Siedlinghausen. Eine Siedlinghausenerin leidet unter Schmerzen, manche Ärzte glauben ihr nicht. Ein Winterberger Arzt sagt, was Patienten dann tun können.
Rita Schumacher hat Angst vor den Schmerzen. Angst, dass ihr Ärzte nicht mehr weiterhelfen können. Vielleicht auch Angst vor dem Alter. Der Mediziner Tim-Henning Förster von der Winterberger Sauerlandpraxis ordnet diese Ängste für die Westfalenpost in einem Interview ein.
Drücken Patienten ab einem Alter von Mitte sechzig oder Anfang siebzig Ihnen als ihrem Hausarzt gegenüber aus, dass sie Angst vor dem Alter und den einhergehenden Krankheiten haben?
Spezielle Ängste vor dem Alter und dazu gehörigem Abbau der körperlichen Leistungsfähigkeit wird von Seiten der Patienten nicht häufig angesprochen.
Wie verbreitet ist die Angst vor Krankheiten (im Alter) Ihrer Einschätzung nach?
Unterschwellig vermutlich gar nicht so selten, wir beobachten aber eher eine Haltung, dass Patienten eher negieren, dass ihre Probleme auch mit dem Alterungsprozess zusammenhängen könnten.
Welche Ängste treiben Patienten in dem Zusammenhang mit dem Altern am öftesten um?
Meist ist es die Einschränkung der Möglichkeit sich selber versorgen zu können und in Abhängigkeit von Dritten zu kommen.
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Wann ist eine Angst vor dem Altern und vor Krankheiten noch normal, wann wird sie für die Patienten ungesund? Gibt es da Kennzeichen oder Merkmale was das Verhalten betrifft an denen man erkennt, dass die Angst zu groß wird?
Das ist sicher individuell sehr unterschiedlich, wenn partout verneint wird, dass Beschwerden auch mit dem fortgeschrittenen Alter in Verbindung stehen könnten, dann kann es durchaus zu Problemen führen. Nicht für alle Beschwerden kann eine Krankheit als Ursache gefunden werden.
Was raten Sie Patienten, die mit übermäßiger Angst vor dem Altern/vor Krankheiten bei Ihnen vorstellig werden?
Mit der Vorstellung ist der erste, wichtige Schritt gemacht, denn nur wer solche Ängste thematisiert, kann sich ihnen auch stellen und versuchen Lösungsstrategien zu entwickeln. Wir können dies dann mit Verordnungen zum Beispiel für Physiotherapie oder Ergotherapie unterstützen.
Ab wann ist eine therapeutische Unterstützung nötig?
Schwer zu sagen, das ist individuell unterschiedlich, wenn sich ein Patient mit Ängsten vor Krankheiten bei uns vorstellt, ist meist schon ein Punkt erreicht, an dem es nötig ist ihn therapeutisch zu unterstützen, sei es medikamentös oder mit anderweitigen Therapien.
Wie können Patienten mit ihrer Angst umgehen? Wie können Sie auch andere Menschen davon überzeugen, dass ihre Ängste real sind und ernstgenommen werden sollten?
Die Ängste müssen zunächst als grundlegende Problematik ausgemacht werden, oft wird Angst als Ursache von Patienten nicht gerngesehen. Die lange Odyssee von Arzt zu Arzt, die aber alle nicht die richtige Lösung finden wird häufiger gewählt, und wer erst mal in diesem Hamsterrad gefangen ist, der nimmt selten einen Ausweg an, der mit hausgemachten Ängsten zusammenhängt.
Wie können Patienten damit umgehen, wenn sie das Gefühl haben, dass ein Arzt sie nicht ernst nimmt? Was können sie sagen oder tun?
Wie leben in einer sehr schnellen Zeit, alles soll Rund um die Uhr greifbar sein, am liebsten auch die Lösung für das eigene Problem. Wenn nun ein Patient damit konfrontiert wird, dass er selbst zur Problemlösung beitragen muss, dann erscheint ihm das gelegentlich, als ob man ihn nicht ernst nehmen würde, dem ist natürlich nicht so. Aber es gibt nicht für jedes Problem eine Pille oder eine sofortige Lösung, besonders nicht in einem medizinischen System das aktuell näher denn je am Abgrund steht.
Können Sie mir Tipps geben, wie man mit der Angst vor Krankheiten oder dem Altern leben kann, wie man sie vielleicht sogar überwinden oder wenigstens ausblenden kann, damit sie einem im Alltag keine Einschränkungen auferlegt?
Schwer, die Ängste vor Krankheiten müssen als Ängste identifiziert werden, sonst wird einen jeder Tipp auch nur weiter in den Sumpf von medizinischen Spinnennetzen treiben und eine Lösung nicht zu finden sein.