Winterberg. Seit Jahren wird die ehemalige Sekundarschule in Winterberg-Siedlinghausen nicht mehr genutzt. Jetzt gibt es vier mögliche neue Verwendungszwecke

„Schule der Zukunft - Bildung für Nachhaltigkeit“ steht auf dem Banner in der Aula der ehemaligen Sekundarschule Medebach-Winterberg in Siedlinghausen. Zukunft ist dort seit zwei Jahren ein Wort ohne nähere Definition, denn vor zwei Jahren verließ der letzte Schüler das Gebäude. Seitdem hat es keinen genauen Verwendungszweck mehr. „Das Gebäude hier ist so etwas wie eine Wunde für die Siedlinghäuserinnen und Siedlinghäuser“, sagt Thorsten Klafft vom Büro nonconform, das die Konzeptionierungsphase koordiniert. Gemeinsam sammelte die Firma mit Bewohnern Ende Mai im Rahmen eines Beteiligungsprozesses Ideen für eine Weiternutzung. Dabei wurden auch das Haus des Gastes, die Grundschule und die ehemalige Gärtnerei Jürgens sowie der Kurpark in den Blick genommen. Jetzt stellte Klafft rund 70 Gästen vier Szenarien für die Gebäude , die aus den Ideen entstanden sind, mit Vor- und Nachteilen vor.

Im Mai wurde die Sekundarschule mit Standort in Siedlinghausen zu einer Ideenwerkstatt, wo Bürger gemeinsam überlegten, wie der Standort künftig genutzt werden könnte.
Im Mai wurde die Sekundarschule mit Standort in Siedlinghausen zu einer Ideenwerkstatt, wo Bürger gemeinsam überlegten, wie der Standort künftig genutzt werden könnte. © Stefanie Bald

Das Zukunftszentrum Siedlinghausen soll dabei möglichst acht Leitplanken einhalten, die erarbeitet wurden:

Ein Mehrwert für alle soll entstehen,

Das Miteinander soll mit der neuen Nutzung gefördert werden,

Eine Identität für den Ortsteil soll geschaffen werden, der auch Strahlkraft nach außen hat,

Es soll Potenzial für Weiterentwicklung geben,

Ein multifunktionaler und lebendiger Ort soll entstehen,

Eine Verknüpfung mit bestehenden Elementen im Ort entsteht und keine Konkurrenzsituation,

Das Szenario wird kooperativ mit der Beteiligung aller entwickelt,

und es trägt sich finanziell selbst.

Bei ersten Ideen waren die Themen Mobilität, Arbeit, Bildung, Gesundheit, Freiraum und Begegnung bestimmend für die Zukunft des Schulgebäudes in Siedlinghausen.
Bei ersten Ideen waren die Themen Mobilität, Arbeit, Bildung, Gesundheit, Freiraum und Begegnung bestimmend für die Zukunft des Schulgebäudes in Siedlinghausen. © Stefanie Bald

Szenario 1

Die Sekundarschule würde in dieser Version an einen Investor verkauft werden. Damit würde die finanzielle Last von der Stadt fallen und gleichzeitig gäbe es kein Risiko, weil nichts neues entwickelt werden muss. Der erlös bietet wiederum Spielraum. Der Nachteil ist allerdings die fehlende Kontrolle, wenn es um die Neunutzung der Immobilie durch den Investor geht.

Lesen Sie auch: Das erwartet Besucher im Ferienpark Landal in Winterberg

Szenario 2

Hier würde die Grundschule in die Räumlichkeiten der Sekundarschule ziehen. „Schule bleibt Schule“ nennt Thorsten Klafft diese Variante. Im jetzigen Grundschulgebäude könnten Wohnungen zwischen 55 und 100 Quadratmetern entstehen. Im Haus des Gastes, das derzeit noch als Ganztagsbetreuung von der Grundschule genutzt wird, könnten Co-Working-Bereiche entstehen. Also mietbare Räume, die zum arbeiten genutzt werden. Beispielsweise, wenn es in den eigenen vier Wänden keine Möglichkeit gibt für ein Homeoffice. Auch Ateliers könnten zusätzlich dort Platz finden. Die unterschiedlichsten Angebote, wie Yoga und Kunstangebote, die derzeit in der Sekundarschule ausprobiert werden, könnten dann im Haus des Gastes stattfinden. Das OGS-Angebot der Grundschule könnte ebenfalls in der Sekundarschule stattfinden.

Lesen Sie auch: Briefwahl verzerrt im HSK Blick auf politische Gesinnung im Dorf

„In den Wünschen ging es auch darum, mehr Leben in die Sekundarschule zu bekommen. Mehr Belebung als einen regelmäßigen Schulbetrieb kann ich mir nur schwer vorstellen“, sagt Klafft. Problematisch an diesem Szenario ist, dass das Gebäude der Sekundarschule nicht nahtlos den Anforderungen einer Grundschule gerecht werden kann. Die Bausubstanz ist sanierungsbedürftig.

Ein Lageplan mit der derzeitigen Nutzung des Zukunftszentrums Siedlinghausen. Unter anderem wird Yoga angeboten und in einem offenen Atelier können sich (Hobby-) Künstler ausleben.
Ein Lageplan mit der derzeitigen Nutzung des Zukunftszentrums Siedlinghausen. Unter anderem wird Yoga angeboten und in einem offenen Atelier können sich (Hobby-) Künstler ausleben. © Kevin Kretzler

Szenario 3

In dieser Variante wird das Sekundarschulgebäude für die öffentliche Nutzung im Rahmen eines Co-Working-Ortes zur Verfügung gestellt. Auch das Angebot aus dem Haus des Gastes soll zum Teil dann in dem Gebäude Platz finden. In der ehemaligen Gärtnerei Jürgens entsteht Wohnraum für mehrere Generationen. Der Schulhof könnte dafür geöffnet werden, um einen Überschlag über den Fluss als Verbindung schlagen zu können. Das OGS-Angebot zieht auch in diesem Szenario in die Sekundarschule. Im neuesten Anbau könnte beispielsweise ein Pflegedienst ansässig werden, um eine direkte Verbindung zum Mehrgenerationenwohnen entstehen zu lassen. Im oberen Stockwerk wären Studentenwohnungen von 60 bis 70 Quadratmeter denkbar. Das Haus des Gastes wird dann eine Anlaufstelle für das Ehrenamt mit Vereinsräumen und Ateliers. Dort sollen die Bedarfe des Ortes abgedeckt werden.

Sandra Ritter betreut das offene Ateliers in der ehemaligen Sekundarschule in Siedlinghausen. Eine von mehreren Nutzungsmöglichkeiten im Gebäude derzeit.
Sandra Ritter betreut das offene Ateliers in der ehemaligen Sekundarschule in Siedlinghausen. Eine von mehreren Nutzungsmöglichkeiten im Gebäude derzeit. © Kevin Kretzler

Szenario 4

Die Sekundarschule wird für betreutes Wohnen genutzt und für die OGS. Der Aspekt der belebten Nutzung wird so betont. Gemeinschafts- und Co-Working-Räume können dann ebenfalls noch untergebracht werden. In diesem Szenario müsste dann womöglich über einen Aufzug nachgedacht werden. Das Haus des Gastes ist in dieser Variante erneut ein Ort der Gemeinschaft. Die Betreuung von Kleinkindern könnte dort vielleicht ebenfalls integriert werden.

Rund um die Bühne der Aula sind Pflanzen aufgestellt. Sie symbolisieren Keimlinge bzw. Ideen, die im Zukunftszentrum umgesetzt wurden und weiter verfolgt werden, damit sie wachsen können. Unter anderem wird Opfern der starken Regenfälle im Sommer diesen Jahres geholfen. 
Rund um die Bühne der Aula sind Pflanzen aufgestellt. Sie symbolisieren Keimlinge bzw. Ideen, die im Zukunftszentrum umgesetzt wurden und weiter verfolgt werden, damit sie wachsen können. Unter anderem wird Opfern der starken Regenfälle im Sommer diesen Jahres geholfen.  © Kevin Kretzler

So geht es weiter an der Schule in Siedlinghausen

In einem nächsten Schritt muss jetzt die Wertigkeit der Objekte geprüft werden. Das soll die Basis für zukünftige Entscheidungen darstellen. Der Stadtrat muss allerdings die Mittel für diese Gutachten auch vorsehen. Dafür ist eine Zustimmung für den Haushalt 2022 notwendig. Die Fertigstellung der Gutachten wird bisher mit dem zweiten Quartal des kommenden Jahres angegeben.

Lesen Sie auch: Bundestagswahl 2021 im HSK: Das Wichtigste im Überblick

Wichtig dabei ist die Finanzierung, denn der Stadt Winterberg sind durch Corona 50 Prozent der Gewerbesteuereinnahmen im vergangenen Jahr weggebrochen. Außerdem hat die Bundesregierung einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter ab 2026 auf den Weg gebracht. Falls Maßnahmen getroffen werden müssen, um diesen Anforderungen gerecht zu werden, müssen diese auch bis zum Jahr 2026 abgeschlossen sein. Das könnte die Stadt ebenfalls Geld kosten.

Die Steuerungsgruppe

In der Steuerungsgruppe, die sich näher mit den Szenarien befassen soll, sind folgende Personen:

Ortsvorsteher Michael Mingeleers, Ortsheimatpfleger Reinhard Becker, ein Vertreter/in des Gewerbevereins, des Verkehrsvereins und der Initiative Zukunftsprojekt Siedlinghausen, sowie jeweils ein Vertreter/in der Parteien CDU, SPD, FDP und FWG, Bürgermeister Michael Beckmann, drei Vertreter der Verwaltung (in beratender Funktion), ein Vertreter/in des zentralen Gebäudemanagements, der Grundschule und das Quartiersmanagement vertreten durch Julia Aschenbrenner.

Angeregt wurde, dass auch ein Vertreter/in des neu gegründeten Seniorenbeirats dazustößt, sowie eine junge Person, beispielsweise ein Schüler oder eine Schülerin und die Kitaleitung.

Die Steuerungsgruppe (siehe Infobox) soll in der Zwischenzeit die einzelnen Szenarien mit Blick auf die acht Leitplanken bewerten. Ein erstes Treffen soll im vierten Quartal diesen Jahres stattfinden. Falls notwendig ist ein weiteres im ersten Quartal 2022 denkbar. Ein weiteres Treffen soll nach den erstellten Gutachten erfolgen. Die Entscheidung soll Mitte 2022 fallen. Anschließend wir der Vorschlag dem Stadtrat vorgelegt, der sich ab dem dritten Quartal 2022 mit dem Thema beschäftigen soll.

Die ersten Weichen für die Zukunft sind gestellt. Eine Orientierungsmöglichkeit mit Lösungsvorschlägen liegt vor. Sie sind aber nicht verbindlich. Wie genau die Pläne aussehen, wird sich erst im kommenden Jahr zeigen, wenn notwendige Beratungen und Gespräche geführt worden sind.