Brilon. Die Renovierung kostete eine Million Euro. Die evangelische Kirche war gerade erst wieder geöffnet. Pfarrerin Antje Jäkel ist wütend und traurig.
Der Kirche an sich, als Institution, geht es momentan nicht wirklich gut. Aber auch viele Kirchengebäude sind in keinem Top-Zustand. Dass allerdings ein Gotteshaus, das nach aufwändiger Renovierung erst im Dezember 2023 wieder eröffnet wurde, schon knapp fünf Monate später zum Schutz der Gemeinde wieder geschlossen werden muss, ist die unrühmliche Ausnahme. Betroffen ist die Evangelische Kirche in Brilon. Dort schimmelt es.
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Pfarrerin Antje Jäkel ist geschockt, wütend und traurig zugleich. Am Freitagnachmittag hat sie die rund 120 Konfirmandinnen und Konfirmanden informiert. Sie sollten eigentlich in den nächsten Wochen in ihrer frisch renovierten Kirche das erste Mal zum Abendmahl gehen. Nun findet die Feier in der katholischen Nikolaikirche statt. Parallel dazu ist die lebhafte und beliebte Pfarrerin am Freitag auch im Namen des Presbyteriums an die Öffentlichkeit gegangen und hat die Presse über den Sachstand informiert: „Ich möchte nicht, dass es wilde Spekulationen gibt. Ich kann nichts dafür, dass es so ist, wie es ist. Die Schimmelbildung zeigt sich vor allem im Eingangsbereich und im Aufgang zur Empore. Also in dem Bereich, der jetzt erneuert wurde. Die Schließung der Kirche gilt ab sofort, da wir es nicht riskieren wollen, dass Menschen die Sporen einatmen. Das ist eine reine Sicherheitsmaßnahme zum Wohl der Gemeindemitglieder.“ Die allgemeine Standfestigkeit müsse zunächst noch überprüft werden. Dazu stünden weitere Untersuchungen an.
Die Arbeit in ihrer ersten Pfarrstelle hatte sich Antje Jäkel anders vorgestellt. Der ganze Prozess der Renovierung lag vor ihrer Amtszeit in Brilon. Trotzdem muss sie nun mit dem Presbyterium und der Gemeinde dieses große Problem lösen, das schon im Frühjahr 2018 seinen Lauf nahm. Damals sollte die Kirche nur ein wenig renoviert werden. Von 180.000 Euro war die Rede. Dann fiel der Blick eines Fachmanns auf den Kirchturm. Und schnell war klar: Totalschaden. Ein Wort, das die Gemeinde noch nie gehört hatte, machte die Runde: „Ettringit“. Vereinfacht gesagt hatte das Eindringen von Wasser in Steine, Mauermörtel und Fugenzement chemische Reaktionen ausgelöst, die irreparable Schäden angerichtet hatten. Aus einem kleinen Projekt war plötzlich eine Mammutaufgabe für die knapp 3900 Gemeindeglieder geworden. Abriss- und Renovierungskosten summierten sich auf rund eine Million Euro. Geld, das aus Eigenmitteln der Kirchengemeinde und des Kirchenkreises gezahlt wurde. In dem Zusammenhang wurde die Kirche konzeptionell umgestaltet und soll auch für Kulturveranstaltungen nutzbar sein.
Am 3. Dezember 2023 zog die Gemeinde mit einem feierlichen Gottesdienst wieder in ihre Kirche ein; zeitgleich wurde Antje Jäkel offiziell in ihr Amt eingeführt – und nun dies: „Der Schimmel ist einfach nicht zu übersehen und in der Tat würde man so etwas nicht vermuten“, sagt sie. Am Umbau seien selbstverständlich Fachfirmen und ein Architekt beteiligt gewesen. „Warum es so gekommen ist, kann man zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Wir sind mit allen Beteiligten in Kontakt und im Gespräch und hoffen, dass sich das klären lässt.“ Wer schlussendlich den Schwarzen Peter zugeschoben bekommt und für den Schaden haften muss? Jäkel: „Das Presbyterium, das Kreiskirchenamt und der Architekt stehen im Austausch miteinander. Alle notwendigen Schritte müssen dann folgen.“
Für die Gemeinde heißt das, dass die Gottesdienste aller Voraussicht nach bis auf Weiteres wieder im Gemeindezentrum stattfinden werden. Dort waren sie seit Ostern 2022 übergangsweise gefeiert worden. „Das sind wir nach der langen Bauphase ja schon gewohnt. Aber schön ist das natürlich nicht und wir hatten uns das anders vorgestellt“, so die Pfarrerin.
Sie ist froh, dass die drei Konfirmationsfeiern (am 20. April um 16 Uhr, am 27. April um 16 und am 28. April um 10 Uhr) jeweils in der Nikolaikirche stattfinden können: „Unsere römisch-katholischen Schwestern und Brüder stellen uns netterweise die Nikolaikirche vor allem für die Konfirmationen als Ausweichmöglichkeit zur Verfügung. Dafür bin ich sehr dankbar. Das ging auch ohne Probleme im wirklich netten, unkomplizierten Miteinander. Propst Dr. Richter hat sofort nach der Belegung geschaut und die Kirche für uns reserviert.“
Das ist zumindest ein winziger Trost bei dem ganzen Ärger. In den nächsten Wochen werden Fachleute auf Spurensuche gehen müssen, warum binnen so kurzer Zeit solche massiven Probleme auftreten konnten. Zum Glück ist die Orgel nicht vom Schimmel betroffen. Und Antje Jäkel hofft, dass die Schäden schnell behoben werden können – damit sie sich wieder ihren eigentlichen Aufgaben widmen kann: Seelsorge, Gemeinschaft pflegen, Gemeindeleben, Verkündigung…