Hochsauerlandkreis/Referinghausen. Walking Football liegt im Trend. Wie der Name „Geh-Fußball“ schon verrät, muss hier zwingend gegangen werden. Es gibt schon 100 Teams.

„Werner steht frei!“ „Schön langsam aufbauen!“ Passgenau kommt das runde Leder beim Senior der Mannschaft an. Würde der Gegenspieler jetzt Vollgas geben, könnte er das Unheil noch verhindern. Doch Rennen ist streng verboten, nur schnelles Gehen erlaubt. Routiniert bewegt sich der 86-Jährige auf das kleine Tor zu und kickt - „Zack!“ - die Kugel ganz locker ins Netz. Es gibt Lob von den Mannschaftskollegen und schon rollt das Leder weiter.

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Ja, es geht um Fußball, aber hier speziell um „Walking Football“, eine etwas moderatere Form des Kickens. Während die Profikarriere für die meisten Spieler in einem Alter zwischen 30 und 40 Jahren endet, gibt es im Amateurbereich keine Grenze nach oben. Trotzdem verlieren viele Vereine ab einem gewissen Alter einen Teil ihrer Aktiven. Und dabei ist es für die gerade wichtig, dass sie mit zunehmendem Alter fit und in Bewegung bleiben.

Walking Football ist immer mehr im Kommen. In Westfalen gibt es rund 100 gemeldete Teams - eines davon beim TuS Blau-Gelb Referinghausen. FVWL-Dozent Christoph Michel (hinterer Reihe 2.v.r.) schult das Team.
Walking Football ist immer mehr im Kommen. In Westfalen gibt es rund 100 gemeldete Teams - eines davon beim TuS Blau-Gelb Referinghausen. FVWL-Dozent Christoph Michel (hinterer Reihe 2.v.r.) schult das Team. © WP | M. Jäger

Der TuS Blau-Gelb Referinghausen hat das schon lange erkannt. „Die Idee habe ich aus meiner Arbeit beim Fußball- und Leichtathletikverband (FLVW) mitgebracht, wo ich den Aufbau begleiten durfte. Das Angebot gibt es bei uns seit 2018, wobei es erst 2022 nach Corona so richtig angenommen wurde“, sagt Manfred Jäger vom TuS. Unermüdlich hat er sich auf Verbandsebene ehrenamtlich dafür eingesetzt, dass das Thema nicht nur am grünen Tisch beraten, sondern auch tatsächlich auf dem Rasen umgesetzt wurde. Bis zu 15 Spieler im Alter von 53 bis 86 (!) Jahren treffen sich mittlerweile in Referinghausen einmal wöchentlich zum Training, das der langjährige Ortsvorsteher und Übungsleiter Reinhard Figgen übernommen hat. Und auch aus den Nachbarorten sind Spieler dabei. In den Wintermonaten konnten die Walking-Footballer in die Sporthalle der Grundschule Oberschledorn ausweichen. Viele sind altgediente Könner, andere mussten für das erste Paar Fußballschuhe erst 60 werden.

AOK-Workshop: Fitness für Ältere

Vergangene Woche war aber alles anders: Denn für die Aktiven stand eine Fortbildung mit Christoph Michel vom FLVW auf dem Programm. Der Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen arbeitet intensiv an dem Ziel, die Vereine zu einem Angebot im Bereich „Walking Football“ zu bewegen und hat dafür in Kooperation mit der AOK Nord-West eigens den kostenlosen Workshop „Fußballfitness für Ältere“ entwickelt. „Die Nachfrage nach den Kursen ist groß. Wir haben mit zwölf angefangen, mittlerweile sind wir bei 30 pro Jahr und es gibt regelrecht Wartelisten“, sagt Kim Weidig, der beim FLVW für Freizeit- und Gesundheitssport, eSports und Vereinsentwicklung zuständig ist. Er schätzt, dass westfalenweit mittlerweile etwa 100 Vereine Walking Football offiziell anbieten. Hinzu komme die Zahl derer, die „einfach nur für sich“ spiele. Einmal im Jahr gebe es eine Netzwerktagung auf Verbandsebene, um die Bedeutung dieser sanften Sportart mehr und mehr in den Fokus zu rücken. Die Arbeit trägt Früchte.

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Überzeugt werden musste in Referinghausen niemand mehr von den vielen positiven Effekten der Sportart. Aber in einem knapp 45-minütigen Theorieteil erklärte Michel, worum es geht und was die Besonderheiten sind: Erstmals wurde diese Fußball-Variante 2011 in Chesterfield/England gespielt – und begeistert inzwischen die britischen Inseln. Über die Niederlande gelangte Walking Football dann nach Deutschland.

Training auf dem Sportlatz in Referinghausen.
Training auf dem Sportlatz in Referinghausen. © WP | M. Jäger

„Wie der Name ,Geh-Fußball‘ schon verrät, muss zwingend gegangen werden. Zudem darf der Ball nicht höher als Hüfthöhe gespielt werden und Körperkontakt und Zweikämpfe sind weitestgehend untersagt. Zudem gilt es zu beachten: Es gibt kein Abseits und keinen Torwart – dafür einen Torraum, der nicht betreten werden darf. Jedoch können die Regeln grundsätzlich variabel an die individuelle Situation und Gegebenheiten angepasst werden“, erklärte Michel. Beeindruckend waren an diesem Abend auch die Zahlen und Fakten zum positiven Gesundheitseffekt von Walking Football. Neben Blutdrucksenkung, Gewichtsverlust, Muskelaufbau und Stärkung des Immunsystems haben gerade die Spielsportarten einen nicht zu unterschätzenden sozialen Aspekt. Und natürlich gibt es in Referinghausen auch eine dritte Halbzeit.

Altersgerechnetes Training

Nach der Theorie gab’s die Praxis, die zunächst einen altersgerechten Fitnessteil mit Warm-Up und leichten Fitnessübungen mit Bezug zum Fußball enthält. Bewusstes schnelles Gehen, Übungen zu Zweit oder auch allein zur Balance und Koordination und passgenaues Zuspielen waren dabei die Inhalte. Beim anschließenden Spiel achtete Michel genau darauf, dass die Spielregeln eingehalten wurden, dass nicht gerannt und nicht zu hoch gespielt wurde. „Ihr seid ein gutes Team und gebt gegenseitig auf euch Acht – das gefällt mir“, sagte der Dozent zum Schluss. So soll es sein.

Das Angebot gilt auch nach wie vor für Interessierte aus den umliegenden Orten. Und wer mag, kann auch einfach mal ein Schnuppertraining mitmachen – immer dienstags um 19 Uhr auf dem Sportplatz Referinghausen - aber nur walken, nicht rennen!

Weitere Infos auch unter https://flvw.de/de/walking-football.htm