Hagen. Der Feuerwehr-Skandal in Hagen schlägt hohe Wellen bei Politik und Behörden. Die Staatsanwaltschaft prüft die strafrechtliche Relevanz
Die Staatsanwaltschaft Hagen prüft, ob in dem durch diese Zeitung bekannt gewordenen Fall der für drei Jahre freigestellten leitenden Notärztin (Gesamtvolumen rund 300.000 Euro) eine strafrechtliche Relevanz vorliegen könnte. Das erklärt die Hagener Staatsanwaltschaft gegenüber der Stadtredaktion. Der Fall schlägt in Gesellschaft, Politik, bei der Feuerwehr und der Stadtverwaltung hohe Wellen. Für die nächste Ratssitzung hat die SPD-Fraktion einen Dringlichkeitsantrag auf den Weg gebracht. Der Oberbürgermeister soll den Fall öffentlich erklären. Weder die Stadtspitze noch die Betroffene nehmen auf Anfrage Stellung zu dem Fall.
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Nach Recherchen dieser Zeitung war der leitenden Notärztin der Stadt, die diese Arbeit über 28 Jahre gemacht hat und zwischenzeitlich sogar drei Leitungsfunktionen bekleidete, außerordentlich gekündigt worden. Einen Grund soll sie nach Informationen dieser Zeitung nicht erfahren haben. Zuvor soll versucht worden sein, sie ins Gesundheitsamt zu versetzen, was die Chef-Notärztin abgelehnt haben soll. Sie fühlte sich fit und bereit, in ihrer angestammten Position weiterzuarbeiten. Auseinandersetzungen innerhalb der Feuerwehr und auch mit Blick auf den Rettungsdienstbedarfsplan, der seit 2017 in Hagen nicht aktualisiert ist, sollen unter anderem Gründe gewesen sein.
Betroffene will arbeiten
Auf die Kündigung folgte eine Kündigungsschutzklage. Nach Informationen dieser Zeitung kam es aber nicht zum terminierten Verfahren vor dem Arbeitsgericht. Denn: Stadt und Betroffene einigten sich außergerichtlich. Volle Bezüge von Mitte 2023 bis Mitte 2026, dem Beginn des Ruhestands. Eine Vergütung von rund 300.000 Euro für eine Mitarbeiterin, die die Stadt nicht mehr einsetzen will, die nach Informationen der WP aber ihre Arbeit gern weitermachen würde.
„Wie Sie sicher wissen, unterliegen Personalangelegenheiten bis auf den Stellenplan, der Teil des Haushaltes ist, allein der Hoheit des Oberbürgermeisters“, erklärt die SPD-Fraktion im Hagener Rat. Und weiter: „Daher hat die SPD-Fraktion bislang keinerlei Kenntnis über die aufgestellten Behauptungen bezüglich des Umgangs mit einer leitenden Notärztin. Um hier für Aufklärung zu sorgen, hat die SPD-Ratsfraktion einen Dringlichkeitsantrag für die Ratssitzung am 16. Mai gestellt, in dem der Oberbürgermeister aufgefordert wird, zu der Personalie Stellung zu beziehen.“ Allerdings soll diese Erklärung im nicht-öffentlichen Teil der Sitzung erfolgen.
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Stadt verliert Verfahren
„Man kann so etwas nicht wittern“, erklärt Ratsherr Frank Schmidt (Bürger für Hohenlimburg). Solche Zahlen würden sich in irgendwelchen Posten langer Tabellen von Personalkosten verbergen, sagt er und weist genau wie die SPD und die Grünen darauf hin, dass es zwar einen ähnlich lautenden Veränderungshinweis des Fachbereiches Finanzen und Controlling mit Blick auf den Hagener Doppelhaushalt gegeben habe. „Dieser hat aber nichts damit zu tun“, so Schmidt.
Und das ist korrekt. „Aufgrund eines Vergleichs im Rahmen eines Klageverfahrens zur Notarztgestellung werden zusätzliche 350.000 Euro benötigt“, hieß es da. Der Hintergrund geht aus der Niederschrift einer nicht-öffentlichen Sitzung hervor. Am 19. März war die Stadt in einer Güteverhandlung vor dem Verwaltungsgericht zur Zahlung dieser Summe verpflichtet worden. Und zwar an das Unternehmen Agaplesion, das in Hagen das Klinikum betreibt und in diesem Zusammenhang auch Notärzte zur Verfügung stellt. Von der Freistellung einer mit knapp 7800 Euro pro Monat vergüteten leitenden Notärztin war gegenüber der Politik nie die Rede.
Grüne besprechen den Fall
„Das werden wir in unserer nächsten Sitzung besprechen“, erklärt Nicole Pfefferer, Ratsfrau der Grünen. „Und es ist sicher davon auszugehen, dass der Fall auch einer für das städtische Rechnungsprüfungsamt wird.“ Ihr CDU-Pendant Jörg Klepper sagt: „Wir haben von der Personalie erst durch den Zeitungsbericht erfahren und sind mit den Details des Vorgangs nicht vertraut. Ohne jede Vorverurteilung oder Mutmaßung werden wir uns von der Verwaltung darlegen lassen, wie sich der Sachverhalt darstellt. Erst dann können wir uns ein Urteil zum Sachverhalt erlauben und erkennen, ob es ein Fehlverhalten gibt. Solange wir die Hintergründe des Vorgangs nicht kennen, können wir keine konkretere Stellungnahme abgeben.“
„Im Zusammenhang mit der Kündigung der Kollegin können wir bestätigen, dass bereits vor ca. einem Jahr seitens der Verwaltung ein ordnungsgemäßes formelles Beteiligungsverfahren im Sinne der Vorschriften des Landespersonalvertretungsgesetztes NRW stattgefunden hat“, erklärt Stefan Arnold für den Personalrat der Stadt Hagen. „Wir bitten um Verständnis, dass im Sinne der Persönlichkeitsrechte der Kollegin der Personalrat an dieser Stelle keine weiteren Aussagen zu diesem Fall treffen kann.“
Das Rechnungsprüfungsamt der Stadt Hagen als kontrollierende Instanz war bislang nicht tätig. Auf Nachfrage in der Stadtkanzlei kann aktuell nicht beantwortet werden, ob es noch tätig werden wird. Eine Antwort der Kommunalaufsicht der Bezirksregierung Arnsberg wird am Mittwoch erwartet.