Brilon. Um das Niederschlagswasser aus dem Industriegebiet am Gallberg aufzubereiten, bauen die Stadtwerke Brilon ein Regenklärbecken.
Wenn es über Brilon mal so richtig kübelt, können knapp neun Kubikmeter Niederschlag pro Sekunde vom Gallberg durch die Kanalisation abgeleitet werden. Und damit diese Wassermassen nicht ungebremst die Hunderbecke fluten und von dort in die Möhne gelangen, hat die Stadt dort in den 90ern in der Wiese ein Regenrückhaltebecken angelegt. Wer dort spazieren geht oder Rad fährt, hat es bemerkt: Mitten in der Kuhle steht ein wuchtiger Beton-Quader. Das Bauwerk ist rund 45 Meter lang, 12 Meter breit und 5,5 Meter hoch. Seine Funktion: Demnächst das im oberhalb gelegenen Industriegebiet anfallende Niederschlagswasser zu klären, ehe es in die Hunderbecke gelangt.
Viel landwirtschaftliche Fläche versiegelt
Rund 800.000 Euro investieren die Stadtwerke Brilon in diese Maßnahme zum Gewässerschutz. Als die Stadt Brilon in den 90er Jahren das Regenrückhaltebecken anlegte, steckte das Industriegebiet am Nehdener Weg in seinen Kinderschuhen. Während Egger die Balgert für sich beschlagnahmte, siedelten sich nördlich des Nehdener Weges im Gefolge von Oventrop, Impuls und Puris Bad zahlreiche weitere Betriebe an, Stück für Stück verwandelten sich die landwirtschaftlichen Flächen in versiegelte. Das hat Folgen.
Damals, so Martin Schulte, für das Abwasser zuständiger Fachbereichsleiter bei den Stadtwerken,, sei das Regenrückhaltebecken mit seinen 115 mal 30 Metern und einem Fassungsvermögen von rund 9000 Kubikmetern „großzügig bemessen“ gewesen.
79 Hektar großes Gewerbe-Einzugsgebiet
Mittlerweile sieht das bei 79 an die Entwässerung angeschlossenen Hektar Industriegelände anders aus. Die Niederschläge spülen mehr und mehr Schmutz von den Betriebsflächen und Straßen - etwa den Reifenabrieb - in die Kanalisation. Bis zu 8760 Liter Wasser pro Sekunde lassen die beiden 1,20 bzw. 1,4 Meter dicken Rohre ins Rückhaltebecken durch. Der Abfluss durch das 50-Zentimeter-Rohr ist auf 658 Liter pro Sekunde ausgelegt.
Künftig soll das Rückhaltebecken die Niederschläge nicht nur - so Martin Schulte - „puffern“, sondern auch reinigen. Das Betonbecken besteht aus zwei Kammern, die durch eine sogenannte Tauchwand voneinander getrennt sind. Tauchwand deshalb, weil das Wasser unter ihr „durchtauchen“ muss.
Trenn- und Mischsystem
Die Entwässerung des Industriegebietes nördlich des Nehdener Weges bzw. der B7 erfolgt sowohl im sog. Trenn- wie auch im Mischsystem.Beim Mischsystem werden sowohl das Schmutz- und Brauchwasser wie auch das Niederschlagswasser durch eine Rohrleitung zur weiteren Behandlung in die Kläranlage geführt; das betrifft hier einen kleinen Bereich links und rechts der Zufahrtstraße Hinterm Gallberg oberhalb des Nehdener Weges.Die restliche Fläche bis hin zur gerade bebauten Dollenseite wird per Trennsystem und zwei Rohre entwässert.Dort verlaufen ein 25-Zentimeter-Rohr für Schmutzwasser/Fäkalien und 30 bis 140 Zentimer starke Rohre für Niederschlags- bzw. Oberflächenwasser.
Zum einen hält die Trennwand also etwaige größere, durch die beiden dicken Sammler mitgespülten Schwimmstoffe und - wie bei einem Ölabscheider - und Treibstoffe ab. Was sonst ungefiltert in die Hunderbecke gelangte, wird demnächst hier von der Oberfläche abgeschöpft. Und auch bei Störungsfällen ist diese Funktion hilfreich.
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Denn sollte es im Gewerbegebiet einmal zu Havarien kommen, werden weggespülte Schadstoffe vor Einleitung in die Hunderbecke hier abgefangen. Zum anderen bricht die Tauchwand die Wucht des einschießenden Wassers und strömt verlangsamt in das zweite Becken, die sogenannte Reinigungskammer. Die ist 33 Meter lang, sie hat ein Fassungsvermögen von 842 Kubikmetern und besitzt eine leichte Steigung. Auf diese Weise, erklärt Fachbereichsleiter Martin Schulte, kann sich der mittransportierte Schmodder absetzen und im Auffangkasten sammeln. Der wird dann bei Bedarf einfach entleert.
Gedrosselt in den Vorfluter
Das gereinigte Wasser gelangt dann in das naturnah angelegte Rückhaltebecken und von dort gedrosselt durch ein 50er Rohr in den sogenannten Vorfluter, wie im Fachjargon Bäche, hier die Hunderbecke, bezeichnet werden.
Mit dieser Investition erfüllt die Stadt Brilon die Auflagen des sogenannten „Trenn-Erlasses NRW“. Denn wenn eine Kommune sich die Ausgaben für ein Regenklärbecken sparen möchte, muss sie die Anschlussnehmer dazu verpflichten, verschmutztes Niederschlagswasser auf dem eigenen Gelände hinreichend vorzubehandeln.
Kläranlage für rund 24.000 Einwohnergleichwerte
Eine Entsorgungsfläche von insgesamt 1160 Hektar deckt die benachbarte Kläranlage des Ruhrverbandes ab. Die bereitet das häusliche und restliche gewerbliche Abwasser aus der Kernstadt, aus Altenbüren und Wülfte auf. Sie ist auf eine Kapazität von 24.000 Einwohnern bzw. Einwohnergleichwerten ausgelegt. Wegen ihrer Lage am Quellfluss der Möhne hat sie für den Ruhrverband „eine herausragende wasserwirtschaftliche Bedeutung“.
Im Schnitt fließen dort pro Tag etwa 5700 Kubikmeter. Zu ihr gehören auch die jenseits der B7 liegenden Anlagen. Die bestehen aus dem Regenüberlaufbecken aus Beton, das der Ruhrverband betreibt, und dem anschließenden offenen Regenrückhaltebecken der Stadtwerke. Dort werden bei starken Niederschlägen die Wassermassen aus dem Stadtgebiet aufgefangen und dosiert direkt in die Hunderbecke abgelassen.
2016 hatte die Stadt Brilon die Hunderbecke renaturiert und das bis dahin gerade verlaufende Bett von der Kläranlage bis zur Einmündung in die Möhne im Bereich der B480/Fünf Brücken in Mäander gelegt.