Berlin. Johnny Depps neuer Film kommt bald in die deutschen Kinos. Im Interview enthüllt der Schauspieler, warum sein Leben nie normal war.
Johnny Depp machte in den vergangenen Jahren selten als Schauspieler von sich reden. Nach dem öffentlichen Gerichtsprozess zwischen ihm und seiner Ex-Frau Amber Heard schien es fast unwahrscheinlich, dass der 60-Jährige in nächster Zeit wieder mit einem Film ins Rampenlicht treten würde. Eine Netflix-Doku „Depp v. Heard“, die am 16. August startete, beleuchtet den Prozess, in dem Heard ihm häusliche Gewalt vorwarf. Zu Unrecht, wie das Gericht befand. Als Ludwig XV. in dem Historiendrama „Jeanne du Barry“ (ab 24. August in den deutschen Kinos) beweist Johnny Depp nun, dass man ihn als Schauspieler noch immer ernst nehmen sollte. Von Hollywood allerdings distanziert er sich deutlich.
Sie sind durch die diversen Gerichtsprozesse in Misskredit geraten, haben Rollen in Hollywood-Filmen verloren, aber mit dem Cannes-Eröffnungsfilm „Jeanne du Barry“ feiern Sie nun doch ein Comeback...
Johnny Depp: Das sehe ich nicht so. Wenn ich gestorben und von den Toten auferstanden wäre oder wenn ich mir das Rückgrat gebrochen hätte und dann nach vielen Jahren wieder als Tänzer auf der Bühne stehen würde, das wäre ein Comeback. Aber ich bin ja die ganze Zeit präsent geblieben.
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In jedem Fall erlebten Sie juristische Genugtuung, als Ihre Ex-Frau Amber Heard wegen Verleumdung zu einer millionenschweren Schadensersatzzahlung verurteilt wurde.
Depp: Entscheidend für mich war, dass ich endlich die Wahrheit sagen konnte. Vorher hat es keine Zeitung interessiert, dass die ganzen Dinge, deren man mich beschuldigt hat, nie passiert waren. Aber das ist jetzt alles ausgestanden.
Bei der Premiere des Films wurden Sie von den Fans ähnlich gefeiert wie der französische König Ludwig XV., den Sie darin darstellen. Wären Sie gerne ein so gekröntes Haupt wie er?
Depp: Na ja, dieser Mann konnte ja nie er selbst sein. Nur bei seiner Geliebten durfte er seine Emotionen zeigen. Denn er wurde ja permanent beobachtet. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie das ist. Ich will mich nicht beschweren, denn ich darf mich insgesamt sehr glücklich schätzen, aber diese Art Leben ist eben nicht normal.
Wenn ich Städte besucht habe, dann konnte ich teilweise nur spätnachts herumlaufen, weil es sonst einen Menschenauflauf gegeben hätte. Wenn ich im Restaurant war, dann musste ich mich daran gewöhnen, dass ich ständig angestarrt wurde.
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Gehört das nicht bei einem Superstar dazu?
Depp: Natürlich. Es ist Nebenprodukt des Jobs. Deshalb habe ich es im Großen und Ganzen geschafft, damit klarzukommen. Aber ich habe die Anonymität trotzdem vermisst. Und es war natürlich schwierig für meine Kinder. Denn wenn ich mit ihnen mal was unternehmen wollte, wurden wir eben wie Freaks behandelt. Zum Glück haben sie alle keinen Schaden genommen.
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Freaks und Exzentriker finden sich ja häufig unter Ihren Filmrollen...
Depp: Ich glaube, das kann man so sagen. Die meisten meiner Charaktere bewegen sich außerhalb der Norm.
Woran liegt das?
Depp: Wahrscheinlich, weil ich nicht normal aufgewachsen bin. Mit meiner Familie bin ich ständig umgezogen, nicht nur von Stadt zu Stadt, sondern auch von Bundesstaat zu Bundesstaat, und das hat mich entsprechend konditioniert. In der Schule habe ich nicht zu den anderen Kids gepasst. Ich war vielleicht kein Außenseiter, aber eben kein Insider.
Ich konnte nicht verstehen, weshalb die irgendwelche Beliebtheitswettbewerbe gewinnen wollten. Aus meiner Sicht war das völlig absurd. Ich mag es, wenn Menschen ganz individuell bleiben und einfach nur ihr Ding machen. Und zwar ohne Ego. Ab einem bestimmten Punkt im Leben solltest du das einfach ablegen.
Inzwischen sind aber im Zuge der skandalträchtigen Prozesse die Rollen rarer geworden. Inwieweit stört Sie das?
Depp: Ich habe immer noch genug zu tun. Ich kann ja weiterhin Projekte machen, die mich interessieren, einen Film über Modigliani zum Beispiel. Hollywood dreht sowieso immer die gleichen 0815-Filme, weil die Bosse dieselben Erfolgsformeln bis zum Gehtnichtmehr wiederholen. Abgesehen davon gab es in der Vergangenheit Zeiten, wo mein Auftragsbuch so voll war, dass ich kaum noch Zeit zur Erholung hatte. Entspannung muss auch sein.
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„Jeanne du Barry“ ist ja ein französischer Film, in dem Sie auch Französisch sprechen. Sie scheinen ohnehin eine Schwäche für Europa zu haben.
Depp: Klar, ich habe hier viel gelebt. London zum Beispiel fühlt sich total heimisch für mich an. Ich liebe es historische Stätten zu besuchen, denn ich bin sowieso ein Geschichtsfanatiker. Ich habe deshalb auch den Dreh zu „Jeanne du Barry“ in Versailles genossen. Wenn du da die Gänge hinunterwanderst und dann ums Eck biegst und auf die ganzen Statisten in ihren Kostümen triffst, dann bist du wie auf einer Zeitreise. In solchen Momenten war ich erst wie vom Schlag gerührt, aber dann habe ich mich gleich wie Zuhause gefühlt.
Nachdem es in Ihrem Leben in den letzten Jahren so viele Umbrüche gab: Wie sehen Sie Ihre Zukunft?
Depp: Ich hoffe einfach, ich komme glatt vorwärts – ohne spektakuläre Höhepunkte und ohne heftige Tiefschläge. Eigentlich habe ich nur das Ziel, dass es meinen Kindern gut geht und sie glücklich sind. Als Vater kannst du dir nicht mehr wünschen.