Brilon. Warum feiern wir Ostern? Was hat es mit Auferstehung auf sich? Hilft es, für Frieden zu beten? Pfarrerin Antje Jäkel (Brilon) hat lebensnahe Antworten parat.

Ostern ist, wenn der Hase kommt, wenn die bunten Eier leuchten, wenn arbeitsfrei ist. Der eigentliche Sinn des Osterfestes gerät immer mehr in den Hintergrund. Dabei ist Ostern „in“, ist die Botschaft modern. Man muss sie nur zeitgemäß erzählen und erklären. Das kann die Briloner Pfarrerin Antje Jäkel. Sie sagt ganz klar: „Es liegt an uns, der Botschaft, die Ostern vermittelt, wieder mehr Bedeutung zu geben. Denn es geht weiter - auch nach dem Tod.“

Für viele Menschen sind die kirchlichen Feiertage inzwischen nicht viel mehr als willkommene Auszeiten vom Alltag. Erklären Sie doch bitte einmal leicht verständlich, was Ostern passiert ist, warum wir das Fest feiern und warum es für Christen ein so wichtiges Fest ist!

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In der Nacht von Karsamstag zu Ostersonntag feiern wir in der Kirche die Osternacht. Wir glauben, dass Gott Jesus in dieser Nacht von den Toten auferweckt hat und wir glauben, dass wir darauf auch für unser Leben nach dem Tod hoffen können. Es geht also weiter, wie auch immer das aussehen mag und das, obwohl wir ziemlich viele Dinge falsch machen im Leben.

Laut einer Befragung des Deutschen Hospiz- und Palliativverbandes glaubt nur eine noch Minderheit (38 Prozent) der Deutschen an ein Leben nach dem Tod. Und um die Auferstehung geht es ja in der Osterbotschaft. 55 Prozent glauben nicht daran, der Rest machte dazu keine Angaben. Verliert Ostern damit nach und nach seine Bedeutung und seine Botschaft? Wie kann man Ostern heute noch greifbar machen? Ist Ostern noch zu retten?

Botschaft neu vermitteln

Pfarrerin Antje Jäkel von der Evangelischen Kirchengemeinde Brilon.
Pfarrerin Antje Jäkel von der Evangelischen Kirchengemeinde Brilon. © WP | Privat

Ich glaube nicht, dass Ostern an Bedeutung verliert. Seine Botschaft vielleicht schon. Das liegt aber auch an der Kirche. Die Menschen leben heute anders als noch vor 50 Jahren. Es liegt an uns, der Botschaft, die Ostern vermittelt, wieder mehr Bedeutung zu geben. Aufzuzeigen, warum es immer noch relevant ist. Dabei ist es in der Tat sehr schwer, etwas greifbar zu machen, was der Verstand nicht erfassen kann. Wenn ich einen Menschen berühre, dann spürt er die Berührung. Aber je nachdem, in welchem Verhältnis ich zu ihm stehe, fühlt er etwas anderes. Auch diese Gefühle lassen sich nur beschreiben und sind schwer für andere nachzuvollziehen. Aber das gilt ja auch in anderen Bereichen unseres Lebens, denken wir mal an die Quantenphysik. Gleichzeitig glaube ich auch, dass es an den Begrifflichkeiten liegt. An ein Leben nach dem Tod oder eine Auferstehung mögen viele nicht glauben. Aber dass es, in welcher Art und Weise, vielleicht irgendwie weiter geht und man auch noch über den Tod hinaus Verbindungen spüren kann, dem könnten vielleicht schon wieder mehr zustimmen. Dass wir Ostern retten müssen, glaube ich nicht. Aber wie schon gesagt: Hier ist die Kirche gefragt, um in einen Dialog zu treten und sich auszutauschen. Ich finde es wichtig, dass man die Dinge hinterfragt, dass die Menschen überhaupt Fragen stellen und dass man so ins Gespräch kommt. So bleibt Glaube, wie auch immer er aussehen mag, lebendig.

Ich persönlich liebe die Osternacht. Ich finde es so schön, wenn zu Beginn draußen alle beim Feuer stehen, wenn die Kirche dunkel ist und man mit der neuen Osterkerze einzieht - mit Blick auf das noch verhüllte Kreuz. Wenn dann nach einiger Zeit das Licht angeht und die Orgel nach den stillen Tagen wieder erklingt, bekomme ich immer eine Gänsehaut. Ich finde, dieser Gottesdienst hat so viel Symbolik.
Antje Jäkel - Pfarrerin, Brilon

In jedem Gottesdienst wird der Gemeinde der Friede Gottes zugesprochen. In Anbetracht der aktuellen Konflikte im Nahen Osten und in der Ukraine kann einem der Glaube an Frieden abhanden kommen. Was sagen Sie den Menschen, die fragen: Warum lässt Gott dieses Leid zu? Und: Glauben Sie, dass es hilft, für den Frieden zu beten und ihn sich gegenseitig zu wünschen? Was kann jeder von sich aus tun – im Kleinen und im Großen – um friedfertig zu sein?

Die Osternacht steckt voller Symbolik.
Die Osternacht steckt voller Symbolik. © dpa | Julian Stratenschulte

Gemeinsam aushalten

Wenn mich jemand fragt, warum Gott das Leid zulässt, habe ich keine Antwort. Diese Frage stellen sich Menschen schon so lange und ich selber habe auch schon oft nach dem „Warum“ gefragt. Ich denke, dass es wichtiger ist, dass man es gemeinsam aushält. Wenn die quälenden Fragen und das Leid uns erdrücken, ist es wichtig, dass jemand diese Last mitträgt. Hier kommt Gott für mich auch ins Spiel. Ich kann wütend sein und zweifeln, ich kann in dieser Zeit nicht an Gott glauben und doch ist er da. Beim Weinen, Fluchen, Alleinsein. Den Frieden auf der Welt werde ich nicht nur durch Gebete bekommen. Aber - und das ist für mich entscheidend: Es ist dennoch hilfreich. Denn wenn ich bete und anderen Frieden, Kraft, Stärke, Mut oder Zuversicht wünsche, dann tut das meinem Gegenüber gut. Wer bekommt nicht gerne gesagt, dass man an ihn denkt und so ist es im Gebet. Ich kann für einen Menschen beten und damit das positive Denken übernehmen. Ich kann für Frieden beten und mein Verhalten dementsprechend anpassen. Und dieses Verhalten kann dann Frieden im Großen und Kleinen stiften: Im Füreinander-Da-Sein, beim Zuhören oder Freude schenken. Manchmal beschert man einem anderen schon einen schönen Tag, wenn man nur „Bitte, Danke oder Entschuldigung!“ sagt. Es müssen oft gar nicht die großen, weltverändernden Dinge sein. Oft reicht es im Kleinen, in seinem eigenen Umfeld anzufangen: Allein mit einem Lächeln, sich selber friedfertiger zu verhalten und mit Freundlichkeit und Respekt den anderen zu begegnen, auch wenn man sie nicht mag.

Eindrucksvolles Bild von der Hallenberger Passion: Das Kreuz ist leer.
Eindrucksvolles Bild von der Hallenberger Passion: Das Kreuz ist leer. © Rita Maurer | Rita Maurer

Gibt es für Sie ganz persönlich einen besonderen Ritus, der mit Ostern verbunden ist und an dem Sie festhalten? Welcher ist das und warum tun Sie das?

Also ich persönlich liebe die Osternacht. Ich finde es so schön, wenn zu Beginn draußen alle beim Feuer stehen, wenn die Kirche dunkel ist und man mit der neuen Osterkerze einzieht - mit Blick auf das noch verhüllte Kreuz. Wenn dann nach einiger Zeit das Licht angeht und die Orgel nach den stillen Tagen wieder erklingt, bekomme ich immer eine Gänsehaut. Ich finde, dieser Gottesdienst hat so viel Symbolik. Zu Hause ist es allerdings ganz klassisch die Ostereiersuche mit den Kindern.

Wie können Gläubige (oder auch Zweifelnde) Ostern spirituell erleben und feiern?

Indem sie eine Osternacht besuchen. Auch wenn man sich mit Gottesdiensten nicht so wohlfühlt, so ist diese Nacht doch etwas Besonderes und anders als andere Gottesdienste. Man muss nicht mitsingen, kann auch einfach zuhören und erleben. Ich finde, darin zeigt sich sehr viel von dem, was Ostern ausmacht, da diese Nacht sehr symbolstark ist.