Arnsberg. SUG-Lehrer Fabian Timpe greift im Unterricht gerne auch lokale Bezüge bei der Aufarbeitung der NS-Zeit auf.

Der 30. Januar 1933 ist ein wichtiges Datum der Weltgeschichte. Vor exakt 90 Jahren wurde Adolf Hitler vom damaligen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg zum Reichskanzler ernannt. Das Ende der Weimarer Republik war eingeläutet. Es folgte der Aufstieg der Nazis und der Aufbau der NS-Diktatur in Deutschland, was dann final in den Zweiten Weltkrieg mündete, der rund 70 Millionen Opfer forderte – darunter ca. sechs Millionen Juden. In den Schulen wird daran gearbeitet, dass Ursachen, Hintergründe und die schrecklichen Folgen nicht in Vergessenheit geraten. Einer der vielen engagierten Geschichtslehrenden ist Fabian Timpe vom St. Ursula-Gymnasium in Neheim.

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Noch immer wird in Texten über den 30. Januar 1933 von der Machtergreifung der Nationalsozialisten unter Führung Hitlers gesprochen. Doch das Wort Machtergreifung sei nicht korrekt, wie Fabian Timpe betont: „Dieser Begriff wurde von Joseph Goebbels, dem Reichspropagandaminister, geprägt und verwendet. Letztlich ist es aber korrekter, von Machterschleichung oder Machtübernahme zu sprechen“

Im Lehrplan ist das Thema sowohl in der Sekundarstufe 1, also am Gymnasium in den Klassen 5 bis 10, als auch in der Oberstufe vorgesehen. In der Oberstufe ist es aber mit „Aushöhlung des Rechtsstaats“ so formuliert, dass Pädagogen etwas freier ihren Unterricht danach gestalten können. „Natürlich ist man als Lehrer ein Stück weit auf gewisse Jahreszahlen angewiesen, aber da ist der 30. Januar 1933 nur eines von mehreren wichtigen Daten, die mit der Aushöhlung des Rechtsstaats zusammenhängen“, merkt Timpe an.

Der Lehrer versuche es deshalb bewusst in einen größeren Zusammenhang zu bringen. „Man muss sich zum Beispiel anschauen, warum die Nationalsozialisten überhaupt an die Macht kommen konnten. Da spielt die Weltwirtschaftskrise 1929 eine Rolle, aus der dann in Deutschland eine Staatskrise entstand. Auch die Auswirkungen des Versailler Vertrags spielen da mit rein. Durch ständige Regierungswechsel gab es keine Stabilität. Das wurde von den Nazis ausgenutzt.“

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Nach der Machtübernahme kommt es dann zu systematischen Aushöhlung der Weimarer Verfassung und zur Gleichschaltung. „Der Reichstagsbrand ermöglichte es den Nationalsozialisten die Grundrechte außer Kraft zu setzen, so dass man unliebsame Gegner verhaften und in Konzentrationslager einsperren konnte.“ Ein weiterer wichtiger Baustein sei das Ermächtigungsgesetz aus dem März 1933 gewesen, bei dem das Parlament der Regierung Hitlers außergewöhnliche Vollmachten übertrug. Damit ging de facto die gesetzgebende Gewalt vollständig auf ihn über. Die Gewaltenteilung wurde abgeschafft, Presse- und Versammlungsfreiheit eingeschränkt, Parteien und Gewerkschaften wurden verboten. Stufenweise gelang den Nazis die Machtkonsolidierung. Mit dem Tod Hindenburgs im August 1934 endete die Weimarer Republik, da Adolf Hitler nun die Ämter des Reichskanzlers und Reichspräsidenten vereinte. „Die Gleichschaltung war vollzogen. Letztlich reichten den Nazis eineinhalb Jahre zur Umorganisation“, sagt Fabian Timpe.

Der SUG-Lehrer versucht nach Möglichkeit, im Unterricht immer wieder lokale Bezüge herzustellen, dort wo es möglich ist. Die Lernenden sollen befähigt werden, sich nicht nur mit den Taten bekannter Personen wie den Geschwistern Scholl oder Graf von Stauffenberg zu identifizieren, sondern auch in lokalen Persönlichkeiten einen Vorbildcharakter zu erkennen. „Ich erwähne dann beispielsweise, dass auf dem Glockenturm in Arnsberg das Hakenkreuz befestigt war und der damalige Propst Joseph Böhmer dagegen protestierte. Er hat auch SA-Leuten verboten, uniformiert an Gottesdiensten teilzunehmen – sein offener Widerstand in vielfältiger Form führte dazu, dass er verhaftet wurde und im Gefängnis landete“, erklärt Fabian Timpe. Aber natürlich sei es im Lehrplan auch immer ein Zeitproblem. Man müsse als Lehrer mit dem Unterrichtsstoff vorankommen und genau abwägen, welche lokale Bezüge eingebettet werden könne.

Eine große Herausforderung sei zweifelsohne der Umgang mit Quellen. Fabian Timpe setzt gerne bewegte Bilder und Tondokumente ein, um den Schülerinnen und Schülern die Sachverhalte zu präsentieren. Viele Infos suchen sich die Kinder und Jugendlichen aber auch selbst im Internet raus. „Beim Thema Nationalsozialismus ist bei den meisten ein natürliches Interesse vorhanden. Da muss man kaum jemanden motivieren, sich zu informieren“, so Timpe. Es sei aber natürlich wichtig, die Schülerinnen und Schüler darauf vorzubereiten, wie Quellenkritik funktioniert und ihren Blick zu schärfen für das kritische Hinterfragen. „Sind die Inhalte in diesem Youtube-Channel korrekt, wer steckt dahinter und was für Absichten könnte derjenigen mit seinen Videos verfolgen?“