Neheim. Lebenstraum erfüllt: Der in Arnsberg großgewordene Dr. Michael Al-Ani führt die Hautarzt-Praxis von Dr. Beate Pilz in Neheim weiter.
„Es war eine lange Reise bis hierhin“, sagt Dr. Michael Al-Ani, „eine eigene Praxis war immer mein Wunsch.“ Seit Beginn des Jahres führt der 42-jährige Mediziner die Hautarzt-Praxis von Dr. Beate Pilz in Neheim weiter. Für die Praxis, ihre Patienten und das Personal ist das ein geschmeidiger Übergang, denn weiter geht es mit getauschten Rollen. Schon seit Juni 2022 war der auf dem Mühlenberg groß gewordene Al-Ani in der Praxis als angestellter Facharzt tätig. Jetzt ist Dr. Beate Pilz mit reduzierter Stundenzahl noch unterstützend im Team tätig.
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Nichts kam überstürzt. Schon vor einem knappen Jahr kam das Angebot der ehemaligen Chefin für eine Praxisübernahme. Die Verträge wurden geschlossen und alles Bürokratische rund um die Zulassung geregelt. „Das Team habe ich komplett übernommen“, sagt der Arzt „das ist wirklich gutes Personal.“ Alles in allem sind es nun 15 Mitarbeitende - darunter neun Medizinische Fachangestellte (1 Auszubildende) und zwei Kosmetikerinnen. Darin verspürt Al-Ani nun eine große Verantwortung. „Ich will ja auch ein guter Chef sein“, sagt er.
Der Hautarzt kommt aus einer Ärzte-Familie. Vater Akram Al-Ani - er ist heute 79 Jahre alt - kam vor 45 Jahren mit seiner Frau aus Syrien nach Deutschland und war lange Urologe an der Karoline, ehe er sich niederließ. Auch seine Brüder wurden Ärzte und praktizieren als Augenarzt in Werne beziehungsweise Hals-Nasen-Ohren-Arzt in Bad Emst.
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Der Weg des kleinen Michael schien vorbestimmt. Nach dem Besuch der Röhrschule in Hüsten und dem Abitur 2002 am damaligen Graf-Gottfried-Gymnasium in Hüsten ging er in der Slowakei in Bratislava ins Studium. „Während des Studiums hatte ich dann viele Stationen im Ausland“, erzählt er von Dubai und Budapest. Seinen Abschluss aber machte er in der Slowakei im Jahr 2012. Ihm war klar, „irgendwann wieder in die Heimat zu gehen, weil hier in Deutschland die Facharztausbildung wirklich gut ist“. Über Tätigkeiten in Hamburg und Sylt „machte“ er seinen Facharzt und lernte auch dermatochirurgische Eingriffe. 2020 ging es dann nach Hamm und Ahlen, ehe er in Neheim in der Praxis von Beate Pilz begann.
Mit der Übernahme der Praxis stehen weitere Veränderungen ins Haus. „Wir werden uns vergrößern“, kündigt Michael Al-Ani an. Er wird in absehbarer Zeit („ich hoffe im Januar 2025“) in das derzeit im Bau befindliche neue Neheimer Gesundheitszentrum „NeZ“ am Schindellehm ziehen. Aus den jetzigen 290 Quadratmetern (inklusive 60qm Kosmetikbereich) werden dann insgesamt 611 Quadratmeter. „Und das wollen wir auch mit Leben füllen“, sagt er. Perspektivisch sollen zwei bis drei Ärzte angestellt werden. Dr. Al-Ani will auch Fach- und Assistenzärzte ausbilden.
Sein Wunsch als Arzt in eigener Praxis ist „eine gute Medizin auf Augenhöhe“ mit den Patienten. Sehr wohl weiß er aber auch, dass die Versorgungslage mit Fachärzten auf dem Land nicht einfach ist und langfristig eher schlechter werden dürfte. „Ich sehe die heutige Versorgung durch strukturelle Probleme gefährdert“, sagt er. Dr. Hans-Heiner Decker, Bezirkssprecher der Kassenärztlichen Vereinigung, sieht das differenzierter. Probleme bei Praxisübergaben gebe es vor allem im Bereich Psychiatrie und Kinderheilkunde sowie spezielleren und selteneren Fachrichttungen, weil hier der Nachwuchs fehle. Andere Fachrichtungen wie Orthopädie hätten es da einfacher.
Der Hautarzt aber macht keinen Hehl daraus, dass auch seine Praxis „überlaufen“ sei. „Trotzdem muss es unser Anspruch sein, das Beste für Patienten rauszuschlagen“, sagt Al-Ani. Wartezeiten auf Termine sind realistisch mit rund drei Monaten zu benennen. Für die dermatologischen Notfälle wie Gürtelrose, aktute Hautinfektionen mit Fieber, starke Allergien, extreme Muttermalen und sich radikal schnell verändernden Muttermalen bietet aber auch seine Praxis offene Sprechstunden an.
Verantwortung für Personal und Familie
In neuer Rolle sieht sich Al-Ani vor neuen Herausforderungen. Neben der Personalverantwortung sei das der „unfassbar viel nötige Papierkram für so ziemlich alles, was man tut“. Natürlich beschäftigt ihn auch der wirtschaftliche Aspekt und das finanzielle Risiko. „Ich trage ja auch Verantwortung für meine ganze Familie“, sagt er. Und die ist nicht klein. Der jetzt noch mit seiner Frau in Werl lebende Dr. Al-Ani hat drei Kinder im Alter von 5, 3 und eineinhalb Jahren.
Hautkrebs-Screening und Therapien
Bestimmendes Thema in seiner Arbeit ist das Hautkrebs-Screening und auch die Therapien. „Wir sehen heute mehr“, sagt er, „wir können aber auch die Vorstufen des Hautkrebses besser therapieren.“ Auch sei die Aufklärung der Patienten in diesem Bereich besser als noch vor 15 Jahren. Ambulante Operationen von bösartigen Muttermalen nimmt Michael Al-Ani vor. Allergieerkrankungen würden ebenfalls weiter aus vielschichtigen Gründen auffällig verbreitet sein - ebenso wie die Schuppenflechte und Neurodermitis. „Hier gibt es inzwischen aber systemische Therapien, wenn Cortison nicht hilft“, sagt der Dermatologe.
Und was hilft ihm selbst, wenn er Ausgleich zum Beruf braucht? „Ich habe mich jetzt wieder im Fitnessstudio angemeldet“, sagt er. Vor Arbeitsbeginn Schwimmen gehen will er wieder zur Routinie machen. Und natürlich die Familie. „Die geht am Wochenende vor“, sagt der Arzt.