Hohenlimburg. Die Hohenlimburger Kalkwerke wollen den Steinbruch Oege bis unter den Grundwasserspiegel vertiefen. Das hat Folgen für die Zeit nach dem Abbau:
Es ist ein Zukunftsprojekt, dass den Oeger Steinbruch in Zukunft prägen könnte: Wer sich in die Details der geplanten Vertiefung des Steinbruchs einlesen möchte, der muss sich aber viel Zeit nehmen: Mehr als 500 Seiten umfassen die Antragsunterlagen, die bei der Stadt Hagen vorliegen und nun im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens für Bürgerinnen und Bürgern einsehbar sind.
Was wäre, wenn die Stadt grünes Licht für die Pläne gibt?
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Sprengen in die Tiefe
Dann startet ein Unterfangen, dass die Optik des Steinbruchs deutlich verändern wird. Die Sohlenwand wird erheblich weiter in die Tiefe getrieben. In Zahlen ausgedrückt: Aktuell liegt die sichtbare Abbruchkante an der Grenze zum Ahm auf etwa 225 Metern über dem Meeresspiegel und die tiefste Stelle im Steinbruch auf 145 Metern. Die Lenne und die Hohenlimburger Innenstadt liegen auf etwa 115 Metern.
Rund 130 Meter tiefer
Sollte die Vertiefung entlang der vorliegenden Plänen genehmigt werden, dann wird Sohle für Sohle in die Tiefe gesprengt und gegraben, vom Verfahren her vergleichbar mit dem bisherigen Abbau. Vertieft werden dürfte dann bis auf 15 Meter über dem Meeresspiegel. Den heute sichtbaren tiefsten Punkt im Steinbruch als Maß genommen, wäre das rund 130 Meter tiefer. Die Zahl der Sohlen, jede etwa 12 Meter hoch, wird sich erhöhen. Dazwischen müssen Rampen geschaffen werden, um Transportwege für die Lastwagen zu schaffen.
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Unter dem Grundwasserspiegel
Am tiefsten Punkt wird eine Hochleistungspumpe stehen. Denn: Die Vertiefung geht unter die Grundwasserhöhe. Die wiederum liegt im Steinbruch auf etwa 131 Metern über dem Meeresspiegel – und wenn auf bis zu 15 Meter über den Meeresspiegel vertieft werden dürfte, dann gilt es, das Wasser abzupumpen, um trockenen Fußes Abbau betreiben zu können. Gelöst werden soll dieses Problem über ein wassergefülltes sogenanntes Sümpfungsbecken, das am tiefsten Punkt in das Gestein gesprengt wird und mindestens 10 mal 10 Meter messen soll – weniger als halb so groß wie das Schwimmbecken im Lennebad. Etwa zwei Meter tief wird das Wasser darin stehen und mit besagter Pumpe gehoben.
Abfluss in die Lenne
Ein Teil des Wassers soll zum Waschen des Gesteins von den Hohenlimburger Kalkwerken genutzt werden. Auch die Fahrwegen der Lastwagen sollen mit dem Wasser befeuchtet werden, damit nicht so viel Staub entsteht. Der übrige Teil des Wasser wird künftig zurückgeleitet in die Lenne. Dafür werden die Rohrleitungen jener Trasse an der Mühlenbergstraße genutzt, die die Kalkwerke schon seit Jahren nutzen, um Wasser aus der Lenne zu entnehmen. Statt Wasser der Lenne zu entnehmen, wird es also künftig über die Rohre eingeleitet.
Neues Sümpfungsbecken
Der Abbau geht Sohle für Sohle in die Tiefe, das Sümpfungsbecken wird entsprechend in den neuen Tiefen jeweils neu angelegt – zunehmender Tiefe wird ein weiteres Becken im Kalkstein nötig, um das gehobene Wasser abzupumpen und weiterzuleiten. Beides wird bis zur tiefsten genehmigten Stelle auf 15 Metern über dem Meeresspiegel mitwandern.
Vertiefung dauert 15 Jahre
Bis die Hohenlimburger Kalkwerke an der tiefsten Stelle den Kalkstein abbauen können, wird es dauern: „Wir gehen von etwa 15 Jahren aus“, schätzt Christian Lange, Mitgeschäftsführer der Hohenlimburger Kalkwerke. „Das ist aber mit viele Unwägbarkeiten verbunden“, ist etwa die Nachfrage der Rohstoffe und Absatzlage so weit in die Zukunft nicht vorauszuberechnen. „Derzeit sieht es so aus, als würde der Rohstoffbedarf noch steigen.“ Zwar schwächle der private Wohnungsbau, bei Gewerbe und im Straßenbau sei die Nachfrage aber da.
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See soll entstehen
Aber egal ob exakt 15 Jahre oder ein paar Jahre später oder früher: Wenn der tiefste genehmigte Punkt erreicht ist, wird der Abbau an dieser Stelle des Steinbruchs stillgelegt. Da ab diesem Zeitpunkt auch keine Pumpen mehr arbeiten, wird das natürliche Wasser aus Grund und Regen langsam das entstandene Loch wieder auffüllen, bis der Grundwasserspiegel wieder erreicht ist. Entstehen soll ein sogenanntes „meromiktisches“ – ein stehender Gewässer. Ein stiller See, wie man ihn etwa aus den Alpen kennt.
Statik nicht gefährdet
Kann die Statik des Steinbruchs in Oege so eine massive Bohrung in die Tiefe aushalten? Vorliegende Gutachten sehen keine Probleme und auch die Geschäftsführung der Hohenlimburger Kalkwerke gibt sich gelassen: „Das ist ein massiver Körper, der nicht in sich einfallen kann“, sagt Lange. Kenntnisse über die Beschaffenheit konnten nicht zuletzt Tiefenbohrungen erbringen, die vergangenes Jahr in Kooperation mit dem Frauenhofer Institut im Steinbruch liefen. Hintergrund waren Forschungen zum Thema Geothermie. Der mitgebrachte Bohrer sollte rund 325 Meter tief in den Oeger Boden eindringen, bei 224 Metern Tiefe musste das Bohren aber abgebrochen werden.
Der Steinbruch stehe auf „massivem Fels“, sagt Lange. Ein Absinken sei nicht denkbar.
Planungssicherheit für Abbau
Der wertvolle Kalkstein, der vor Ort seit Jahrzehnten von seinem Unternehmen abgebaut wird, soll auch künftig den Bedarf decken. Dass man nun den Weg in die Tiefe antritt, hängt auch damit zusammen, dass eine Erweiterung des Steinbruch in die Fläche auf dem Ahm, wie sie im Regionalplan angedacht ist, noch im Verfahren steckt. Ende unklar. Die Vertiefung soll Planungssicherheit für die Zukunft bringen, wird der Abbau in den aktuell genehmigten Grenzen doch in ein paar Jahren zum Ende kommen.
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Recycling keine Alternative
Ob künftig allein aus Gründen des Klimaschutzes nicht mehr Recycling-Material gefragt sein wird als Kalkstein aus dem Steinbruch? Schon heute werden 90 Prozent der Baureste recycelt, zitiert Lange aus einem Gutachten der Landesregierung. „Damit werden aber nur 12 Prozent des Bedarfs gedeckt.“ Auch bei den Kalkwerken setzte man viel auf Recyclingstoffe. Im Betrieb werden Asphaltschollen und Fräsgut gezielt angekauft. Der Grund: Das Bitumen in den Stoffen ist ein sehr wertvolles Bindemittel. „Wir nehmen deshalb jede Tonne, die wir kriegen können“, berichtet Lange.
Die Nachfrage bei öffentlichen Auftraggebern wie Autobahn GmbH und Straßen.NRW sei jedoch mau, aus Sorge vor schlechterer Qualität verglichen mit Naturstoffen. Eine unbegründete Sorge, meint der HKW-Chef.
Naturschutzbeirat zugestimmt
Für das eigene Unternehmen hat er mit Genugtuung verfolgt, dass auch der kritische Naturschutzbeirat der Vertiefung des Steinbruchs zugestimmt hat. Ohne Vertiefen oder Erweitern in die Fläche werde es mit dem Abbau im Oeger Steinbruch dauerhaft nicht weitergehen können.
„Wenn man sagt, der Steinbruch Hohenlimburg muss geschlossen werden, dann müsste ein anderer Steinbruch den Bedarf mit decken“, sagt Lange, „und das sollten Sie mal den Leuten im Hönnetal erzählen, die werden sich bedanken“, blickt er auf den dortigen Steinbruch, dessen geplantes Erweiterungsgebiet von Bürgerprotesten begleitet wird, ähnlich wie hier auf dem Ahm.
Heimische Steinbrüche kämen allesamt langsam an Kapazitätsgrenzen, während der Bedarf an Baustoffen weiter hoch sei. „Es geht nur, wenn jeder seinen Beitrag leistet.“