Marsberg/Essentho. Das Unternehmen Ritzenhoff ist verkauft. Der Betriebsratsvorsitzende Axel Ballez hat tagelang hart für die Mitarbeiter gekämpft. Er zieht Bilanz.
Der Kaufvertrag ist unterschrieben: Die Ritzenhoff AG wandert in die Hand der Investoren Familie Ritzenhoff/Zeppenfeld und Unternehmer Robert Tönnies. Sowohl die Mitarbeiter der Ritzenhoff AG als auch der Gläubigerausschuss haben sich für das Fortführungskonzept der Investorengruppe entschieden (ausführliche Informationen lesen Sie hier). Damit bleibt das Unternehmen mit Standort in Essentho bei Marsberg bestehen. Der Betriebsratsvorsitzende Axel Ballez klingt im WP-Gespräch erschöpft nach den tagelangen Regelungsabsprachen mit dem Arbeitgeber. Er ist aber auch sehr zufrieden mit dem Ergebnis.
Betriebsratsvorsitzender sieht das Ergebnis positiv
„Ich sehe das sehr positiv. Ich bin sehr glücklich, mit so einer genialen Belegschaft zusammenzuarbeiten“, sagt Ballez. Die Mitarbeiter haben in der Abstimmung zu 100 Prozent für das Fortführungskonzept gestimmt. Ein, laut Ballez, wertvolles Zeichen an die Investoren, dass die Mitarbeiter mit den Unternehmern jetzt weitermachen und den Weg in die Zukunft gestalten wollen. „Wir sind sehr sehr zufrieden“, so Ballez.
Der heutige Entscheidung vorausgegangen waren tagelange Gespräche. Nachdem der Arbeitgeber die Verhandlungen mit der Gewerkschaft als gescheitert deklariert hatte, habe man Ballez noch am Donnerstagabend spät kontaktiert. Schon am Freitag sei man zusammengekommen, um eine Lösung zu finden. „Uns war es wichtig, dass das Ergebnis auch für die Belegschaft passt.“ Am Samstag, gegen 13 Uhr, habe er die Regelungsabsprache unterzeichnet. „Es war schon klar, dass die Belegschaft etwas abgeben muss.“ Damit meint Ballez den Verzicht auf Zahlungen wie Weihnachtsgeld. „Wir hatten aber die Möglichkeit, mit den Arbeitgebern zu besprechen, was uns wichtig ist und konnten so auch eine Lohnerhöhung von 2 Prozent erreichen, die es eigentlich schon letztes Jahr geben sollte.“ Auch einen Inflationsausgleich habe man aushandeln können.
Ballez schaut nach vorne - auch wenn der Verlust von 89 Jobs weh tut
Dass das Unternehmen in insgesamt vier Gesellschaften weitergeführt wird, bewertet Ballez nicht als Nachteil: „Wir hatten auch vorher schon eine Hütte für die Glasproduktion und eine Abteilung für die Dekore, das alles was schon immer getrennt und es wird nicht anders als vorher laufen.“
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Jetzt schaut Axel Ballez nach vorn und hofft für die gesamte Belegschaft, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter endlich zur Ruhe kommen und wieder konzentriert arbeiten können. „Der Druck auf die Belegschaft, der ist nicht erst in den letzten Tagen entstanden, sondern in den letzten 14 Monaten. Wir haben schon im letzten Jahr eine Regelungsabrede gehabt. Es gab seitdem nie eine hundertprozentige Sicherheit und mit dem Beginn des Insolvenzverfahrens in Eigenverantwortung wurde der Druck nur größer.“
Sein Gremium und Ballez selbst hätten nun versucht, das Beste Paket zu schnüren, dennoch tue es weh, sich nun von 89 Mitarbeitern zu trennen. „Am Ende sind wir mit einem blauen Auge davongekommen, das tut weh, ja. Aber wir krempeln nun die Ärmel hoch und orientieren uns Richtung Zukunft.“