Olsberg. Christina Hansmann aus Olsberg hat sich als Bodybuilderin an die Spitze gekämpft. Ihr Leben geprägt ist von Disziplin und Extremen.
„Zum Bodybuilding bin ich aufgrund einer Essstörung gekommen - das klingt vielleicht schräg, ist aber so.“ Christina Hansmann war in ihrer Jugend magersüchtig, suchte verschiedene Therapeuten auf. „Das hat mir zwar ein tieferes Verständnis für meine Krankheit vermittelt und wieso sich meine Seele diesen Ausweg gesucht hat. Aber ich bin immer wieder rückfällig geworden.“ 2009 hat sich die Brilonerin dann in einem Fitnessstudio angemeldet. Und das brachte die Wende. „Ich war schon immer sehr sportlich, aber eben zwanghaft, weil ich Kalorien verbrennen wollte, um noch dünner zu werden“, erzählt sie. Darum habe sie am Anfang auch viel Cardio gemacht. Schnell entdeckte sie dann aber die Gewichte für sich. „Ich habe dann angefangen mich mit dem Thema Muskelaufbau zu befassen und, klar, wenn man Muskeln aufbauen will, dann muss man eben auch essen. Ein Auto fährt ja auch nicht ohne Sprit.“ Allmählich habe sich durch die Kombination aus Training und richtigem Essen ihr Körper zum Positiven verändert und sie konnte der Anorexia nervosa den Rücken kehren. „Für meinen Kopf war das aber anfangs schwierig, weil ich schwerer wurde.“ Zur Zeit bereitet sie sich auf zwei Wettkämpfe vor. „Der erste ist im Mai in Deutschland, der zwei im Juni in Alicante, Spanien.“
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Inzwischen kann sie auf eine ganze Reihe Erfolge zurückblicken. Zum Beispiel im letzten Jahr, das die gebürtige Marsbergerin als ihren größten Erfolg bezeichnet. Da ist sie bei drei Shows gestartet: „Auf einer regionalen Show, den Dennis Wolf Classics in Bochum, habe ich den ersten Platz gemacht. Im November in Mailand, meinem ersten internationalen Wettbewerb, belegte ich Platz zwei. Und im Dezember habe ich in Amsterdam den dritten Platz gemacht.“ Dabei sei die Platzierung in Amsterdam ihr persönliches Highlight. „Das war einfach mein bestes Paket, das ich auf die Bühne liefern konnte.“ Zwar gebe es beim Bodybuilding natürlich Kriterien, „aber es ist auch ein subjektiver Sport und der persönliche Geschmack der Jury spielt eine Rolle.“ Ihr Coach, der IFBB Pro Coach Stefan Kienzl, „eine absolute Koryphäe“, habe ihr bestätigt, dass ihre Form in Amsterdam „End-Level“, also Bestform gewesen sei. „Und das bedeutet mir einfach mehr als die Meinung der Jury.“ Die IFBB ist die International Federation of Bodybuilding and Fitness und laut Wikipedia „der weltweit größte internationale Profisportverband für professionelles Bodybuilding, Körperbau, Fitness, Figur, Bikini und Wellness.“
Sechs Mahlzeiten pro Tag
Stefan Kienzl berät Christina nicht nur in puncto Training, sondern erstellt auch ihren Ernährungsplan, an den sie sich strikt hält. Sechs Mahlzeiten am Tag muss sie zu sich nehmen und die sind im Wesentlichen immer gleich. „Natürlich Hähnchen, Broccoli, wenn Kohlenhydrate, dann in Form von Reis oder Reisflocken, außerdem Whey Isolat, ein hochverdauliches Eiweißpulver, Beeren, Avocados, Eier und Eiklar, Äpfel und das war’s eigentlich schon.“ Auch in den Wettkampfphasen, wie zur Zeit, konsumiere sie die gleichen Lebensmittel wie sonst auch immer. Mit dem Unterschied, dass die Kohlenhydrate peu à peu reduziert werden. Darauf könne der Körper am ehesten verzichten. „Eiweiß muss für den Muskelaufbau und - schutz hochgehalten werden. Auch Fette sind für den Körper wichtig, zum Beispiel für den Hormonhaushalt.“ Ausnahmen gönnt sie sich während der Wettkampfphasen keine. „Off-Season gibt es vielleicht mal ein Stück Kuchen oder ein bisschen Schoki.“ Ihr Coach habe ja schließlich auch die ganze Zeit ein Auge auf sie. Während der sechzehn Wochen langen Vorbereitungen seien jegliche Abweichungen vom Plan allerdings tabu, da ein großes Kaloriendefizit erreicht werden müsse, damit der Körper genug Fett verbrennt. „Das ist aber reine Kopfsache.“ Schon als kleines Mädchen sei sie sehr diszipliniert und ehrgeizig gewesen. „Das ist mental gar kein Aufwand für mich.“ Als Kind habe sie auch sehr gerne gemalt, habe verschiedene Malschulen besucht. „Als ich auf dem Gymnasium in die Oberstufe kam und mehr lernen musste, ist das irgendwie im Sande verlaufen und heute hätte ich da gar keine Zeit mehr für.“
Um 3.45 Uhr steht Christina Hansmann auf
Bei den strikten Vorgaben für’s Essen bleibt es bei Christina Hansmann nicht. Um 3:45 Uhr ist bei ihr die Nacht vorbei. Wenn die meisten von uns noch selig in den Kissen schlummern, geht sie erstmal 40 Minuten joggen. Ihr Tag ist minutiös getaktet. Anders wäre es gar nicht möglich, alles unter einen Hut zu bekommen, sagt 37-Jährige. Schließlich arbeitet sie auch Vollzeit. „Eigentlich bin ich gelernte Mediengestalterin. Dann wurde ich aber abgeworben und jetzt arbeite ich seit 2018 bei als Technologin im Bereich Digitaldruck bei Egger.“ Nach ihrer Schicht geht’s jeden Tag für 2 - 2,5 Stunden ins Fitnessstudio. „Danach mache ich mich nochmal frisch, bereite meine Mahlzeiten für den nächsten Tag zu und dann habe ich vielleicht noch eine Stunde auf der Couch um runter zu kommen.“ Um spätestens 21 Uhr liege sie im Bett. Lediglich am Wochenende gönnt sie sich etwas mehr Schlaf - bis maximal 5 Uhr. An Wochenenden kümmere sie sich dann um die Sachen, die unter der Woche liegen blieben. „Einkäufe, meinen Haushalt und vielleicht noch ein paar weitere Sachen.“ Die Routine bleibe aber immer die gleiche. Einen Partner kann sie sich daher aktuell nicht vorstellen. „Der müsste viel zu viele Abstriche machen und wäre für mich wahrscheinlich nur ein Klotz am Bein.“
Verhältnis unter den Teilnehmern ist herzlich
Den Wettkämpfen sieht sie sehr positiv entgegen, auch, weil das Verhältnis unter den Teilnehmern so herzlich sei. Von Konkurrenzdenken oder „Zickenterror“ keine Spur, erzählt sie. Sie wisse im Vorfeld aber nicht, wer die anderen Teilnehmer sind und das wolle sie auch gar nicht. Vergleiche bezeichnet Hansmann als toxisch. „Das kann Stress bedeuten und mir ist es wichtig, mich nur auf mich zu fokussieren. Jeder Körper ist einzigartig und es bringt nichts, sich mit anderen zu vergleichen. Ich will und kann einfach nur die beste Form meiner selbst sein. Darum habe ich auch keine Vorbilder.“
Die Frage, ob sie manchmal mit Vorurteilen konfrontiert sei, verneint sie. Sie bekomme praktisch durchweg positives Feedback. „Kollegen und Bekannte respektieren mich und meinen Sport. Was ansonsten vielleicht hinter meinen Rücken getuschelt wird, das weiß ich natürlich nicht. Aber das ist mir auch völlig egal.“ Und was würde sie machen, wenn sie mal einen Monat aus ihren Routinen ausbrechen könnte? „Dann würde ich mal wieder, wie als Kind, mit meinen Eltern und meiner Schwester ins Allgäu fahren. Wandern, eine Alpenüberquerung, lecker essen gehen. Daran habe ich wunderschöne Erinnerungen, mit denen ich viel Geborgenheit verbinde. Das ist das Beste, was ich mir dann vorstellen könnte.“