Hagen. Die Wurzeln des Basketball-Klubs Phoenix Hagen liegen 20 Jahre zurück. Einer, der einst maßgeblichen Anteil an der Gründung hatte, erzählt, wie es losging.
Wenn das Team von Phoenix Hagen bei den Playoffs im Halbfinale aus dem feurigen Spielertunnel der Ischelandhalle einläuft, dann ist einer ganz nah dabei: Thomas Haensel, Inhaber von vier Dauerkarten, wird auf seinem Platz auf der Tribüne hinter dem Korb sitzen. G-Block, Reihe 3. Da, wo die Spieler herauskommen und eintauchen in diese brodelnde, in diese einzigartige Arena, die den Basketball-Standort Hagen zu einer Art St. Pauli der Basketball-Szene macht. „Da, wo ich Blickkontakt mit dem Trainer aufnehmen kann“, sagt Haensel und lächelt.
Diese Playoff-Teilnahme, dieses Halbfinale, ist ohne Zweifel ein Erfolg. Und Haensel, aufgewachsen im Sauerland, einst aus Tübingen nach Hagen gekommen, Pfarrer, lange Jahre Geschäftsführer des Diakonischen Werks, und heute Chef für den Bereich Bildung bei der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer, ist - wenn man so möchte - ein Gründungs-Vater dieses Erfolgs. Einer, der großen Anteil daran hat, dass das Projekt Phoenix Hagen überhaupt zum Leben erweckt werden konnte, daran, dass es heute in einer krisengeplagten Stadt überhaupt noch Profi-Basketball gibt.
Schöne Phoenix-Erinnerungen
Es sind Erinnerungen, die wieder hochkommen. Zu einem Jubiläum, das mit einem Sondertrikot, auf dem alle Spieler, die jemals für Phoenix aufgelaufen sind, verewigt wurden, gefeiert wurde. Schöne Erinnerungen vor allem und einige nicht ganz so schöne. Erinnerungen, die ihren Anfang nehmen, als Haensel, selbst nie aktiver Basketballer in einem Verein, selbst gerade erst ein paar Jahre in Hagen lebte.
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„Ich erinnere mich noch an das letzte Spiel von Brandt Hagen, das der Verein, der im Grunde schon pleite war, in Leverkusen ausrichten durfte“, sagt Thomas Haensel. Das Geld für die Miete der Körnighalle in Dortmund, die als Erstliga-Spielstätte statt der zu kleinen Ischelandhalle auserkoren worden war, reichte nicht mehr. „Bankvorstand Gerd Reibert hatte mir seine Karten überlassen. Ich stand mit Axel Funke, der die Volme-Galerie realisiert hatte, in einem VIP-Bereich, der mit rot-weißem Flatterband markiert war. Und er sagt nur: ,Oh, da sind wir ja schon zu zweit.‘“
Als die Brandt-Pleite feststand
Das Projekt Brandt, der Verein Brandt - all das war gescheitert. Die finanzkräftigen Sponsoren hatten sich im Herbst 2003 abgewandt. Und als an Weihnachten Hagener Basketballvereine zu einem Termin eingeladen hatten, bei dem darüber diskutiert werden sollte, wie es mit dem Profi-Basketball in der Stadt weitergeht, kamen zwar rund 100 Besucher in die Ischelandhalle. „Aber eine gute Idee hatte niemand“, erzählt Haensel, der - wie er selbst sagt - als interessierter Laie die Veranstaltung besucht hatte.
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Man kannte sich aus dem Feuervogel, der Sportbar, die seinerzeit noch dort beheimatet war, wo sich heute mit dem Saxx-Hotel Hagens erste Adresse befindet. Haensel und die Basketball-Funktionäre. Und weil die in dem Geistlichen offenbar eine Integrationsfigur sahen, jemanden, der zwischen Interessen neutral vermitteln kann, klopfte es einige Wochen später an Haensels Bürotür: „Vertreter von BG, von Boele-Kabel und von SV Haspe 70 hatten sich über mein Sekretariat einen Termin geben lassen.“
Hilfe für Funktionäre in der Not
Haensel tat, was ein guter Pfarrer immer tut. Er hilft Menschen in ihrer Not. In diesem Fall Basketball-Funktionären, die sich auf nichts einigen können. „Ich habe zugestimmt und gleichzeitig feste Regeln auf eine Flipchart geschrieben. Eine davon war: Nichts dringt an die Öffentlichkeit, bis wir ein fertiges Konzept haben“, sagt Haensel. „Die zweite lautete: Kein Verein für sich tritt die Nachfolge von Brandt an, sondern wir arbeiten an einer gemeinsamen Lösung.“
Diese Lösung ist eine GmbH für den Profisport. Eine, in der der Sport aber das letzte Wort haben soll, weil der Vorsitzende des Aufsichtsrats die Gesellschafter überstimmen kann. Und zu dem sollte Haensel - damals 42 Jahre alt - zu seiner eigenen Überraschung selbst bestimmt werden. „Ich kam aus der Nummer nicht mehr raus.“
Märkische Bank ist der erste Sponsor
Die Märkische Bank ist der erste Sponsor, der Unterstützung zusagt. „Das war für uns ein Türöffner“, sagt Haensel. Weitere Hagener Unternehmen sagen Hilfe zu. „Und dann kam Matthias Grothe und hat sich einen Termin bei mir geben lassen. Er sagte: Ich habe ein Konzept. Du musst mir einen Vertrag geben.“
Grothe ist der erste Spieler eines Teams, das zu diesem Zeitpunkt als solches noch nicht existierte. Er sollte später Kapitän und über Jahre zur prägenden Figur werden. Zu einer Ikone, deren Trikot noch heute neben dem von David Bell und Bernd Kruel unter der Decke der Ischelandhalle hängt. „Seine Idee passte zu dem, was wir uns vorgenommen hatten: eine Mannschaft mit Spielern aus der Region“, so Haensel, „es sollten nicht immer nur alle sagen, dass Hagen eine Basketballstadt ist. Wir wollten so auch zeigen, dass junge talentierte Sportler aus Hagen und Umgebung eine echte Chance verdienen. Dietmar Günter und seine Frau, deren drei Söhne ja alle für Phoenix gespielt haben, waren da gute Ratgeber.“
Haensel kauft vier Dauerkarten
Grothe ist der erste Spieler, Haensel selbst nicht nur Vorsitzender des Aufsichtsrats, sondern einer der ersten Fans. „Ich habe vier Dauerkarten gekauft“, sagt er, „ich wollte mir nicht nachsagen lassen, dass ich auf Kosten von Phoenix auf der Tribüne sitze.“
Phoenix - da war ja noch die Sache mit dem Namen: „Brandt hatte ja im wahrsten Sinne verbrannte Erde hinterlassen“, sagt Haensel, „da lag die Sache mit dem Phoenix ja nahe. Und die Vereinsfarben sind letztlich eine Liebeserklärung an die Stadt. So haben wir uns gesehen - als Botschafter für Hagen.“
Phoenix als Botschafter für Hagen
Und als Botschafter in Hagen. „Es war schon berührend, wie viele Menschen sich in der Phoenix-Familie engagiert haben“, sagt Thomas Haensel. „Ehrenamtlich - ohne einen Cent zu bekommen. Wir haben es geschafft, ein Teil der Stadtgesellschaft zu werden. Henning Harnisch von Alba Berlin ist nach Hagen gekommen, um sich mit uns darüber auszutauschen. Im Anschluss haben die Berliner eigens jemanden eingestellt. Das war immer der Unterschied - andere Vereine konnten viel über Geld lösen. Wir nicht.“
Am Donnerstag wird Thomas Haensel wieder im G-Block sitzen. Da, wo die Spieler aus dem Tunnel herauskommen und eintauchen in diese brodelnde, in diese einzigartige Arena. Das Halbfinale ist der größte Erfolg für Phoenix seit dem Abstieg aus der ersten Liga. Und ohne ihn, einen der Gründungsväter, hätte es dieses Projekt nie gegeben.