Elpe. . Elpe am Tag danach. In weißen Schutzanzügen suchen Mitarbeiter der Bundesstelle für Flugzeugunfalluntersuchung nach Wrackteilen auf dem Unglückshang. Und nach dem zweiten Piloten. Und die Elper? Neben Bestürzung macht sich Wut breit, dass solche Militärmanöver über bewohntem Gebiet stattfinden.
Trauer, Wut und auch Erleichterung: So unterschiedliche Gefühle erleben die Elper seit dem Flugzeugabsturz am Montag. Trauer über die zwei Piloten im Alter von 43 und 50 Jahren aus Schleswig Holstein, deren Tod offiziell noch immer nicht bestätigt ist, weil die Identifizierung so schwierig ist. Erleichterung, dass der Learjet den Ort knapp verfehlt hat. Und Wut über das tragische Ende und das ungeahnte Risiko einer Manöverübung über bewohntem Gebiet. Vom Alltag ist das Dorf noch weit entfernt - auch wenn viele langsam versuchen, zur Normalität zurückzukehren.
Kein Verständnis
Gegenüber vom Unglückshang „Am krummen Auwer“ trägt Helmut Kreutzmann gerade seine Einkäufe ins Haus und bleibt kurz stehen: „Wir hatten Glück im Unglück.“ Trotzdem ist dem Elper unbegreiflich, dass solche Militärübungen über dem Sauerland erlaubt sind: „So etwas wie könnte auf der See nicht passieren.“
Auch die junge Mutter Nicole Freisen hat kein Verständnis dafür, dass so ein Risiko eingegangen wird: „Das ist eine Frechheit. Solche Übungen muss man überm Meer machen.“
Am Stall in einer Nebenstraße, nicht weit von der Absturzstelle, ist Fütterungszeit. Die sechs Pferde müssen wohl etwas länger warten, bis sie wieder auf der Koppel grasen dürfen. Denn das satte Grün der Wiese ist kontaminiert - die Wrackteile lagen gestern noch weit verstreut. Genau dort hatten die Tiere bis zum Morgen des Unglücks geweidet - bis der Termin mit dem Schmied anstand.
So viel Glück werden die beiden Piloten des Learjets nicht gehabt haben: Bis gestern Nachmittag galten sie offiziell noch als vermisst. Die Identifizierung ist schwierig - denn die Wrack- und Leichenteile sind zum Teil klein, zerstört und weit verstreut. Hinzu kommt die enorme Hitzeentwicklung, die beim Brand der Maschine entstanden ist. „Ich habe das hier sogar oben vom Balkon aus gerochen“, sagt die Elperin Tresi Hesse.
Mit Unterstützung von 30 Beamten einer Einsatzhundertschaft aus Münster wurden gestern der Hang und das dahinterliegende Waldgebiet durchsucht. Die Szenerie am Unglückshang hat etwas Gespenstisches. In weißen Schutzanzügen laufen die Helfer über die Wiese mit dem Krater.
Trümmerteile wurden mehrere Kilometer entfernt sogar bei Siedlinghausen und Altenfeld gefunden. Sie werden an die Bundesstelle für Flugzeugunfalluntersuchung (BFU) weitergeleitet - deren Experten haben gestern auch vor Ort nach Wrackteilen gesucht, um so Stück für Stück das Puzzle des Absturzes zu rekonstruieren.
Drei Ermittlungsstränge
An insgesamt drei Stellen wird nun ermittelt. Bei der Staatsanwaltschaft in Arnsberg wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung. Bei der Bundeswehr durch den General für Flugsicherheit und bei der BFU. „Flugdatenschreiber und Cockpit-Stimmen-Rekorder des Learjets sind gefunden worden und werden ausgewertet. Die Daten des Eurofighters stehen ebenfalls zur Auswertung der Flugwege zur Verfügung, die Radaraufzeichnungen der Deutschen Flugsicherung sind angefordert“, ließ Oberstaatsanwalt Werner Wolff am Mittag in einer Pressemitteilung verlauten. Ursprünglich sollte es in Meschede noch eine Pressekonferenz geben. Doch was sollte darüber hinaus mitgeteilt werden?
Bis endgültige Ergebnisse vorliegen, wird es dauern. „Bis zu einem Jahr“, sagt Jens Friedemann von der BFU. Das Wechselbad der Gefühle wird die Elper noch länger beschäftigen.