Hagen. In der Bahnhofstraße in Hagen will sich eine niveauvolle Adresse für Kunst zum Staunen, Genießen und Kaufen etablieren.
Als die legendäre Kult-Kneipe „Feuervogel“ noch in der oberen Bahnhofstraße ihrem Ruf eines gemütlichen Magneten im Hagener Nachtlebens gerecht wurde, galt die mehrgeschossige Immobilie neben der Deutschen Bank bereits als Treffpunkt für Genießer. Ein Image, das das dort inzwischen ansässige Saxx-Hotel auf deutlich gediegenerem Niveau seit drei Jahren zurückerobert. Mit einer Mischung aus Kunst, Kulinarik und Kuscheln – das darf bei einem Beherbergungshaus sicherlich unterstellt werden – möchte Geschäftsführer und Immobilien-Investor Udo Krollmann jetzt einen „besonderen Touch des Wohlfühlens“ inszenieren. Mit der Expertise des Ex-Osthaus-Museumsdirektors Tayfun Belgin und unter der organisatorischen Regie von Operation-Managerin Janine Schneider wird dort am Mittwoch, 15. Mai, in Anlehnung an die postalische Anschrift die „Galerie 9“ eröffnen. Eine kleine, aber feine Anlaufstelle für Kunstliebhaber, die in gehobenem Ambiente sich den Werken von ausgesuchten Künstlern nähern wollen, die ansonsten rund um den Erdball unterwegs sind und bevorzugt die musealen Auftritte suchen. Zur Eröffnung präsentiert ab 18 Uhr unter dem Titel „Lasst hundert Blumen blühen“ der chinesische Künstler Ren Rong eine Auswahl seiner Werke.
Weitere aktuelle Themen aus Hagen:
- Aufgeflogen: Werkstatt leitet Betriebsstoffe ins Erdreich
- Grünes Licht für ein weiteres Neubaugebiet auf der grünen Wiese
- Fotostrecke zum Besuch des Anzeigenhauptmeisters in Hagen
- Schrott-Brücke „Ebene 2“: Es wird noch schlimmer
- Der lange Arm der Mafia reicht bis ins Breckerfelder Angelparadies
- 300.000 Euro: Hagener Notärztin muss bei vollem Gehalt zu Hause bleiben
Kunst-Gegenpol abseits der Metropolen
Vieles, was heute auf dem großen zeitgenössischen Kunstparkett abläuft, wird nicht mehr unbedingt als förderlicher Dienst an der Kunstwelt wahrgenommen: Wo Milliarden bewegt werden, dominieren Business und vorzugsweise die großen Auktionshäuser in den Metropolen. An dieser Stelle möchte Krollmann mit seiner „Galerie 9“ einen schillernden Gegenpol in der Kulturprovinz setzen, der zugleich als kultivierte Künstlerunterkunft dient und potenziellen (Kauf-)Interessenten einen exklusiven Rahmen für Kommunikation und Genuss bietet: „Außerhalb des 08/15-Lebens werden wir in Hagen ein Angebot machen und zugleich einen Ort zum Wohlfühlen schaffen“, blickt Krollmann nicht bloß auf die neuen Gastroräume seiner Hagener Hotellerie auf der Eingangsebene, sondern vor allem auf die neuen Multifunktionsräume im ersten Obergeschoss des Hauses. Eine Investition im hohen sechsstelligen Bereich hat hier moderne Tagungs-, Konferenz- und Besprechungsräume entstehen lassen. „Das innenarchitektonische Konzept lässt zugleich die parallele Galerie-Nutzung zu -- zumindest solange es keine anderweitigen Reservierungen gibt“, erläutert Janine Schneider.
Krollmann hat auf dem Galerie-Terrain bereits in Berlin erste Gehversuche unternommen. Zusammen mit dem niederländischen Galeristen Roy Kahmann (Amsterdam/Rotterdam) präsentierte der Hagener Investor im vergangenen Jahr in der Hauptstadt im Rahmen einer Fotoausstellung imposante Schwarz-Weiß-Kreationen aus eigener Sammlung sowie aus der Kollektion von Kahmann, in der das gerne wiederkehrende Thema des unverhüllt Schönen im Mittelpunkt stand. Mit der Exposition wurde an der prominenten Ecke Hohenzollerndamm/Uhlandstraße eine Pop-up-Galerie eröffnet, die ein einstiges Matratzengeschäft als Kahmann-Gallery etablieren sollte. Einige der 60 Werke von so renommierten Fotografen wie Marcus Schaefer, Albert Watson, Walker Evans, Rutger ten Broeke, Neeltje de Vries, Sara Punt und dem Duo Schilte & Portielje hängen inzwischen in Hagen in der „Galerie 9“ und werden dort künftig zum Bestaunen, aber auch zum Verkauf angeboten.
Tayfun Belgin als Niveau-Garant
Zur Eröffnung der 300 Quadratmeter großen „Galerie 9“ in Hagen setzt Krollmann derweil auf die Fachlichkeit sowie die weitverzweigten Netzwerke von Tayfun Belgin. Dessen Vertrag bei der Stadt Hagen als Leiter des Fachbereichs Kultur sollte eigentlich schon zum Ende des vergangenen Jahres auslaufen. Doch da die Suche nach einer Nachfolgelösung seitens des Rathauses viel zu spät angegangen wurde, lief der Vertrag des promovierten Kunsthistorikers erst Ende April aus. „Wir werden den Geist von Herrn Belgin in unserem Hause weiterleben lassen“, freut sich Krollmann, dass ihm der Museumsleiter zuletzt nicht bloß die Kunstschaffenden Sylvester Stallone, Bryan Adams oder auch Dieter Nuhr als prominente Saxx-Gäste und Verkäufer ihrer Werke bescherte, sondern auch in Zukunft sich um das Angebotslevel der Ausstellungs- und Verkaufsräume kümmert: „Die Künstlerinnen und Künstler sollten schon museales Niveau haben“, skizziert Belgin seinen Anspruch und verspricht sich von diesen gehaltvollen Impulsen zugleich eine entsprechende Eigendynamik. Sein Ruhestand eröffnet dem 67-Jährigen die Freiheit, als kuratorischer Begleiter intensiver das „Galerie 9“-Projekt zu inspirieren.
Entsprechend war er auch an der Auswahl des namhaften Premierenkünstlers Ren Rong, der selbstverständlich ebenfalls im Saxx-Hotel residiert und ausgewählte Werke seines kreativen Schaffens mitbringt, nicht ganz unschuldig. Damit wird zum Auftakt nach seiner „Lasst hundert Blumen blühen“-Ausstellung 2016 im Karl-Ernst-Osthaus-Museum erneut einer der weltweit bekanntesten Künstler aus China den Weg nach Hagen finden: Ren Rong gilt als Meister fantasievoller Formen, stammt gebürtig aus der Provinz Jiangsu, lebt jedoch nach seiner Heirat mit einer Deutschen seit inzwischen fast vier Jahrzehnten in Bonn.
Der Vater der Pflanzenmenschen
Da der 64-Jährige zwischen den Kulturen Chinas und Europas wandelt und sich im Land seiner Väter auch immer wieder neue Inspirationen holt, verschmelzen in seinem Schaffen die unterschiedlichen Elemente der westeuropäischen Moderne und der traditionellen chinesischen Kunst. Zu seinen bekanntesten (Leit-)Motiven gehört seit 1990 der „Pflanzenmensch“. Mit dieser Kunstfigur verbindet er in Collage, Holzrelief oder Eisenskulptur den traditionellen chinesischen Papierschnitt, den er meisterhaft beherrscht. Seine geistreichen Bilderfindungen vereinen dabei gerne Menschliches und Vegetabiles zu kreaturhaften Wesen. Unterschiedliche Hintergründe mit Malerei, Fotografien, Dokumenten sowie mit biografischen, topografischen oder zeitgeschichtlichen Zusammenhängen gehören oft zu seiner unverwechselbaren Ausdrucksform, die in vielen internationalen Sammlungen und an öffentlichen Orten zu bewundern ist. Hinzu kommen Ausstellungen in Museen und Galerien rund um den Erdball. In Hagen sind seine Werke zur Feuertaufe der „Galerie 9“ vom 15. Mai bis zum 1. September zu bewundern – und natürlich ebenfalls zu erwerben.