Sauerland. Nach dem Absturz eines Learjets ist im Sauerland eine Debatte über das Risiko von Manövern und Tiefflügen entbrannt. Doch Bundestagsabgeordnete wie Patrick Sensburg und Wolfgang Hellmich halten die Übungen für notwendig - auch über heimischem Gebiet.
Diesmal war die Politik nicht weitab in Berlin, sondern ganz nah. Das Flugzeugunglück in Elpe hat der CDU-Bundestagsabgeordnete Patrick Sensburg quasi vor Ort miterlebt. Denn am Montag, als der Learjet bei einem Luftwaffenmanöver verunglückte, war er in Brilon bei der Schnad.
Die Katastrophe bewegt ihn. „Das ist erschreckend“, sagt er. Er denke vor allem an die Hinterbliebenen der beiden verunglückten Piloten, Frauen, vielleicht auch Kinder, überlegt er. Sie müssten nun Unterstützung bekommen.
Alltägliche Gefahr
Doch so berührt er sich zeigt – er bleibt auch „hart“. Unnachgiebig gegenüber schnellen Forderungen nach einem Verbot von Kampfflugzeugen über dem Sauerland. „Wir sollten deshalb weder solche Manöver noch Tiefflüge oder Tiefflugkorridore in Frage stellen“, sagt er.
Sieben Tiefflugzonen gibt es über Deutschland. Nummer 3 reicht von Finnentrop über Meschede, Bestwig, Olsberg nach Willingen. Nach wie vor führe die Bundeswehr regelmäßig Tiefflüge in einer Höhe von unter 600 Metern durch, bestätigt Luftwaffen-Sprecher André Hesse. Wie viele pro Jahr über dem Sauerland, kann er nicht beziffern.
Das Unglück hat das Risiko der Kampfflugzeuge in der Bevölkerung wieder bewusst gemacht. Dennoch seien solche Übungen wie über Olsberg notwendig. Es gehe darum, die Bürger vor einer fast alltäglichen Gefahr zu schützen. Davor, dass ein Pilot nicht mehr handlungsfähig ist, die Kontrolle verloren hat, das Funkgerät ausgefallen ist, erklärt Sensburg, dessen Vater Sportflieger war. In solchen Fällen müsse die Luftwaffe gleichsam als Polizei in der Luft handeln, einen Jet auf dem nächsten Flughafen sicher hinunterbringen, so Sensburg. Hätten die Luftwaffen-Piloten darin keine Routine, gerieten andere Piloten und auch die Bevölkerung erst recht in Gefahr.
Mit dieser Meinung befindet er sich in einer Großen Koalition mit Wolfgang Hellmich, SPD-Bundestagsabgeordneter aus dem Kreis Soest und Mitglied im Verteidigungsausschuss. Auch er hält die Übungen trotz des Unglücks für nötig und sieht keine Chance, sie allein über dem Meer oder der Wüste durchzuführen, also tatsächlich „unbewohntem Gebiet“.
Dass die Luftwaffe in einer Pressemitteilung die Ortschaft Elpe dazu erklärt hat, ist im Sauerland übel aufgestoßen. „Abenteuerlich“, nennt der heimische SPD-Bundestagsabgeordnete Dirk Wiese diese Formulierung. Nur 80 Meter neben dem nächsten Wohnhaus sind die Überreste des Learjets eingeschlagen. Rein militärisch aber sei dies diese Äußerung korrekt, sagt Hauptmann Hesse, weil an dieser Stelle zum Glück kein Haus gestanden habe. Egal aber, ob nun unbewohnt, dünn oder dichter besiedelt: Es müsse weiter überall in Deutschland geübt werden, auch im Sauerland, so Wolfgang Hellmich. Es sei unerlässlich, dass sich die Piloten mit dem Gebiet vertraut machten, mit den angrenzenden Flughäfen. Die würden ebenso wie die Flugsicherung in solche Manöver einbezogen, damit im Ernstfall die Zusammenarbeit funktioniere, erklärt der SPD-Verteidigungsexperte. „Die Luftwaffe muss das Land kennen“, so auch Sensburg.
Staatssekretär zugeknöpft
Und was sagt das Verteidigungsministerium dazu, wo Südwestfalen mit dem Parlamentarischen Staatssekretär Ralf Brauksiepe vertreten ist? Der CDU-Abgeordnete aus dem Ennepe-Ruhr-Kreis äußert sich nicht zu dem Unglück, lässt auf den Sprecher des Hauses verweisen.
Ob und welche Konsequenzen aus dem Unglück zu ziehen seien, das könne man erst nach dem Abschluss der Ermittlungen sagen, so Hellmich, wenn geklärt sei, ob technisches oder menschliches Versagen die Ursache waren.