Hochsauerlandkreis. Viele parallele Impfmöglichkeiten machen eine stabile Terminplanung in Praxen unmöglich. Manche Ärzte reagieren auf die vielen Terminabsagen.

„Eine stabile Terminplanung wird zunehmend torpediert und ad absurdum geführt“, kritisiert der Allgemeinmediziner Dr. Hans Heiner Decker in seiner Rolle als Bezirkssprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe. Er erklärt, dass Patienten zwischen verschiedensten Impfanbietern hin und herhüpfen mit dem Ziel eine schnellere Boosterimpfung zu ergattern. Das sorgt für Probleme.

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„Wer glaubt, hier besonders wendig zu sein, wird sich und anderen das Leben erschweren“, so. Dr. Decker. Bislang hätten die niedergelassenen Ärzte überwiegend handverlesene und zeitgenaue Termine zum Boostern vergeben. Das gäbe Patienten eine hohe Sicherheit und gleichzeitig Verbindlichkeit mit minimalen Wartezeiten. Ein Kontrast zu anderen Impfstellen, die ohne Termin funktionieren und zum Teil lange Warteschlangen zur Folge haben ohne eine Garantie, dass der Impfstoff auch für alle Interessierten reicht.

Termine absagen führt zur Überlastung des Gesundheitssystems

„Wenn aber - und das ist die erkennbare Tendenz - jetzt das Termin-Hopping wie im letzten Frühsommer wieder Schule macht, ist eine Terminvereinbarung hinfällig“, beklagt der KVWL-Bezirkssprecher, „dann wird dieser Luxus und damit die vielzitierte Niederschwelligkeit des Impfens durch unsolidarisches und egozentrisches Verhalten einiger Bürger beendet und nur noch offenes Impfen aus organisatorischen Gründen angeboten werden können“. Die Folge werde sein, so Dr. Decker, dass dann alle wie auch vor den Impfzentren draußen in den Schlangen stehen und warten müssen. „Was im Sommer vielleicht noch angenehm war, führt jetzt mindestens zu kalten Füßen und damit zur weiteren Überlastung unseres Gesundheitssystems“, erklärt der Mediziner weiter.

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Er spricht von bereits jetzt erkennbaren Umbuchungsquoten von bis zu 30 Prozent, die eine noch weitere erhebliche Belastung des Personals in den Praxen verursachen würden. „Ob dann noch Zeit für die Behandlung von vermeidbar gewesenen Erkältungskrankheiten verbleibt, darf bezweifelt werden“, fürchtet Dr. Decker in einem Schreiben an die Westfalenpost. Das „jetzt erkennbare Fehlverhalten einer Minderheit -und das sind nicht immer nur die Impfskeptiker“ beweise aber auch, dass insgesamt sehr zeitnahe Termine angeboten werden können und somit kein Grund für panisches Umbuchen besteht.

Offene Impfzeiten statt Termine in Winterberg

Um dieser Problematik zu entgehen, wählt die Sauerlandpraxis in Winterbergbeispielsweise einen anderen Weg: „Wir haben ‘offene Impfzeiten’ eingeführt. Wir arbeiten komplett ohne Termine bei den Impfungen, es entfällt das komplizierte Terminmanagement. Sollten am Ende unserer Impfzeiten noch Impfungen übrig bleiben, haben wir eine Liste von Patienten, die flexibel sind und kurzfristig geimpft werden können“, sagt Allgemeinmediziner Tim-Henning Förster. Dass Patienten ihren Termin im schlimmsten Fall verfallen lassen ohne Bescheid zu geben, entfällt auf diesem Wege ebenfalls.

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Zuvor hatte die Praxis mit einer Umbuchungsquote von circa 20 Prozent zu kämpfen und entschied sich deswegen dafür, die Herangehensweise zu verändern. Ein Problem, dass die Mediziner und die medizinischen Fachangestellten noch sehr gut aus dem Frühsommer kennen. „Das hatte die anfallende Arbeit für unsere MFAs deutlich erhöht.“

Mehr Personal, um ausreichend impfen zu können

Dr. Rikardo Mihalic hat in seiner Praxis in Winterberg-Siedlinghausen ähnliches erlebt und hat für seine Impfzeiträume ebenfalls keine Terminvergaben mehr. „Das ist entspannter für die Patienten und auch für uns. Wenn hier 200 Patienten für einen Termin anrufen und dann Absagen kommen, bricht das System hier zusammen. Unsere Regelung funktioniert wunderbar.“

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Der Mediziner holte sich mit Dr. Martina Mertznich noch Unterstützung in die Praxis, die bei den Impfungen hilft. Auch das Praxispersonal musste aufgestockt werden, um dem Andrang gerecht werden zu können. Studenten füllen beispielsweise die Impfzertifikate aus, damit möglichst viele Mitarbeiter beim Impfen helfen können. „Nur so geht das und der Praxisbetrieb kann weiter laufen. Sonst wird das Personal auch krank“, sagt Mihalic.