Olsberg. Das Josefsheim in Olsberg bietet Menschen mit Behinderung Arbeitsplätze. Politikerin Claudia Middendorf begeistern mehrere Aspekte beim Besuch.

Es könnte der Beginn eines sommerlichen Morgens sein, mit Vogelgezwitscher, das bei einem entspannten Spaziergang durch den Wald begleitet. Der Duft von Holz liegt so deutlich in der Luft, das er problemlos durch die Gesichtsmaske dringt. Während die Nase noch für wohlige Assoziationen sorgt, lassen die Ohren das nicht zu, denn der Lärm ist so laut, dass die Stimme auf Zimmerlautstärke nicht viel zu sagen hat. Nicht etwa im Forst wird gewerkelt, sondern unter anderem an Fräsmaschinen in einer Schreinere in Olsberg, wo Menschen mit Behinderungen aus dem Josefsheim Bigge ihrer Arbeit nachgehen. Jetzt schaute sich Claudia Middendorf, Beauftragte der Landesregierung für Menschen mit Behinderung sowie für Patientinnen und Patienten in Nordrhein-Westfalen, das Angebot an. Sie entdeckte so manches positives Alleinstellungsmerkmal.

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Immer wieder lassen sich große Aufkleber an Wänden, Maschinen und mehr finden, damit klar ist, worum es sich dabei handelt und was gegebenenfalls beachtet werden muss. Sie sind für die Personen gedacht, die nicht lesen können. Die Leiter der unterschiedlichen Bereiche versuchten im Hintergrund zu bleiben und den fleißigen Arbeitern die Chance zu geben, die unterschiedlichsten Aspekte ihrer Tätigkeiten näher zu bringen. Mit einem Hauch Nervosität, aber auch immer einem freundlichen Lächeln im Gesicht geschah das sowohl in der Montagegruppe, als auch in der Schreinerei. Das entging auch der Politikerin nicht. „Die Beschäftigten erzählen hier so motiviert von ihrer Arbeit. Sie sind davon überzeugt, was sie hier tun“. Sie lobt das Arbeitsklima, wo in Gesprächen keine Differenzierung zwischen Menschen mit Behinderung und ohne erkennbar ist. Der Umgang untereinander ist herzlich.

Claudia Middendorf (in rot), Beauftragte der Landesregierung für Menschen mit Behinderung sowie für Patientinnen und Patienten in Nordrhein-Westfalen, schaut sich in der Werkstatt für Behinderte Menschen in Olsberg um und bekommt Einblicke in die Arbeitsabläufe.
Claudia Middendorf (in rot), Beauftragte der Landesregierung für Menschen mit Behinderung sowie für Patientinnen und Patienten in Nordrhein-Westfalen, schaut sich in der Werkstatt für Behinderte Menschen in Olsberg um und bekommt Einblicke in die Arbeitsabläufe. © Kevin Kretzler

Bauschienen für Schiebetüren, Zubehöre, Wipptiere aus Holz für Spielplätze, Holzrollwagen und vieles mehr werden in der Werkstatt zusammengebaut beziehungsweise hergestellt. Die Arbeitsplätze sind behindertengerecht, auch wenn nicht jede Arbeit von einem Rollstuhl aus erledigt werden kann. Damit die Handlungen nicht eintönig werden, besteht auch die Möglichkeit das Aufgabenfeld zu wechseln. „Manche hier haben sich spezialisiert, weil ihnen die Aufgabe einfach liegt“, sagt Andreas Gerke, Gruppenleiter im Holzbereich, „Andere haben beispielsweise großen Respekt vor der freien Säge, sind in dem Bereich befangen und machen lieber etwas anderes.“

Steigendes Auftragsvolumen in Werkstatt für Menschen mit Behinderung in Olsberg

Dass gute Arbeit geleistet wird, zeigt sich auch im Auftragsvolumen. Während zuletzt 5000 Holzrollwagen produziert wurden, gibt es laut Gerke auch schon einen Auftrag für 100.000. „Das ist schon eine andere Hausnummer. Das zeigt: wir sind ein verlängerter Arm der Industrie.“

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Das war während der seit zwei Jahren anhaltenden Pandemie stellenweise auch eine starke Herausforderung im Alltag der Mitarbeiter. Dem monatelangen Lockdown folgten teilweise neue und vielfältige Arbeitsstrukturen, bei denen trotz des partiellen Betretungsverbotes in teilweise personell veränderten Arbeitsgruppen Werkstattleistung erbracht wurde. Trotz dieses Umstandes hat es das Werkstatt-Team in den langen Corona-Monaten geschafft, seine Leistungsfähigkeit für Arbeitgeber aus Industrie, Dienstleistung und Handwerk mit Flexibilität und Kreativität zu erhalten. So konnte auch weiterhin gewährleistet werden, dass die Werkstattbeschäftigten Unterstützung, Beschäftigung sowie Betreuung bekamen, um so ein möglichst eigenständiges Leben zu ermöglichen.

Besuch auf dem Franziskushof in Olsberg

Begeistert war Claudia Middendorf auch vom Franziskushof, einem landwirtschaftlichen Betrieb, der ebenfalls zum Beschäftigungsangebot gehört. Dort werden nicht nur Schweine und Kühe gehalten. Hühner sorgen beispielsweise für ausreichend Eier, die sortiert und verpackt werden müssen. Auch therapeutisches Reiten ist dort möglich, um die kognitive Entwicklung zu fördern. Das gilt nicht nur für Leute aus dem Josefsheim, sondern ist auch für Externe nutzbar. Therapieschafe werden liebevoll mit der Flasche aufgezogen und sind so sehr an den Menschen gewöhnt, dass sie mit der Leine spazieren gehen können. Ideal für Rollstuhlfahrer. „Der landwirtschaftliche Betrieb ist sicherlich auch ein Höhepunkt des Angebots des Josefsheims und ein Alleinstellungsmerkmal“, zeigt sich Middendorf begeistert.

Auf dem Franziskushof in Olsberg können Menschen mit Behinderung in Kontakt mit unterschiedlichen Tieren kommen. Stellenweise werden diese auch zu Therapiezwecken eingesetzt.
Auf dem Franziskushof in Olsberg können Menschen mit Behinderung in Kontakt mit unterschiedlichen Tieren kommen. Stellenweise werden diese auch zu Therapiezwecken eingesetzt. © Kevin Kretzler

Aber auch in der Einrichtung gibt es das altbekannte Problem: Fachkräftemangel. Besonders im Pflegebereich gibt es keine Vollbesetzung. Das ist für die Politikerin nicht neu. „Es muss den Leuten bewusst werden, dass es noch mehr gibt als Seniorenheime und Krankenhäuser, sondern eben auch Arbeit mit Behinderten. Viele möchten nach der Ausbildung aber ins Krankenhaus. Die Behindertenhilfe wird zu wenig gesehen.“ Sie versuche daher schon, in Schulen auf das Thema aufmerksam zu machen. Früh anfange, Präsenz zeigen und auch Praktika anbieten, könnte ihrer Meinung nach eine Hilfe für das Problem sein.

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Das denkt auch Susanne Schepp, die mit Kollegen die Geschäftsfeldleitung der Werkstatt inne hat: „Der soziale Bereich wird oft übersehen. Früher gab es den Zivildienst und die Leute sind dann in dem Bereich hängen geblieben, als sie ihn hautnah erlebt hatten. Das fehlt jetzt. Die Hemmschwelle ist groß in diesen Beruf zu gehen.“