Brilon/Olsberg. In Brilon und Olsberg steigen 2022 die Gaspreise – und zwar enorm. Die Preisexplosion schockiert die Kunden. Und für Bürger kommt’s noch dicker.

Was sich derzeit abspiele, „hat es die letzten 30 Jahren noch nicht gegeben“, sagt Axel Reuber. So lange ist der Chef der Stadtwerke Brilon im Energiegeschäft zuhause. In der vergangenen Woche gingen rund 2700 Briefe raus aus dem Firmensitz in der Keffelker Straße. Der kommunale Versorger teilte in der vergangenen Woche seinen Kunden die ab Jahreswechsel geltenden neuen Gaspreise mit. Die Post wird manchen vom Stuhl gehauen haben.

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Um satte 40 Prozent wird das Heizen teurer. Für die Kunden der Hochsauerland-Energie (HE), dem kommunalen Versorger von Olsberg, Meschede, Bestwig und Lippstadt, kommt es sogar noch dicker: Die müssen zum Jahreswechsel sogar 54 Prozent drauflegen.

Hochsauerland-Energie hebt die Gaspreise an

Zahlen die HE-Kunden bisher noch 6,13 Cent brutto pro Kilowattstunde (kWh), müssen sie ab Neujahr 9,45 Cent berappen. Die Bestandskunden der Stadtwerke Brilon, die zurzeit noch einen Arbeitspreis von 5,95 ct/kWh zahlen, sind demnächst mit 8,33 Cent dabei.

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Liegen wegen des bei den HE mit 128,52 Euro pro Jahr etwas niedrigeren Grundpreises gegenüber den 142,80 Euro, die die Stadtwerke Brilon in Rechnung stellen, beide Versorger bisher preislich noch recht nah beieinander, öffnet sich zum Jahreswechsel die Schere gewaltig.

Unterschied zwischen Gaspreisen in Brilon und Olsberg

So zahlte zum Beispiel eine Familie mit einem Jahresverbrauch von 20.000 kWh Erdgas bei den aktuellen HE-Preisen 1354,22 Euro und bei den Stadtwerken Brilon 1332,80 Euro im Jahr. Bei gleichem Verbrauch im neuen Jahr wären beim HE-Gas 2018,52 Euro fällig und bei den Stadtwerken Brilon „nur“ 1808,80 Euro.

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Brilons Stadtwerke-Chef kennt natürlich die vielen Gründe für die Preisexplosion. Nach dem Corona-Absturz im vergangenen Jahr zieht weltweit die Konjunktur wieder an, die Volkswirtschaften wachsen, vor allem in dem von Russland belieferten asiatischen Raum. In China habe es einen extrem heißen Sommer gegeben, dadurch sei der Strombedarf für Klimaanlagen in die Höhe geschossen, der durch Kohle- und Gaskraftwerke bedient wurde. Das habe den Kohlepreis befeuert und den Gaspreis mitgezogen. In Brasilien mussten angesichts einer extremen Dürreperiode Gaskraftwerke die ausgefallenen Wasserkraftwerke ersetzen. Und in Europa habe es eine relativ windarme Saison gegeben, sodass einiges an Windstrom durch Gasverstromung ersetzt werden musste. Der Gaspreis, so Reuber, sei im Lauf des Jahres „um den Faktor 6“ gestiegen.

Erdgasgeschäft ist ein sehr volatiler Markt

Wie es im kommenden Jahr mit dem Erdgasgeschäft weiter geht, vermag der Stadtwerke-Chef nicht zu sagen: „Das ist ein sehr volatiler Markt.“ Mit einer Entspannung rechnet er frühestens zur Jahresmitte. Zumindest für die Bestandskunden jedenfalls seien keine weitere Preiserhöhungen geplant.

Aufteilung für den Gaspreis in einem Einfamilienhaus

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft splittet den Gaspreis für ein Einfamilienhaus wie folgt auf:40 Prozent Beschaffung und Vertrieb, 27 Prozent auf Netzentgelte und Messungen sowie 33 Prozent auf Steuern, Abgaben und die CO2-Steuer von derzeit 25 Euro pro Tonne CO2.Die Stadtwerke Brilon geben bei der CO2-Steuer rund 0,5 Cent pro Kilowattstunde an ihre Kunden weiter.

Rund 2700 Kunden beliefern die Stadtwerke Brilon mit Erdgas, die Hochsauerlandenergie hat kreisweit und in Warstein insgesamt 6300 Abnahmestellen. Beide haben auch den sog. Grundversorger-Status. Den erhält der Versorger, mit den jeweils meisten Kunden vor Ort. In der Grundversorgung befindet sich jeder, der sich nicht um günstige Tarife und Wechselmöglichkeiten kümmert. Der muss natürlich nicht frieren, aber er muss mehr zahlen. Bei einem Verbrauch bis 20.000 kWh sind es im neuen Jahr 11,13 statt 8,93 Cent, ab dann 10,66 statt bisher 8,28 Cent fällig. Die Hochsauerland-Energie stellt sogar 13,05 Cent statt bisher 7,10 Cent in Rechnung. Da wird sich doch hoffentlich der eine oder andere der 330 in Bestwig und Olsberg bisher untätigen Verbraucher zu einem Tarifwechsel bewegen.

Stadtwerke Brilon sind Eigentümer des Gasnetzes

Im Unterschied zur HE sind die Stadtwerke Brilon Eigentümer des Gasnetzes. Während die HE also für die Nutzung der Leitungen der Westnetz ein Entgelt abführen muss, können die Stadtwerke Netzentgelte kassieren. Nach Angaben von Axel Reuber sind rund 120 Lieferanten „in unserem Netz aktiv“. Manche haben in der Stadt des Waldes allerdings nur einen einzigen Abnehmer. Über ihre Tochter enno-energie sind die Stadtwerke Brilon, allerdings ebenfalls in sehr überschaubarem Rahmen, selbst auch überregional aktiv.

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Was beim Gas recht ist, ist dem Strom billig sein. Erste Versorger haben ihre Briefe schon verschickt. Auch dort ein Plus von 40 Prozent.