Sundern. Die Stadt droht, in die Haushaltssicherung abzurutschen. Welches Geld überhaupt noch für Vereine und Infrastruktur übrig ist
Man kann es schon als Kraftakt bezeichnen, was Sunderns Kämmerer Michael Stratmann und sein Team aus der Kämmerei da hingelegt haben. Erst wenige Stunden vor der ersten Ratssitzung des Jahres war der Haushaltsentwurf fertig geworden. „Alles ist quasi mit der heißen Nadel gestrickt“, gibt Stratmann vor Sunderns Politikerinnen und Politikern zu. Bürgermeister Klaus-Rainer Willeke sagt gar, dass die Leistung „an ein Wunder grenze“ und dankt allen Beteiligten für ihren Einsatz.
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Schuld an diesem Parforceritt durch Zahlen und Tabellen hatte der Cyberangriff im letzten Jahr, dessen Auswirkungen die Kommunen im HSK immer noch spüren. „Uns fehlt immer noch ein wichtiges Programm. Deshalb mussten wir alles in Excel-Tabellen auflisten und den Haushalt damit erstellen. Dadurch können Fehler entstehen. Ich hoffe nur, dass es möglichst wenig sind“, gestand Stratmann in der Ratssitzung am Dienstagabend.
8,5 Millionen Euro Defizit
Offenheit und Transparenz beherzigt Sunderns Kämmerer vom ersten Tag seiner Arbeit im Rathaus. Stratmann spricht Defizite und mögliche Schwierigkeiten direkt an, ohne sich hinter Verklausulierungen und Allgemeinplätzen zu verstecken. „Die Zahlen sind erschreckend. Einnahmen sinken, Ausgaben steigen!“ Konkret heißt es in dem Entwurf, dass im Haushalt für dieses Jahr 8,5 Millionen Euro fehlen. Dies führe, so Stratmann, zur Verringerung des Eigenkapitals.
Um die Liquidität in der Stadtkasse zu sichern, muss die Kommune auf Kredite zurückgreifen. Diese wiederum führen durch die steigenden Zinsen mittel- und langfristig zu einer zusätzlichen finanziellen Belastung für die Stadt Sundern. Stratmann wagte am Dienstagabend eine Hochrechnung der Haushalte bis hinein in das Jahr 2027. In jedem der folgenden Jahre rechnet man in Sundern mit großen Verlusten zwischen sieben und neun Millionen Euro pro Jahr.
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Bürgermeister Willeke sah sich veranlasst, im Rahmen der Ratssitzung eine kleine Haushaltsrede zu halten, um den status quo der Stadt noch einmal aufzuzeigen. „Die beispiellose Anhäufung von Belastungen und die Kumulation von Herausforderungen für sämtliche Kommunen in Deutschland gefährdet den Fortbestand der kommunalen Selbstverwaltung“, mahnte Willeke. Hier seien Bund und Land gefordert zu helfen.
Sofern es zu keinen strukturellen Verbesserungen kommen würde, sei es absehbar, dass das Eigenkapital in den nächsten Jahren vollständig aufgezehrt wird. Als Kommune müsse man aus rechtlicher Vorgabe Daseinsfürsorge betreiben. „Unsere Aufgaben umfassen Bereiche wie Kinderbetreuung, Bildungseinrichtungen, Sicherheit und Ordnung, aber auch Straßen, Sportanlagen und vieles mehr. Wir können die Daseinsfürsorge nicht herunterfahren und hierdurch Kosten einsparen. Trotzdem müssen wir jetzt mit Augenmaß und Weitsicht entscheiden, was möglich ist. Die Grenzen sind erreicht, wir haben keine Spielräume mehr!“, sagte der Bürgermeister mit eindringlichen Worten.
Trotz allem wolle man wichtige Investitionen in die städtische Infrastruktur vorantreiben, um einen weiteren Substanzverlust zu verhindern, so Willeke. Nun liege es an der Politik, über den Haushaltsentwurf zu entscheiden.
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Kämmerer Michael Stratmann wiederum machte deutlich, dass man bei den sogenannten freiwilligen Leistungen einsparen müsse. Das bedeute den Wegfall möglicher Unterstützungen für Vereine und bürgerschaftliche Projekte. „Ich möchte aber nicht das Schwimmbad schließen, so wie das bereits in anderen Kommunen im HSK diskutiert wurde.“ Zugleich wolle er es aber tunlichst vermeiden, dass man in die Haushaltssicherung abrutsche. „Dann bekommen wir von der Kommunalaufsicht aus Meschede Handschellen angelegt und sind nicht mehr frei in der Gestaltung.“
Stadt Sundern erhält Förderung
Unter mehr als 100 Bewerbungen hat sich die Stadt Sundern mit weiteren 27 Bewerbern in der neuen Förderrunde „Dritte Orte“ des Landes Nordrhein-Westfalen durchgesetzt. Das Ministerium für Kultur und Wissenschaft fördert damit die Konzeptentwicklung und -umsetzung für Orte des Zusammentreffens und der Begegnung mit Kunst und Kultur im ländlichen Raum.
Die Stadt Sundern hat sich mit der Konzeptidee des Forums für Kultur und Begegnung im Stadtzentrum beworben, um künftig einen multifunktionalen Treffpunkt in der Innenstadt für alle Bürgerinnen und Bürger der Gesamtstadt zu schaffen, an dem Austausch, Kunst und Kultur zusammenkommen.
Was bedeutet die Förderzusage? Die Stadt Sundern kann am Programm „Dritte Orte“ in vielfacher Hinsicht partizipieren, um die Idee des Forums für Kultur und Begegnung weiter reifen zu lassen. Teil des Programmes ist es, an einer Konzeptphase teilzunehmen. Dafür stehen pro Projekt bis zu 50.000 Euro zur Verfügung. Alle 28 Projekte werden vom Ministerium sowohl finanziell als auch programmatisch unterstützt. Es wird ein Programmbüro zur Seite gestellt, das mit entsprechendem Know-how mit Beratung und Qualifizierungsangeboten unterstützt. Eine Vernetzung der einzelnen Projekt-Akteure untereinander ist ebenfalls angedacht. Ziel ist es, ein ausgereiftes Konzept für eine Anschlussförderung zu erstellen, in der dann jedes Projekt mit bis zu 450.000 Euro unterstützt wird.
Stratmann betonte in der Ratssitzung, dass die Erstellung des Haushaltsentwurfs immer vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte um die zu erwartenden Änderungen des Haushaltsrechts durch das sogenannte 3. NKF-Weiterentwicklungsgesetz zu betrachten sei. Das Land plant eine weitreichende Reform des Haushaltsrechts. Kommunen müssten Fehlbeträge dann künftig am Jahresende nicht mehr komplett ausgleichen, sondern könnten diese auf drei Jahre vortragen. Ende Februar könnte das Gesetz im Landtag verabschiedet werden. Das Gesetz sieht eine Rückwirkung zum 31. Dezember 2023 vor, weshalb der Haushaltsentwurf in Sundern bereits auf Basis dieser geänderten Gemeindeordnung konzipiert wurde.
In den kommenden Wochen beraten die Fraktionen. Weitere Haushaltsberatungen erfolgen in den jeweiligen Ausschüssen bis Mitte März. Die Beschlussfassung über den Haushalt 2024 ist in der Ratssitzung am 20. März vorgesehen.