Warstein. Er kam, sprang und siegte: Philipp Winkelhaus aus Münster hat den Großen Preis in der Warsteiner Champions Trophy gewonnen. Vor dem Hallenreiturnier kannte kaum jemand diesen Nobody. Doch spätestens seit Samstagabend ist der 25-Jährige ein Begriff für die Konkurrenz. Winkelhaus legte auf Aragorn W ein Meisterstück ab und erhielt für seinen insgesamt zehnten Sieg in einem S-Springen das Goldene Reitabzeichen.
Als der Goldene Reiter trägt sich Philipp Winkelhaus in die Geschichte der Champions Trophy ein. Zu so einer Erfolgsstory gehört im Reitsport immer auch das kleine Quentchen Glück. Der Westfale konnte es erst im allerletzten Moment fassen und anschließend nach den Sternen greifen.
Denn der Topfavorit und Titelverteidiger Gert-Jan Bruggink patzte mit seinem sonst stets zuverlässigen Wunderpferd Cash Junior am letzten Hindernis des Stechens. Der "Fliegende Holländer" und sein Vierbeiner verloren die schon sicher geglaubte Führung bei ihrem zeitschnellsten Ritt, weil Cash Junior in allerletzter Sekunde noch mit den Hinterpfoten die Stange touchierte.
Das Rundholz fiel zu Boden, vier Strafpunkte für den Abwurf. Der Sieg für den Niederländer war futsch. Im Finish einer dramatischen S***-Prüfung fiel Gert-Jan Bruggink auf den fünften Platz zurück. "Traurig, schade, aber so ist das im Reitsport. Natürlich fühlen sich Siege immer besser an", sagte der 32-Jährige noch während der Ausrittrunde in der Abreitehalle.
Winkelhaus bangte in Abreitehalle um seinen Erfolg
Philipp Winkelhaus hingegen konnte zu diesem Zeitpunkt endlich durchatmen und seinen Sieg feiern. Minutenlang war er nebenan, hinter dem verschlossenen Vorhang zwischen Abreitehalle und Parcorus hin und her gelaufen und bangte um seinen Triumph.. "Ich schaue nie zu, was die anderen im Springen noch machen", sagte der neue Warsteiner Champion später in der Pressekonferenz.
Großer Preis der Champions Trophy in Warstein
Der junge Mann vom RV Albachten im Münsterland musste in dem spannenden Stechen mit elf Reitern schon als zweiter Teilnehmer vorlegen. Winkelhaus tat dies bravourös mit einer Nullrunde in 32,62 Sekunden. Drei weitere Anwärter mit null Fehlern folgten, darunter auch Ulrich Schröder vom Reitverein Warstein auf Canchita, aber keiner kam annähernd an die Zeit von Philipp Winkelhaus.
Am Vorabend hatte Bruggink noch knapp gewonnen
Nur Gert-Jan Bruggink hätte ihm den Titel noch vor der Nase wegschnappen können. Doch im Finish des Krimis beim WCT-Finale erlebte diesmal Philipp Winkelhaus das Happy-End, nicht Bruggink. Eine umgekehrte Duplizität der Ereignisse vom Vorabend. Da hatte der Holländer den Westfalen im S**-Springen um vierhunderstel Sekunden noch auf Distanz gehalten.
Platz 2 im Großen Preis am Samstag ging an Andreas Kreuzer auf Dakata vd Knuffel (0/35,24 Sekunden) vor Denis Sulze mit Flotte Deern (0/35,41) und dem Viertplatzierten Lokalmatador Ulrich Schröder auf Canchita (0/41,82).
Winkelhaus feiert eine große Party - Bruggink traurig über verpatzten Sieg
„Ja, das wird wohl eine Party geben“, prognostizierte Philipp Winkelhaus, der Sieger im Großen Preis, nach dem Springen mit einem breiten Lächeln. Wodka komme im Siegesrausch bei solchen Anlässen meistens auf den Tisch, war aus seinem Umfeld zu hören. Kein Wunder, denn: "Das ist hier ganz klar einer meiner größten Erfolge. Das ist schon toll, bei so einem Turnier zu gewinnen“, unterstrich der junge Berufsreiter aus Münster.
Zehnter Sieg in einem S-Springen von Philipp Winkelhaus
Besonders schön für ihn war der zehnte Sieg in einem S-Springen. Zur Belohnung bekommt der 25-Jährige nun das Goldene Reitabzeichen. Für einen Triumph, den der Westfale mit einem Pferd aus Holstein errungen hat. Seit knapp zwei Jahren bildet Winkelhaus seinen Aragorn W auf der Station Holkenbrink aus. Erworben hatte er den schon 14 Jahre alten Hengst einst von der Hengststation in Handorf. Ein Glücksgriff!
Andreas Kreuzer mit Stute Dakata auf einem guten Weg
Das musste auch der Zweitplatzierte Andreas Kreuzer nach dem Husarenritt von Winkelhaus eingestehen: „Philipp ist wirklich alles geglückt, jede Linie und jede Wendung.“ Kreuzer selbst saß im Sattel der zehnjährigen belgischen Stute Dakata vd Knuffel und ging mit ihr volles Risiko: "Mir war klar: Entweder gewinne ich alles oder Philipp bleibt vorn. Es war schwer, an die vorgelegte Zeit heranzukommen." Zum Vergleich: Am Ende triumphierte Winkelhaus mit einer Nullrunde in 32,62 Sekunden gegenüber der 35,41 Sekunden von Kreuzer klar.
Bereiter auf der Anlage von Bundestrainer Otto Becker
Erst seit Juni 2012 sind der 22-jährige Springreiter und die Pferdedame Dakata ein Team. „Und die Abstimmung wird immer besser“, kommentierte Andreas Kreuzer sein Abschneiden. Der Bereiter auf der Anlage von Bundestrainer Otto Becker bekam die 10-jährige Stute aus dem Stall von Sarah Nagel-Tornau (Attendorn). Kreuzer: "Sarah hat gute Grundarbeit geleistet. Der zweite Platz hier in Warstein ist ein Motivationsschub für die Außenturniere." Balve und Werne stehen nach Ostern für Kreuzer als erste auf dem Programm.
Dritter Platz für Denis Sulz an ihrem 25. Geburtstag
Ein „Wildfang“ ist die elf Jahre alte Hannoveraner Stute Flotte Deern von Denise Sulz. Die Tochter von For Pleasure – dem einstigen Erfolgspferd von Sulz-Trainer Marcus Ehning – ließ die Reiterin an ihrem 25. Geburtstag jedoch nicht im Stich. In schnellen 35,41 Sekunden und ohne Fehler sprang das Paar auf den dritten Platz im Großen Preis.
Insgesamt elf Startern gelang der Sprung in das Stechen der mit 18.000 Euro dotierten Hauptprüfung an den drei Turniertagen in Warstein. Titelverteidiger Gert-Jan Bruggink hatte einen erneuten Erfolg auf Cash Junior schon vor Augen, bis am letzten Ochser doch noch eine Stange fiel. "Ein bisschen traurig" sei er über die verpatzte Chance, sagte Bruggink später.
Gert-Jan Bruggink hätte Geschichte schreiben können
"Siege fühlen sich immer besser an. Schade, aber so ist das eben im Reitsport. Mit einem Erfolg hätte der sympathische Holländer zweimaliger Double-Gewinner (Sieg im S**-Springen am Freitag und S***-Springen am Samstag) werden können. Das wäre einmalig gewesen in den Analen der 13 Champion Trophys.
Hartwig Sellmann
Ulrich Schröder und Lena Pollmann-Schweckhorst die Asse aus Warstein
Noch nie soweit nach vorne geritten im Großen Preis der Champions Trophy ist Ulrich Schröder vom Warsteiner Reitverein. Platz 4 nach zwei Nullrunden auf Canchita - da strahlte selbst ein sonst eher in sich gekehrter Reiter. "Ich habe ein tolles Pferd", sagt Schröder über die 9-jährige Holsteiner Stute aus dem Stall von Uli Volkhausen in Lemgo. Rund ein Jahr lang hat Schröder Canchita bei sich daheim in Waldhausen aufgebaut. Nun ernteten beide die Früchte ihrer Arbeit.
Mit Canchita beginnt Vorbereitung auf die grüne Saison
Etwas mehr Speed im Stechen, dann wäre der 46-Jährige mit Canchita sogar in die Top drei gesprungen. Doch Uli Schröder wollte sein Pferd nicht überstrapazieren: "So einen schweren Parcours sind wir vorher noch nie gegangen. Ich habe lieber das Tempo herausgenommen und bin auf Sicherheit geritten."
Erst einmal in seiner Laufbahn hat Schröder ein S***-Sterne-Springen gewonnen: "Das war mal in der Nähe von Neheim." Mit Canchita könnte es auf absehbare Zeit wieder klappen. Beide werden nach der Osterpause mit der Vorbereitung auf die grüne Saison beginnen. Erste Turnier-Stationen sind Werne und Balve. Explizite Ziele hat Uli Schröder im Sommer nicht: "Wir nehmen es, wie es kommt. Vordere Platzierungen wären natürlich schön."
Lena Pollmann-Schweckhorst der neue Stern am Reiterhimmel
Mit Lena Pollmann-Schweckhorst vom Warsteiner RV ging ein neuer Reiterstern bei der Champions Trophy auf. Sogar den Großen Preis nahm sie nach einem vierten und zweiten Rang in den vorherigen S**-Springen noch dankbar mit. Natürlich in Absprache mit Papa Alois, der vor seinem Krankenbett in Frankfurt aus immer telefonischen Kontakt zu seiner Tochter hielt. "Eigentlich hatte ich mir nur die kleinen Prüfungen mit Cesanna vorgenommen, aber dann hat Papa auch grünes Licht für den Großen Preis gegeben", berichtete Lena nach den drei aufregenden Turniertagen.
Finale der Warsteiner Champions Trophy
Zwei Abwürfe kosten Lena die Teilnahme am Stechen
Zwei Abwürfe am Steilsprung und Ochser zerstörten ihren Traum von der Qualifikation für das Stechen. "Ich bin nicht gut genug geritten. Die zwei Fehler nehme ich definitiv auf meine Kappe." Ansonsten aber war die 18-Jährige rundum zufrieden: "Für mich ist es bis auf den Großen Preis super gelaufen. Warstein ist immer ein sehr schönes Turnier. Ein tolles Gefühl, wenn du in eigener Halle gegen Konkurrenten aus der Weltspitze reiten darfst. Ich freue mich schon auf das nächste Mal." Dann will auch Papa Alois Pollmann-Schweckhorst wieder am Start sein und gemeinsam mit Lena die 14. Warsteiner Champions Trophy reiten.
Hartwig Sellmann
Alle Infos zur 13. Warsteiner Champions Trophy