Berlin. Die ZDF-Serie „Letzte Spur Berlin“ geht in die finale Staffel. Die Darsteller verraten, wie sehr sie ihre Rollen beeinflusst haben.
Vor 13 Jahren ging die ZDF-Serie „Letzte Spur Berlin“ an den Start. Eine Serie, die mal nicht von Mord und Totschlag handelte, sondern von dem Verschwinden von Menschen, die im besten Fall auch wiedergefunden werden.
Von Anfang an waren Jasmin Tabatabai und Hans-Werner Meyer als Ermittler Oliver Radek und Mina Amiri dabei – während ihre Kollegen im Laufe der Staffeln wechselten. Nun startet die 13. und definitiv letzte Staffel mit zwölf neuen Folgen (immer freitags um 21.15 Uhr), bis mit der Episode „Fallen Angels“ am 24. Mai dann endgültig Schluss ist. Grund genug, mit den beiden Hauptdarstellern über ihre Erfolgsserie zu sprechen.
Nach 13 Jahren läuft jetzt die letzte Staffel „Letzte Spur Berlin“. Wie fühlen Sie sich? Schmerzt der Abschied?
Jasmin Tabatabai: Ich finde, es ist einfach wie so oft im Leben. Da geht ein wichtiger Abschnitt zu Ende. Selbstverständlich ist das auch traurig, weil wir, so abgedroschen das auch klingt, wirklich zu einer Familie zusammengewachsen sind. Nicht nur die Menschen vor der Kamera, sondern vor allem auch die dahinter, die sehr gerne weitergemacht hätten. Aber jetzt schauen wir einfach, was als Nächstes kommt. Dafür gibt es ja jetzt auch einen Raum.
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Hans-Werner Meyer: Ich erlebe das mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Ich sehe gerade die neuen Folgen. Und ich sehe, was da gelungen, was da gewachsen ist über all die Jahre. Dass das zu Ende geht, tut mir leid. Für uns, vor allem aber auch fürs Publikum. Aber mir geht es momentan sehr gut. Denn ich schaue auf ein Jahr, in dem noch nichts feststeht. Das hatte ich sehr lange nicht. Früher war das auch manchmal angstbehaftet. Aber jetzt fühlt sich das gut an.
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Hätten Sie je gedacht, dass die Serie so lange dauern würde?
Meyer: Ehrlich gesagt, ja. Als die ersten Folgen konzipiert waren, sagte unser Produzent, er könne sich das gut zehn Jahre vorstellen. Nun sind es 13 geworden, er hat also recht behalten.
Tabatabai: Die erste Staffel war trotzdem nur auf sechs Folgen angelegt. Da wollte das ZDF erst mal schauen, wie das ankommt. Da war ich mir aber sehr sicher, weil die Chemie stimmte. Und ich finde auch erstaunlich, an was für Themen wir uns herangetraut haben. Das war immer am Puls der Zeit. Für mich war das allerdings komplettes Neuland, eine Serie zu drehen. Das ist ein Marathon. Um da die Qualität hochzuhalten, musst du extrem langen Atem haben.
Ihre Kollegen haben im Laufe der Staffeln gewechselt, aber Sie beide waren von Anfang an dabei. Wie gut kennen Sie sich inzwischen, wie nah wird man sich dort bei einer so langen Zusammenarbeit?
Tabatabai: Wie heißt es bei Kurt Tucholsky: „Da kennst du alle seine Posen, da kennst du ihn in Unterhosen.“ (lacht) Es ist ein bisschen wie eine lange Ehe, aber platonisch. Oder noch besser wie Brüderlein und Schwesterlein, ein eingeschworenes Geschwisterpaar.
Meyer: Und auch das gehört zu den Voraussetzungen einer langen Serie wie auch einer langen Ehe: Sie am Leben zu erhalten. Routine tötet die Neugier. Und wenn man dann anfängt, das Lebendige in Nebensächlichkeiten oder nichtigen Konfliktchen zu suchen, dann verliere ich zumindest das Interesse, sowohl als Schauspieler als auch als Zuschauer. Wir haben immer versucht, den Fall, das Gegenüber und die Situation als etwas Neues, nie Dagewesenes zu erleben, und das ist sehr erfüllend. Es zahlt sich auch aus, denn so entsteht Tiefe. Und die wiederum braucht Zeit, um zu reifen.
Es ging immer um abgeschlossene Fälle, aber auch um das Privatleben der Ermittler. Wie sehr konnten Sie Einfluss nehmen, wie sehr Ihre Rollen mitbestimmen?
Tabatabai: Man konnte etwa Einfluss nehmen, was das Frauenbild angeht. Und meine Rolle war ja ursprünglich für eine türkische Kommissarin geschrieben. Ein migrantischer Hintergrund war damals noch ein ziemliches Novum. Das wurde dann für mich auf iranisch umgeschrieben. Aus heutiger Sicht eine sehr gute Entscheidung.
Meyer: Jede Folge hatte ein Hammerthema. Dabei noch das Leben der Ermittler zu erzählen, war eine ziemliche Gratwanderung, da wurde viel experimentiert. Zwischen hochdramatischen Abenteuern und alltäglich-heiteren, leichten Geschichten war alles dabei. Manches hat besser funktioniert als anderes. Auch darüber haben wir einen steten Disput geführt. Und ja, wir haben viel Input gegeben, was das Privatleben unserer Figuren anging. Aber geschrieben haben es natürlich unsere wunderbaren Autoren.
Tabatabai: Wir waren auch berüchtigt, weil wir bei den Drehbüchern immer sehr kritisch waren. Aber es ging uns halt immer um die Sache. Wir wollten nicht, dass wir in Routine verfallen. Ich fühlte da auch immer eine starke Verantwortung vor dem Publikum. Die höchste Auszeichnung war zum Beispiel, dass meine sehr kritische Kinderärztin sagte: „Ihre Serie beleidigt meine Intelligenz nicht.“
Meyer: Es ging uns dabei nie darum, dass wir als Schauspieler auf eine gewisse Weise gesehen werden wollten. Es ging uns um den Inhalt, um das Menschenbild. Jasmin ging es besonders auch um das Frauenbild. Man nimmt da im Fernsehen viel hin, was längst anachronistisch ist und anders erzählt werden sollte.
Tabatabai: Bei all den derzeitigen Debatten um Diversität und Minderheitenrechte geht es immer um Augenhöhe und Gerechtigkeit. Und das haben wir von Anfang an mit einer großen Selbstverständlichkeit gelebt. Das war auch der Grund, warum ich Mainstream machen wollte: Ich hatte es einfach satt, dass man mir nach 20 Jahren immer noch gesagt hat: Sie sind zu speziell, Sie sind nicht mainstreamig genug. Ich glaube, die Zuschauer sind da viel weiter als mancher Entscheider. Und ich wollte genau solche Bilder erschaffen: dass ich mit meinem migrantischen Hintergrund auf Augenhöhe mit deutschen Kollegen ermitteln kann.
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In all den Jahren, 150 Folgen und zwei Specials - haben Sie da Ihre Stadt eigentlich noch mal neu kennengelernt? Bei all den Drehlocations, kennt man da jetzt jede Ecke?
Tabatabai: Ach, Berlin hat noch sehr viel mehr zu bieten. Aber ja, wir sind eine waschechte Berliner Serie. Die Stadt ist im besten Sinne divers. Man ist immer wieder erstaunt, wie viele Facetten sie hat. Und wenn wir mal wieder an einer alten Stelle gedreht haben, war man erstaunt, wie die Stadt sich schon wieder verändert hat. Das ist schön, das auch erzählen können.
Meyer: Und wir haben in der eigenen Stadt gedreht. Wir waren vor Ort und konnten mit der Familie leben. Das ist in unserem Beruf wirklich eine Gnade.
Tabatabai: Das bedeutet aber auch, dass du nie weggehen und dich ganz auf die Arbeit konzentrieren kannst. Sondern immer auch den Alltag mitjonglieren musst.
Es ist auch Wahnsinn, wer da in all den Jahren so alles mitgespielt hat. Gefühlt haben Sie mit der halben Filmbranche vor der Kamera gestanden.
Tabatabai: Und mit ganz vielen Jungen, die teilweise bei uns ihre ersten Erfahrungen gemacht haben. An guten Schauspielern mangelt es definitiv nicht in Deutschland.
Meyer: Das mag jetzt etwas angeberisch klingen, aber die wollten alle mitspielen. Und immer wieder sprechen Kollegen mich jetzt an, die enttäuscht sind, weil sie es nicht mehr geschafft haben, dabei zu sein.
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Die Serie wird, wie es beim ZDF etwas bürokratisch heißt, „aufgrund Modernisierung der Programmangebote für die jüngeren Zielgruppen“ eingestellt. Fühlt man sich da als altes Eisen abgeschoben?
Meyer: Nein. Das ist ein Missverständnis, das müssen wir an dieser Stelle richtig stellen. Es war nie so, dass diese Serie für ein älteres Publikum konzipiert war und jetzt für ein jüngeres weichen muss. Fakt ist, das ZDF braucht Geld, um seine Mediathek aufzubauen. Weshalb es Formate im linearen Programm einsparen muss. Dabei ging es nach streng formalen Kriterien vor: Keine Produktionsgesellschaft und keinen Produktionsstandort sollte gefährdet werden, was man dem ZDF sehr zugutehalten muss. Dem sind dann aber eben leider „Soko Hamburg“ und „Letzte Spur Berlin“ zum Opfer gefallen. Inhaltliche Gründe hatte das nicht. So hat man es uns jedenfalls begründet. Und die vielen jungen Fans, die uns schreiben, wären sicher auch überrascht, plötzlich als „alt“ zu gelten. (lacht)
Tabatabai: Dass das jetzt so verstanden wird, liegt an der verkürzten Darstellung, aber sicher auch an der etwas unglücklichen Formulierung. Das ist einfach missverständlich kommuniziert worden.
Die letzte Folge endet nicht, wie man das aus den meisten Serien kennt. War das Ihr erklärter Wunsch?
Meyer: Das ist nur folgerichtig. Es war nie ein klassischer Krimi, bei uns ging es nie um Tod und Mord, sondern um Menschen, die verschwinden. Radeks Leitspruch war immer: Nichts ist wie es scheint. Das gilt auch für das Ende einer Serie.
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Und wie war der Moment, als die letzte Klappe fiel?
Tabatabai: Das war sehr emotional. Alle vor und hinter der Kamera haben geweint.
Meyer: Die ganzen letzten Drehtage waren schon emotional. Das war natürlich anstrengend, aber eben auch sehr schön. Und erfüllend.
Tabatabai: So ein Abschied kann ja auch ganz anders verlaufen, dass man plötzlich alte Rechnungen auf den Tisch legt. Oder sich keine Mühe mehr gibt. Bei uns war das überhaupt nicht der Fall. Im Gegenteil. Man hat das noch mal über die ganze Staffel genossen, was man so über die Jahre geschaffen hat. Darauf bin ich auch stolz. Ich glaube, wir hinterlassen ein gutes Stück Fernsehgeschichte.
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Wäre es denkbar, die Serie irgendwann wieder aufzugreifen?
Meyer: Ich kann das für mich ganz klar bejahen. Wir hatten ein sehr versöhnliches Ende der Dreharbeiten und sind da in keiner Weise verbittert. Da ist eine Grundlage, auf der wir sofort weitermachen könnten. Die Substanz ist gesund.
Tabatabai: Und wir werden uns auf jeden Fall wiedersehen und auch wieder zusammen arbeiten.
Letzte Spur Berlin: Staffel 13, 12 Folgen. ZDF, 1. März bis 24. Mai, immer freitags, 21.15 Uhr.