Neheim. In Neheims Stadtbücherei sollen Kinder und Jugendliche über die Judenverfolgung in der Nazizeit aufgeklärt werden. Mitdenken erwünscht.

Es ist das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte: die Verfolgung und Ermordung von Juden in ganz Europa durch die Nationalsozialisten. Der Holocaust fand auch im Sauerland statt. Die Nazis unter der Führung von Adolf Hitler konnten die Verbrechen nur im großen Stil verüben, weil eine Mehrheit der deutschen Bevölkerung wegschaute oder aktiv mithalf, als jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger verhaftet, deportiert, eingesperrt und umgebracht wurden.

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Am Samstag, 27. Januar, wird in der Neheimer Stadtbibliothek zum Holocaust eine Ausstellung mit dem Titel „Einige waren Nachbarn“ eröffnet. Bis zum 22. März können sich Interessierte über Themen wie Täterschaft, Mitläufertum und Widerstand informieren. Die Ausstellung selbst ist vom United States Holocaust Memorial Museum als Wanderausstellung konzipiert worden. Das Bildungsbüro der Stadt Arnsberg hatte sich darum beworben, dass die Ausstellung nach Arnsberg kommt. Umso glücklicher waren alle Beteiligten, als man die Zusage erhielt.

Fokus auf kritischem Denken

Sylvia Hölter vom Bildungsbüro der Stadt Arnsberg erklärt: „Die Bewerbung hatte einen Ausgangspunkt. Vor eineinhalb Jahren hatten wir unsere dritte Bildungsstudie für Arnsberg veröffentlicht, die uns mit dem Untersuchungsthema ‚Lehren und Lernen in einer von Digitalisierung geprägten Welt’ darauf verwies, den Fokus stärker auf das kritische Denken als eine der notwendigen Kompetenzen für das 21. Jahrhundert zu setzen. Wir hatten mit der Studie u.a. die Wahrnehmung von Chancen und Gefahren von Digitalisierung im Alltag und für die Demokratie in den Schulen untersucht. Der daraus abgeleitete bildungs- und gesellschaftspolitische Auftrag lautet: ‚Wie können wir gemeinsam mit Kooperationspartnern Kinder und Jugendliche stark – mündig, demokratisch und kritisch denkend - machen?‘“ Daraus sei die Bewerbung für die Ausstellung abgeleitet worden.

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Ziel dieser Ausstellung sei es, Besucherinnen und Besuchernund insbesondere Kinder und Jugendliche durch Beispiele aus der Zeit des Nationalsozialismus für Gefahren der Gegenwart zu sensibilisieren. „Bei den geführten Rundgängen arbeiten wir mit lokalen zivilgesellschaftlichen Organisationen, dem Heimatbund Neheim-Hüsten, engagierten Bürgern und ehemaligen Pädagogen zusammen“, sagt Hölter.

Esther von Kuczkowski leitet das Dezernat für Bildung, Kultur und Sport der Stadt Arnsberg.
Esther von Kuczkowski leitet das Dezernat für Bildung, Kultur und Sport der Stadt Arnsberg. © WP Ted Jones | Ted Jones

Als Starttermin der Ausstellung hat man ganz bewusst den 27. Januar ausgesucht. An diesem Tag wird in Deutschland der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. „Seit einem Jahr bereiten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bildungsbüros und der Stadtbibliothek und die ehrenamtlichen Rundgangsleitungen die pädagogischen Angebote und Führungen vor. Die Stadtbibliothek als ein außerschulischer Lernort eignet sich hervorragend, diese Ausstellung allen zugänglich zu machen. Kritisches Denken verlangt Wissen. Wissen, kritisches Denken und Beurteilungskompetenz sind Voraussetzung für den persönlichen Beitrag zu einer wehrhaften Demokratie. Das derzeitige politische Geschehen im Kleinen wie im weltweiten Kontext verlangt genau diese Fähigkeiten, ergänzt um Kreativität für mögliche Problemlösungen und für hoffnungsvolle demokratische Zukunftsperspektiven für alle“, berichtet Esther von Kuczkowski, Leiterin des Dezernats Bildung, Kultur und Sport der Stadt Arnsberg.

Öffentliche und private Führungen

In der Zeit vom 27. Januar bis 22. März 2024 kann die Ausstellung zu den Öffnungszeiten der Stadtbibliothek in Neheim besucht werden. Schulklassen ab Klasse 9 und Jugendgruppen haben die Möglichkeit, geführte Rundgänge durch die Ausstellung (Dauer 90 Minuten) oder geführte Rundgänge zu historischen Orten in Arnsberg, Neheim oder Hüsten (Dauer 90 Minuten) zu buchen.

Öffentliche Führungen werden am 1. Februar, 22. Februar und 7. März 2024 jeweils um 16.30 Uhr angeboten. Eine Anmeldung hierzu ist nicht erforderlich. Weitere Informationen veröffentlicht die Stadtbibliothek Arnsberg auch auf ihrer öffentlichen Facebook-Seite: www.facebook.com/stadtbibliothek.arnsberg

In der Ausstellung wird thematisiert, warum so viele die Nationalsozialisten damals unterstützt haben, und warum umgekehrt so wenige Menschen den Juden halfen. Schlagworte wie Antisemitismus, Vorurteile, Vorteilsnahme und Gleichgültigkeit stehen im Fokus. Die geführten Rundgänge durch die Ausstellung dauern rund 90 Minuten und sind für Schulklassen ab der 9. Klasse und Jugendgruppen konzipiert. Alle Teilnehmer erfahren anhand von Filmaufnahmen und an einzelnen Stationen mehr zu den Hintergründen des Holocaust. Außerdem werden Führungen in Begleitung von Mitgliedern des Heimatbunds zu ausgewählten historischen Orten in Arnsberg, Neheim und Hüsten für Gruppen angeboten.

„Das Ausstellungsprojekt der Stadt Arnsberg unterstützt der Heimatbund Neheim-Hüsten mit Führungen für Schüler. Das Angebot mit lokalem Bezug mitgestalten zu können, bestätigt uns in unserer Arbeit als örtlicher Heimatverein“, erklärt Alicia Sommer, erste Vorsitzende des Heimatbundes Neheim-Hüsten.

Arnsbergs Bürgermeister Ralf Paul Bittner setzt sich für eine Stärkung der Demokratie in der Gesellschaft ein.
Arnsbergs Bürgermeister Ralf Paul Bittner setzt sich für eine Stärkung der Demokratie in der Gesellschaft ein. © Arnsberg | Stadt Arnsberg

„In Zeiten wie diesen, in denen die Demokratie – dem höchsten Gut unserer Freiheit – von verfassungsfeindlichen Kräften angegriffen wird, ist es wichtiger denn je, Stellung zu beziehen. Um die Entwicklungen der Gegenwart zu begreifen, ist es notwendig, ein Verständnis für unsere deutsche Geschichte zu entwickeln. Und so den Blick auf unsere Handlungsmöglichkeiten zu öffnen. Die Geschehnisse unserer Zeit erfordern, dass wir den Konflikten mit einer Haltung begegnen, die für eine differenzierte sachliche Argumentation eintritt. Die Ausstellung kann einen wichtigen Beitrag dazu leisten, diese Haltung zu entwickeln und zu stärken“, glaubt Arnsbergs Bürgermeister Ralf Paul Bittner.