Brilon. Irgendwann geht‘s nicht mehr ums Geld, sondern um den Ärger: Ein Portemonnaie verschwindet. Eine KUNO-Sperre sollten Sie dann nicht vergessen.
Eben hatte ich es doch noch?! Die Handgriffe werden langsam panischer. In der rechten und linken Jackentasche ist es nicht, in der Gesäßtasche auch nicht. Vielleicht im Rucksack? Oder doch möglicherweise unterm Fahrersitz? Ich habe mein Portemonnaie verloren! Wer das schon einmal erlebt hat, der weiß, welche Qualen dieser Verlust bereitet. Irgendwann geht es gar nicht mehr ums Geld, nur noch um den ganzen Ärger drumherum. Und es wird teuer und kostet Nerven! Eine chronologische Aufarbeitung:
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Donnerstagnachmittag: Ich habe mich zu einem Pressegespräch im „Nineteen“ am Briloner Golfplatz verabredet. Wie immer bin ich auf den letzten Drücker unterwegs, habe Hund, Leine, Laptop-Tasche, Rucksack, Handy, Headset und Portemonnaie im Auto verstaut und düse los. Abends auf dem Nachhauseweg möchte ich noch etwas einkaufen, finde aber die Geldbörse nicht. Es müssten ein 50-Euro-Schein und etwas Hartgeld drin sein. Viel ärgerlicher: Ich bewahre u.a. auch Personalausweis, Krankenkassenkarte, EC-Karte, Führerschein, Presseausweis und Hunde-Chip-Nummer darin auf. Wird sich schon wiederfinden. Ich fahre ohne Einkauf nach Hause. Hatte ich es denn wirklich mitgenommen oder in der Schublade liegen lassen?
Sogar im Hundefutter gesucht
Zu Hause ist es nicht. Hundebox, Autositze, Reserverad, Fußmatten, Handschuhfach – alles nehme ich auseinander. Es ist weg. Kollege Franz ist so freundlich und fährt nochmal in die Redaktion, um nachzuschauen. Fehlanzeige. All das lässt mir keine Ruhe. Ich steige ins Auto und fahre die ganze Strecke nochmal ab, drehe die Redaktion auf links. 60 Kilometer hin und zurück. Nichts. Meine Frau hat unterdessen das Spektrum erweitert. Neben Waschmaschine und Kühlschrank zieht sie auch Gefrierschrank und Hundefutter-Box ins Kalkül. Nichts. Um 22 Uhr lasse ich die EC-Karte sperren. Unter der Hotline 116 116 werde ich schrittweise durch ein standardisiertes Verfahren geleitet und muss Ziffern ins Telefon tippen. Mit der Fragestellung, ob ich auch meine digitalen Karten sperren lassen möchte, weiß ich vor lauter Anspannung nichts anzufangen. Nach der computeranimierten Stimme meldet sich eine „echte“ Mitarbeiterin und erklärt, dass es um die Bezahlmöglichkeit per Handy gehe. Rückblickend hätte ich die nicht sperren müssen, aber sicher ist sicher. Die Sperrung kostet drei Euro. Ich rufe noch in dem Restaurant an, in dem das Pressegespräch stattgefunden hat: Nein, hier wurde kein Portemonnaie gefunden. Es folgt eine unruhige Nacht.
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Morgens kontaktiere ich meine Krankenkasse. Die Karte wird gesperrt, das Ausstellen einer Neuen dauert etwa zwei Wochen. Vorübergehend stellt man mir eine Bescheinigung in Aussicht, mit der ich belegen kann, dass ich krankenversichert bin. Der Service ist kostenfrei. Beim Deutschen Journalistenverband lasse ich meinen Ausweis sperren. Auch hier ist die Ausstellung eines Ersatzdokumentes kostenfrei. Nun der Perso: „Sicherheitshalber sollte man seinen Ausweis bei Verlust sperren lassen. Unbefugte könnten ja möglicherweise einen Vertrag auf den Namen des Pass-Inhabers abschließen“, erklärt Alexandra Drilling vom Einwohnermeldeamt in Medebach. Der Verlust werde dann auch der Polizei mitgeteilt. Andererseits habe man aber leider auch die Erfahrung gemacht, dass nach einer Sperrung und bei Wiederauffinden des Passes bei einer Entsperrung nicht alle Informationen europaweit „durchschlagen“ – also die Entsperrung nicht überall ankommt.
Irgendwann spielt das Geld keine Rolle mehr
Für 10 Euro könnte ich einen vorübergehenden Pass beantragen und auch gleich mitnehmen. Der wäre drei Monate gültig. Ein komplett neuer Perso kostet hingegen 37 Euro. Und bis der vorliegt, dauert es erfahrungsgemäß zwei Wochen. Im tiefsten Inneren hoffe ich immer noch, die Börse wiederzufinden. Ich sperre den Pass erstmal nicht. Bei der Sparkasse belasse ich es hingegen beim virtuellen Konto-Schloss, beantrage aber auch noch keine neue Karte. „Oft tauchen die Geldbörsen doch noch wieder auf. Sie haben die Karte ja gesperrt, insofern kann erstmal nichts passieren“, so eine freundliche Sparkassenmitarbeiterin. Eine neue Karte würde mich übrigens 12 Euro kosten. Bis sie einsatzbereit und der neue PIN verschickt wäre, müsste ich mit einer Woche bis zehn Tagen rechnen.
Nun der Führerschein, den ich erst vor zwei Jahren vom grauen Lappen zur Scheck-Karte habe umschreiben lassen. Dafür muss ich beim Hochsauerlandkreis einen Termin machen, persönlich vorbeikommen und mich auf 49,40 Euro einstellen. Wenn es noch ein Altführerschein wäre, sogar 55,10 Euro. Gut, dass der Kfz-Schein nicht im Portemonnaie war: „Mindestens 24,80 Euro für die Abgabe der Verlusterklärung und Ausstellung einer neuen Zulassungsbescheinigung“, heißt es auf der Internetseite des HSK.
Unbedingt zur Polizei gehen
Was ist, wenn mich die Polizei anhält, ich mich nicht ausweisen kann und keinen ,Lappen‘ dabei habe? Polizeisprecher Michael Schemme klärt auf: „Was viele nicht wissen: Wenn die Papiere verlorengehen, sollte man auf jeden Fall die Polizei aufsuchen und eine offizielle Verlustmeldung machen. Wir leiten dann die so genannte KUNO-Sperre ein.“ KUNO steht für „Kriminalitätsbekämpfung im unbaren Zahlungsverkehr unter Nutzung nichtpolizeilicher Organisationsstrukturen“. Schemme: „Über den Sperr-Notruf 116 116 kann man zwar seine Karten für PIN-basierte Zahlungen schnell und unkompliziert telefonisch sperren lassen. Aber: Für Zahlungen mit Unterschrift bedarf es einer zweiten Sperrung der Karte. Und die veranlasst die Polizei. Es könnte ja sein, dass es jemandem gelingt mit Karte und Ausweis eine Lastschrift zu unterzeichnen.“
Die verloren gegangenen Papiere werden von der Polizei quasi im Fahndungssystem ausgeschrieben. Und nach etwa einer Woche wird vorsichtshalber sogar Strafanzeige wegen „Fundunterschlagung“ gestellt. Bei der Verlustmeldung auf der Polizeiwache bekommt man übrigens eine Bescheinigung, dass die Papiere futsch sind. Gerät man nämlich in eine Polizeikontrolle und kann sich nicht ausweisen, sind die üblichen Verwarngelder fällig. Schemme: „Wenn aus dem Dokument ersichtlich wird, dass der Besitzer vor zwei, drei Tagen seine Papiere verloren hat, wird sicherlich jeder Beamte ein Auge zudrücken. Liegt der Verlust aber schon einige Wochen zurück, ist ein Bußgeld fällig. Wichtig ist es auch, sich bei der Polizei zu melden, wenn die Papiere wieder auftauchen.“
Kopien statt Originale mit sich führen?
Nach dem ganzen Ärger könnte man auf die Idee kommen, die Original Papiere sicherheitshalber zu Hause zu lassen und nur mit Ausweis- oder Führerschein-Kopien bzw. deren Fotos im Handy unterwegs zu sein. Keine gute Idee. Polizeisprecherin Flavia Lucia Rogge: „Es müssen immer die Originalpapiere vorgelegt werden. Kopien sind letztendlich nicht fälschungssicher.“
Puh, ganz schön viel Lauferei. „Wir hören immer wieder, dass für die Leute der Verlust des Bargeldes eher zweitrangig ist. Aber alle scheuen die ganze Lauferei wegen der neuen Papiere“, sagt Michael Schemme. Und ganz ehrlich: Ich finde es auch ein ungutes Gefühl, dass irgendein Fremder meine EC-Karte, meinen Perso oder meinen Führerschein besitzen und missbrauchen könnte. Unterm Strich hätten mich die ganzen Gebühren für neue Papiere rund 100 Euro gekostet. Die habe ich für einen guten Zweck gespendet. Denn nach drei Tagen ist das Portemonnaie wieder aufgetaucht. Ein ehrlicher und freundlicher Kellner, der von mir einen Finderlohn bekommen hat, hatte es dann doch unter dem Sitzkissen des Restaurant-Stuhls gefunden. Es war noch alles drin. Ich hätte nie gedacht, dass ich mich über den Anblick eines Portemonnaies so freuen würde…
Drei Kerzen für denm Heiligen Antonius
Ach ja, drei Kerzen bin ich dem Heiligen Antonius noch schuldig. Es ist übrigens der „von Padua“ und nicht „der Einsiedler“, der im Volksglauben als Fachmann für Verlorengegangenes gilt. Ich hol das nach, wenn ich nur wüsste, wo das Portemonnaie mit dem Kleingeld geblieben ist, das ich sonst immer im Handschuhfach hatte…