Elpe. . Hans-Joachim Bexkens ist Notfallseelsorger. Nach dem Flugzeugabsturz in Elpe betreut er die Betroffenen. Auch diejenigen, die nur mittelbar über Videos und Bilder in sozialen Netzwerken mit dem Unglück in Berührung kamen. 80 Prozent der Arbeit von Bexkens besteht aus Schweigen.

Mit wackeliger Hand wird die Kamera gehalten: Die Sirene dröhnt, Rauch liegt über dem Hang. Dann beginnt der Gang des Grauens: Ab durch die Wiese, vorbei an den noch brennenden Wrackteilen hin zur Straße, auf der zahlreiche Trümmer und nicht erkennbare Überreste liegen.

Die Aufnahme ist offenbar unmittelbar nach dem Flugzeugabsturz entstanden. Solche Videos und auch die unzähligen Bilder, die per WhatsApp durch das Sauerland und darüber hinaus verschickt wurden, machen die Arbeit von Hans-Joachim Bexkens aus Elkeringhausen zurzeit noch schwerer. Der Polizei- und Notfallseelsorger leitet auch die Psychosoziale-Unterstützung (PSU) des Kreisfeuerwehrverbandes und war seit dem Unglück in Elpe am Montag im Einsatz.

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In all den Jahren hat er schon viel gesehen, doch die Videos bereiten ihm große Sorge. „Ich kann nicht verstehen, dass Menschen einfach in solche Gefahrenstellen laufen ohne zu wissen, was sie sich damit antun“, sagt Bexkens. Er mag sich gar nicht ausmalen, was hätte alles passieren können, wenn es ein anderes Flugzeug mit anderer, explosiver Ladung gewesen wäre.

Vor allem Dankbarkeit

Doch auch so haben die Bilder und Videos eine gewaltige Kraft auf die, die sie gemacht haben, und vor allem auf die, die sie ansehen. „Vielen Jugendlichen wurden die Fotos ungefragt geschickt - sie kommen damit nicht klar. Denen müssen wir jetzt helfen“, erzählt Bexkens. Besonders betroffen sind mehrere Mitglieder einer Jugendfeuerwehr - außerhalb von Elpe.

Aber auch die Bürger von Elpe werden betreut: Jeder gehe ganz unterschiedlich mit dem Erlebten um. „Manche sind erleichtert, dass es am Dorf vorbeigegangen ist. Andere sind in sich versunken und kommen mit der Situation nicht zurecht und wieder andere meinen: Das geht mich gar nichts an.“

Noch am Montag haben die Mitglieder der PSU den Elpern Hilfe angeboten. „Da herrschte vor allem Dankbarkeit“, so Bexkens. Annehmen wollte das Angebot da noch kaum jemand. Mittlerweile werden mehrere Elper Familien betreut.

Allen, die das Erlebte mit sich selbst ausmachen wollen, rät Bexkens: „Reden Sie darüber - mit einen Freund oder dem Partner. Alles in sich hineinzufressen, das macht nur krank.“

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Gespräche seien „eine große Hilfe für den Geist und für die Seele“. Das haben viele Elper in den vergangenen Tagen auf der Straße mit den Nachbarn, im Freundeskreis und in der Familie bereits automatisch getan.

Mit fünf Kollegen im Einsatz

Der Notfallseelsorger selbst spricht hingegen wenig bei seiner Arbeit: „80 Prozent meiner Arbeit besteht aus Schweigen.“ So entsteht Platz für die Gefühle der Betroffenen - ob nun laut ausgesprochen oder schweigend erlebt. Auch die Helfer an der Unglücksstelle werden unterstützt: Mit fünf Kollegen war Bexkens am Montag in Elpe aktiv.

Während des Einsatzes haben sie darauf geachtet, welche Feuerwehrleute an die Grenzen stoßen und abgelöst werden müssen. Nach dem Einsatz gab es eine Gesprächsrunde. Dabei wurden die Feuerwehrleute auch auf eventuelle Probleme wie Schlaflosigkeit vorbereitet. „Länger als 72 Stunden dürfen die Symptome nicht andauern.“ Kommt es zu so gravierenden Probleme, hat Bexkens Kontakte zu Profis zum Beispiel beim LWL.

Mit seiner Erfahrung kann er den Elpern Mut machen: „Nach solchen Ereignissen haben es alle geschafft. Vor allem, wenn es so einen großen Zusammenhalt im Ort gibt.“