbieren und für sich zu nutzen. Judo kanalisiert die Aggressivität von Kindern und macht sie frei von Angst. Ich habe Kinder mit Autismus und Down-Syndrom unterrichtet, da habe ich viel erreicht“, schildert Rafael Vázquez, der fünf Sprachen spricht und jetzt als sechste Deutsch lernt. Wer diese Stunde gewinnen möchte, schreibt bitte mit Altersangabe an kultur@westfalenpost.de oder per Post an
Westfalenpost, Kulturredaktion, Schürmannstraße 4, 58097 Hagen
Einsendeschluss ist Samstag, 21. Januar