Brilon. Das Krankenhaus Maria Hilf ist Kompetenzzentrum für Hernienchirurgie. Chefarzt Dr. Martin Pronadl sagt, wieso das für alle Briloner wichtig ist.
Dass Briloner Krankenhaus Maria Hilf ist als Kompetenzzentrum für Hernienchirurgie zertifiziert worden. Was erst abstrakt klingt, ist aber ein wichtiger Schritt für die gesundheitliche Versorgung und die Sicherung des Briloner Gesundheitsstandortes. Warum, das erklärt Chefarzt Dr. med. Martin Pronadl der WP genauer.
Womit beschäftigt sich Hernienchirurgie eigentlich genau? Können Sie das einmal erklären?
Dr. med. Martin Pronadl: Hernien sind Weichteilbrüche. Leistenhernien, Narbenhernien, Nabelhernien oder Zwerchfellhernien gehören dazu und werden in der Regel chirurgisch versorgt. Dafür gibt es verschiedene Techniken.
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Und jetzt ist das Briloner Krankenhaus ein zertifiziertes Kompetenzzentrum für Hernienchirurgie.
Genau, das ist ein geschützter Begriff. Bei der Anmeldung zum Zertifizierungsprozess bekommt man ein Gütesiegel, dann muss man Operationen nachweisen, ebenso vorhandene Strukturen - beispielsweise eine Sprechstunde für Menschen mit Hernien. Die Versorgung beginnt für die Patienten bei der Anmeldung und geht über die Operation weiter bis hin zur jahrelangen Nachsorge. Wir schauen uns die Patienten auch drei Jahre nach der OP noch an, um sicherzugehen, dass sie den Alltag wieder bestreiten können, Sport machen können. Die Daten geben wir an eine Multicenterstudie, die sie auswertet. Dort müssen wir für eine Zertifizierung 95 Prozent der Patienten nachweisen und bei rund 300 Patienten im Jahr ist das ein großer bürokratischer Aufwand.
300 Patienten jährlich mit Hernien, das ist eine hohe Fallzahl.
Und die Fallzahlen steigen. Wir bemerken Tendenzen, dass die Patienten auch aus vielen anderen Regionen kommen, die wir früher nicht abgedeckt haben. Schmallenberg beispielsweise, Freudenberg, Korbach. Das ist für die Klinik, aber auch für die Stadt, eine Win-Win-Situation.
Wie schafft man es, trotz Fachkräftemangel, noch solche Zertifizierungsprozesse zu durchlaufen?
Wenn alle mitarbeiten, das ist eine Team-Leistung. Vom Chef über ärztliche Kollegen bis hin zur Pflegefachkraft, die die Patienten schon bei der Anmeldung betreut und die Daten anlegt.
Und wie geht es nun weiter?
Unser Ziel ist es, ein Referenzzentrum zu werden. Das wäre die nächste Stufe im Zertifizierungs- Prozess. Diese beinhaltet klinische Studien. Wir haben schon alles Nötige angestoßen.
Wie wichtig sind diese Zertifizierungen für Kliniken?
Wir sind im Sauerland das einzige Kompetenzzentrum für Hernienchirurgie. Das ist ein Alleinstellungsmerkmal. Es ist überlebenswichtig für Kliniken, solche Weichen für die Zukunft zu stellen. Wir schauen schon jetzt, wo wir 2024 und 2025 hinwollen. Wir werden von der Stadt Brilon sehr gut unterstützt und ohne diese Unterstützung könnten wir all das, was wir planen, nicht stemmen. Der Gesundheitsstandort in Brilon ist sehr wichtig. Hier ist viel Industrie angesiedelt, die Fachkräfte aus überall her anzieht. Wenn also eine Familie nach Brilon kommt, muss es Arbeitsplätze für beide Elternteile geben, Betreuungsmöglichkeiten für die Kinder und eben auch eine gute gesundheitliche Versorgung.
Noch einmal zurück zum Thema Hernienbrüche. Kann man die eigentlich vermeiden?
Nein, das geht leider nicht. Nehmen wir beispielsweise den Leistenbruch. Dieser wird oft nur bemerkt, weil man plötzlich eine Beule sieht. Der Bruch kann aber, wenn beispielsweise ein Teil des Darms eingeklemmt wird, sehr schmerzhaft und zu einem akuten Notfall werden. Vermeiden kann man das nicht. Männer sind deutlich anfälliger dafür oder Patienten mit Lungenerkrankungen. Weiterhin kann das Bindegewebe ursächlich für Brüche sein. Das hat mit den Genen zu tun, und die kann man bekanntlich nicht verändern. Das Gute ist, dass wir die Hernien in der Regel minimalinvasiv mit kleinsten Schnitten operieren können, zum Vorteil des Patienten. Da hat sich viel verändert.