Hagen. Die Verbindung zwischen Westside und Bahnhofsvorplatz wird durch die Hagener Unterwelt führen. Eine Brückenlösung ist vom Tisch.
Diese äußerst attraktive Konstellation ist zumindest in Nordrhein-Westfalen einmalig: Ein Standort für qualitätvolles Gewerbe und Dienstleister, eingerahmt von Ennepe und Volme, naturnah und zugleich direkt angrenzend an den Hagener Hauptbahnhof – Investorenherz, was willst Du mehr? Positiv-Attribute gibt es reichlich, wenn Wirtschaftsentwickler und Planer der Stadt von den potenziellen Qualitäten der Westside schwärmen. Die 26.000 Quadratmeter zwischen Bahnhofshinterfahrung und den ICE-Gleisen sind ein innerstädtisches Filetstück, das jedoch offenkundig erst dann auf konkretes Interesse bei Ansiedlungswilligen stößt, wenn es einen realistischen Zeitplan für die Standortentwicklung gibt und eine akzeptable, möglichst komfortable und attraktive Verbindung zur Innenstadt besteht.
Diese langfristige Taktung wird in den nächsten Monaten durch die neu formierte Projektgruppe des Rathauses erarbeitet, die Verknüpfung zum Bahnhofsvorplatz und weiter in Richtung Innenstadt soll vorzugsweise über den verschollenen Tunnel Werdestraße erfolgen. Diese Variante genießt bei den Planern absolute Priorität – die ebenfalls angedachte Verlängerung des Gleistunnels zu den Bahnsteigen in Richtung Westside bleibt zumindest eine Option. Die von der Politik ins Spiel gebrachte Brücken-Idee ist jedoch inzwischen endgültig vom Tisch – Fußgänger und Radfahrer müssen durch die Unterwelt.
Politik regte Brückenprüfung an
Im Sommer hatte, angeführt von der Hagen-Aktiv-Fraktion, die Politik noch einmal angeregt, es nicht bloß bei den unterirdischen Verbindungen, die von den Menschen häufig als Angsträume wahrgenommen werden, zu belassen, sondern auch eine Brückenlösung zu prüfen. Diese müsste auf einer Länge von etwa 120 Metern die 17 Gleise überspannen. Vorbild könne, so die Fraktionen, der Arnulfsteg in München sein, der sogar doppelt so üppig dimensioniert sei. Hauptproblem, so stellt die Hagener Planungsverwaltung fest, sei die Bewältigung der erheblichen Höhendifferenz – die Querung darf bloß mit gebotenem Abstand über die Oberleitungen der Bahn geführt werden. Dafür müssen, neben den Abgängen zu den Gleisen, opulente Rampenbauwerke entstehen, die aufgrund ihrer Länge einen erheblichen Platzbedarf beanspruchen. Dafür reichen die vorhandenen Flächen kaum aus.
Vor allem auf der Ostseite in Richtung Bahnhofsvorplatz würden Brückenrampen absehbar mit der Anbindung des neuen Fundbüros (ehemaliges Bahnhofskino) sowie den angedachten Lärmschutzwänden kollidieren. Darüber hinaus plant die Deutsche Bahn in diesem Bereich noch einen sogenannten Bedienplatz für neue elektronische Stellwerke, die im Raum Hagen entstehen. Zudem wären die Kosten für ein solches Brückenbauwerk ebenso unabsehbar wie die Realisierungszeiträume, da die Arbeiten an der Querung immer wieder mit der Bahn abgestimmt werden müssten.
Verbindung dauert noch Jahre
Vor diesem Hintergrund setzt Baudezernent Henning Keune jetzt mit Nachdruck auf die Reaktivierung des Werdetunnels. Dieser wirkt zurzeit noch wie eine furchterregende Gruselgrotte, die aufseiten der Straße am Hauptbahnhof noch zugemauert ist und deren Rampe vorzugsweise als Sperrmüllablageplatz dient. Allein die Ertüchtigung und Illuminierung dieser heruntergekommenen Unterführung wird drei bis fünf Jahre in Anspruch nehmen. Damit ist aber noch keine einzige Anbindung zu den Bahnsteigen geschaffen, was wiederum mithilfe eines parallel verlaufenden Gepäcktunnels gelingen soll. Bis auch diese Zugänge geschaffen sind, geht man im Hagener Rathaus aufgrund der erforderlichen Abstimmungen mit der Bahn sogar von einem Realisierungszeitraum von acht bis zehn Jahren aus. Der Preis wurde hier zuletzt mit knapp zehn Millionen Euro beziffert – darin sind die rasanten Baukostensteigerungen der vergangenen Jahre allerdings noch nicht enthalten.
Nachrangige Priorität genießt weiterhin die Idee, den bestehenden Bahnsteigtunnel des Bahnhofsgebäudes an der Rückseite in Richtung Westside zu verlängern. Diese Lösung dürfte absehbar noch teurer ausfallen und frühestens in acht Jahren fertiggestellt sein.