Hochsauerlandkreis. Im Geopark Grenzwelten lässt sich Geschichte beinahe anfassen. Dafür sorgt ausgefeilte Technik, die in Zukunft Landschaften greifbar machen soll.

„Man muss mehr bieten als Steine“, sagt Kim Peis. Sie ist die Leiterin des Geoparks Grenzwelten und versucht unter anderem geologische Phänomene einem Publikum ohne Alterseinschränkungen nahe zu bringen. Keine leichte Aufgabe, denn das Thema mag für manche zunächst trocken wirken. Aber mit Hilfe von modernsten technischen Hilfsmitteln lässt sich Vergangenes sogar hautnah erleben, so als wäre es die Gegenwart.

Lesen Sie auch: Impftermine im HSK: Absagen zwingen Ärzte zum Umdenken

Viele Interessierte haben aber vorher eine ganz andere Frage: „Die höre ich sehr oft. Was ist überhaupt ein Geopark? Er ist vergleichbar mit einem Naturpark. Die sind gesellschaftlich mehr etabliert und bekannter. Wir machen Bildungsarbeit, Umweltbildung mit Schulen und neuerdings einer Kita, setzen uns für Umweltschutz ein und stärken nachhaltige Regionalentwicklung mit Bezügen zur Erdgeschichte und Geologie.“

Geopark Grenzwelten erstreckt sich über den Altkreis Brilon

Das Gebiet ist begrenzt, umfasst allerdings dennoch 3700 Quadratkilometer und erstreckt sich über den Altkreis Brilon, Schmallenberg, Meschede, den Landkreis Waldeck-Frankenberg und Teile von Warburg. Grenzen spielen keine Rolle. Geoparks sind laut Peis oft so groß. Was die Arbeit entsprechend erschwert, denn das Team ist überschaubar. Peis bekommt Hilfe von einer Kollegin der Naturschutzbehörde und setzt sonst auf 20 aktive Geoparkführer, die sich ehrenamtlich engagieren.

Kim Park aus Winterberg leitet den Geopark Grenzwelten.
Kim Park aus Winterberg leitet den Geopark Grenzwelten. © Privat

Dafür gibt es aber auch eine Menge Spielraum, um das Gebiet erlebbar zu machen. „Nur Infotafeln aufstellen und ein paar Flyer aushängen reicht nicht. Es gibt zahlreiche Parks und Touristenregionen hier. Mit denen steht man auch in einem Wettbewerb. Entsprechend müssen wir zukunftsweisend denken“, sagt die 33-Jährige. Das heißt vor allem digital. Zwar gehören Karten, Schulder und Öffentlichkeits weiterhin zu wichtigen Komponenten, aber um alle Zielgruppen anzusprechen muss Peis zeigen, dass es um mehr geht als „totes Zeug und staubigen Knochen.“

Geopark Grenzwelten zeigt Tiere und Natur mit Augmented Reality

Dinosaurier und Vulkane sprechen beispielsweise das junge Publikum sehr an. Mit Augmented Reality (AR) werden die Angebote immer wieder erweitert. Darunter versteht man die computergestützte Erweiterung der Realitätswahrnehmung. Konkret auf den Geopark bezogen scannen Besucher einen QR-Code mit ihrem Smartphone ein und können so über die Kameraansicht Objekte vergangener Tage in der abgebildeten Wirklichkeit sehen. So lässt sich der ausgestorbene Korbacher Dackel, ein Säugetierähnliches Reptil, problemlos außerhalb eines Schildes oder Flyers anschauen. „Das ist einfach eine super Methode, um Sachen zu zeigen, die es nicht mehr gibt, denn was wir zeigen, ist ausgestorben. Wir können sie aber digital zum Leben erwecken. Das Handy hat eh jeder dabei“, sagt die Winterbergerin.

Mit Hilfe von Augmentes Reality lässt sich der Korbacher Dackel, ein ausgestorbenes Reptil, per Smartphone in die heutige Umgebung platzieren.
Mit Hilfe von Augmentes Reality lässt sich der Korbacher Dackel, ein ausgestorbenes Reptil, per Smartphone in die heutige Umgebung platzieren. © Privat

Diese Angebote sollen noch weiter ausgebaut werden. Peis möchte gerne einen Schritt weiter gehen und einzelne Pflanzen zeigen können und Lebewesen. Ganze Landschaftskonstruktionen bis hin zu Zukunftsprognosen, wie sich eine Landschaft entwickeln könnte mit steigender Temperatur auf der Erde wäre ihr Wunsch. Das wäre allerdings mit sechsstelligen Kosten verbunden. Entsprechend wird es noch ein paar Jahre dauern bis es soweit ist.

Informationen im Haus Hövener in Brilon

Seit wenigen Wochen gibt es auch Medienstationen mit vielen Informationen zum gesamten Areal, die sich nach individuellen Wünschen bequem aufs Handy laden lassen. So können Wanderer und Spaziergänger jederzeit schauen, was es gerade spannendes zu erfahren gibt über den Bereich, den sie gerade erkunden. Eine der Stationen lässt sich im Haus Hövener in Brilon finden. In Winterberg wird in Zukunft vielleicht auch noch eine entstehen. Kooperationen sind wichtig. Peis arbeitet eng mit den Kommunen zusammen, die auch sehen, wo etwas gemacht werden kann oder welche Projekte umgesetzt werden könnten.

Mit Hilfe von QR-Codes lassen sich Informationen zum Geopark Grenzwelten ganz einfach auf das Smartphone laden und beim Spaziergang durch den Park oder auf der Couch lesen.
Mit Hilfe von QR-Codes lassen sich Informationen zum Geopark Grenzwelten ganz einfach auf das Smartphone laden und beim Spaziergang durch den Park oder auf der Couch lesen. © Privat

Gerade in der Pandemie gab es viele Anfragen zum Geopark für Peis. Denn dort lässt sich abseits der Menschenmassen gut Zeit an der frischen Luft verbringen. Zum Beispiel an einem der Höhepunkte, den Bruchhauser Steinen. „Vielen Leuten ist gar nicht klar, was es damit auf sich hat. Es ist ein relikter submariner Vulkan“, sagt die Leiterin des Parks. Er hat mitunter den höchsten Schutzstatus. Ein weiteres Highlight ist der Dinosaurier Iguanodon, der sich im Haus Hövener bestaunen lässt. Der Riese hat vor 100 Millionen Jahren seine Spuren hinterlassen, die sich aufzeigen lassen.

Lesen Sie auch: Querdenker-Demo in Brilon: Polizei ermittelt gegen HSK-Szene

Seit 15 Jahren als Geopark zertifiziert

Ein Geopark muss als solcher zertifiziert werden. Dafür ist eine vorherige Prüfung durch die GeoUnion Alfred-Wegener-Stiftung notwendig.

Das Zertifikat muss über die Jahre neu verdient werden. Wichtig ist, dass die Geoparks Vorgaben einhalten und sich immer wieder weiterentwickeln.

Gleichzeitig müssen Arbeiten im Rahmen der Umweltbildung und Öffentlichkeitsarbeit erbracht werden.

Der Geopark Grenzwelten hat mittlerweile seit 15 Jahren erfolgreich die Zertifizierung erhalten.

„Als Geowissenschaftlerin wie mich ist es beeindrucken, dass es so eine Institution gibt. Vorgänge lassen sich verstehen, wenn man den Untergrund und seine Vergangenheit versteht“, sagt Peis, die immer wieder neue Orte im Geopark entdeckt, die etwas besonderes haben. Denn es werden immer neue Geotope oder Themen entdeckt, die in der Region eine Rolle spielen. „Das wird vermutlich nie enden. Es gibt immer etwas zu sehen.“ Und zwar für jeden. Besucher ohne Wissen, mit Grundlagen oder Gästen, die sich mit den wissenschaftlichen Komponenten genau auskennen und den Geopark deswegen gezielt aufsuchen.