Willingen. Jubelorkan der 13.000 Zuschauer beim Weltcup in Willingen: Severin Freund hat Deutschland im Team-Skispringen den dritten Platz gesichert. 137,5 Meter reichten, um den Angriff von Österreichs Überflieger Gregor Schlierenzhauer zu parieren. Slowenien siegte überraschend vor Favorit Norwegen.

Sie wedelten wie wild mit ihren schwarz-rot-goldenen Fahnen, sie schrien sich die Seele aus dem Leib. „Ziiiiiiiiiiiiieh“, riefen die knapp 13.000 Zuschauer an der Mühlenkopfschanze Severin Freund entgegen. Es war das längste „Ziiiiiiiiiieh“ des Tages. Doch als Freund nach 137.5 Metern landete, stockte der Masse im Auslauf kurz der Atem. Eine Rechenpause, bange Blicke auf die riesigen Leinwände – erst als dort die Platzierung aufblinkte, fegte der Jubelorkan durch das Strycktal.

Der derzeit beste der deutschen Skispringer hatte Rang drei verteidigt, hatte den Angriff des abschließenden Österreichers Gregor Schlierenzauer pariert. „Fast hätte uns Schlieri noch vom Podest geschubst“, sagte Michael Neumayer später erleichtert. Doch Schlierenzauers 142.0 Meter reichten am Ende nicht. Der Mann mit 48 Weltcup-Siegen ging mit seiner Mannschaft leer aus.

Gregor Schlierenzauer springt in einer anderen Welt

An Schlierenzauer, der erst am Samstagmorgen auf dem Flughafen Paderborn/Lippstadt gelandet war, führt im Einzelspringen am Sonntag jedoch kein Weg vorbei. Das weiß auch Michael Neumayer, der erklärte: "Wer Gregor Schlierenzauer nicht auf seiner Rechnung hat, hat keine Ahnung vom Skispringen. Er springt derzeit in einer andern Welt."

Hinter den überragenden Slowenen (990.4 Punkte) und den starken Norwegern (972.5) belegte die deutsche Mannschaft beim Teamspringen im Rahmen des Weltcups in Willingen mit 963.7 Punkten den dritten Rang vor Österreich (958.6).

Bundestrainer Schuster zufrieden mit der deutschen Vorstellung

Bundestrainer Werner Schuster zeigte sich anschließend entsprechend zufrieden mit der Vorstellung seiner Jungs. „Wir haben die besten Vier aufgestellt. Alle haben eine ordentliche Leistung gebracht“, sagte Schuster und ergänzte: „Wir haben schon richtig Potenzial in der Mannschaft und sind mit dem dritten Platz belohnt worden.“

Dass das Teamspringen am Rande des Sauerlandes ein an den Nerven zehrender Wettbewerb werden würde, hatte Schuster bereits im Vorfeld prognostiziert. „Hier kannst du als Fünfter oder Sechster rausgehen“, sagte er nach der Siegerehrung, „oder als Erster, wenn alles wirklich optimal läuft.“

Letztlich konnten Michael Neumayer (139.5 Meter/133.5 Meter), Richard Freitag (136.5/133.0), Andreas Wellinger (128.5/130.0) und Severin Freund (138.5/137.5) besonders die Slowenen nicht in Bedrängnis bringen. Jurij Tepes (140.5/132.5), Jaka Hvala (140.0/127.0), Peter Prevc (143.0/142.0) und Robert Kranjec (139.5/132.5) sprangen konstant vorne weg.

Auftritt in Willingen gibt DSV-Adlern viel Selbstvertrauen für WM in Val di Flemme 

„Es ist schon ein Erfolg, Österreich niederzuringen“, sagte Schuster, „denn die sind ja nach wie vor nicht schlecht besetzt.“ Kurz vor der WM in Val di Fiemme (21. Februar – 3. März) gab der Auftritt in Willingen den deutschen Adlern weiteres Selbstbewusstsein. „Der Podestplatz ist gut für die Psyche“, erklärte Schuster. „Wir haben definitiv die Möglichkeit, in Val di Fiemme Gold zu machen“, fügte er an, um ein wenig einzuschränken: „Alle Medaillen sind möglich, aber natürlich auch Blech.“

Noch alle Chancen für Deutschland auf den Gesamtsieg

Für die FIS-Team-Tour, an deren Ende die deutschen Skispringer die 100.000 Euro Prämie für den Gesamtsieg in der Mannschaftswertung kassieren wollen, lässt der dritte Platz alle Möglichkeiten offen. „Wir wollen uns in der Teamwertung weiter verbessern“, kündigte der Bundestrainer an, „und dann in Val di Fiemme richtig zuschlagen.“

Für das Einzelspringen in Willingen am Sonntag ab 14 Uhr gab er seinen Springern allerdings mit auf den Weg: „Das wird ein harte Geschichte. Wenn wir uns nicht steigern, werden wir dort keinen Podestplatz schaffen.“

Der Erfolg mit der Mannschaft zeichnete sich für Deutschland schon nach dem ersten Durchgang ab. Andreas Wellinger grinste ein wenig schüchtern, als er sagte: „Da geht noch einiges.“ Doch der 17-Jährige sollte recht behalten.

Starke Slowenen gewinnen überraschend das Teamspringen

Den besten Auftritt zauberten allerdings die starken Slowenen vor 12.988 Zuschauern in den Schnee an der Mühlenkopfschanze. Jurij Tepes, Jaka Hvala, Peter Prevc und Robert Kranjec gingen mit 507.1 Punkten auf Rang eins liegend in den zweiten Durchgang. Auch dort waren sie später nicht zu schlagen.

Karneval in Willingen

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Vor den DSV-Adlern Michael Neumayer, Richard Freitag, Andreas Wellinger und Severin Freund (471.0 Punkte) ging Favorit Norwegen (475.6) nur als Zweiter ins Rennen. An dieser Reihenfolge änderte sich am Ende nichts mehr. Es war der zweite Sieg der Slowenen in diesem Winter. Die inoffizielle Einzelwertung gewann Peter Prevc (272,7 Punkte) vor Gregor Schlierenzauer (265,1) und Anders Bardal (260,5).

Weitere Infos zum Teamspringen in Willingen: www.weltcup-willingen.de

Falk Blesken

Stimmen und Splitter zum Springen - Michael Neumayer: "Wir sind gut in Form" 

Jurij Tepes (Slowenien): "Der Schlüssel zum Erfolg war unsere Ausgeglichenheit. Alle sind gut gesprungen und haben keine Fehler gemacht. Wir denken noch nicht an die WM sondern von Springen zu Springen. Am Sonntag können wir alle unter die Top 20 springen. Wir haben ein starkes Team, jeder springt für jeden ein."

Tom Hilde (Norwegen): "Wir sind zufrieden, nachdem wir in Zakopane nur Siebte waren. Wir haben einen guten Job gemacht und gezeigt, dass wir es besser können. Slowenien war sehr stark, wir hatten keine Chance. Die WM ist noch wichtiger für uns.“

Michael Neumayer (34/Deutschland): "Wir wollten aufs Podium. Das haben wir geschafft. Wir brauchen uns nicht zu verstecken. Wir haben eine ordentliche Leistung gebracht und sind gut in Form für das Einzelspringen. Slowenien hat heute eine sensationelle Leistung geboten und auch Norwegen war eben noch einen Tick besser. Wir haben am Sonntag sieben Springer und die wollen alle ins Finale. Einer davon soll auch auf das Podium kommen.“

Norweger Tom Hilde entpuppt sich als ehrliche Haut

Norwegens Skispringer Tom Hilde ist eine ehrliche Haut. Denn: Als ihm Willingens Ski-Club-Schatzmeister Helmut Fistler den Scheck für das Siegerteam überreichte, reklamierte er das Versehen: „Wir sind nur Zweiter geworden.“

Der slowenische Sieg im Teamwettbewerb hat nicht unbedingt die Experten aber beinahe die Willinger Organisatoren überrascht. Erst in letzter Minute waren die richtige Fahne und vor allem die richtige Hymne, heruntergeladen im Internet, zur Stelle.

Weltcup-Auftakt in Willingen

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ARD-Moderator Opdenhövel mit Ohrenschmerzen ins Krankenhaus 

Ralf Trachte, der die russische Fahne bei der Weltcup-Eröffnung in Willingen auf Ski zu Tale trug, stürzte im Auslauf und musste ins Krankenhaus. Auch ARD-Moderator Matthias Opdenhövel hatte Probleme und fuhr auf Vermittlung von Oliver Bader nach der Übertragung des Teamspringens am Samstag mit Ohrenschmerzen vorsorglich ins Briloner Krankenhaus. Mittlerweile soll es ihm schon wieder besser gehen.

Drei prominente Gäste vergnügten sich am Rande der Mühlenkopfschanze: Ex-Tennisprofi Rainer Schüttler aus dem benachbarten Korbach, der frühere Langlauf-Bundestrainer Jochen Behle aus Willingen und Rainer Zobel, ehemaliger Fußball-Bundesliga-Star des FC Bayern München.

Ex-Tennisstar Rainer Schüttler begeistert das Skispringen

Behle und Schüttler, zu Zeiten des Willinger Skispringens sonst immer selbst bei Wettkämpfen aktiv, genossen ihren Besuch im Strycktal. "Ein toller Sport und eine tolle Atmosphäre“, schwärmte der Wahl-Schweizer Schüttler. Er traf am Rande des Teamspringens den vierfachen Olympiasieger Simon Ammann aus der Schweiz. Beide stellten fest, dass sie quasi um die Ecke wohnen und verabredeten sich.

Olympiasieger Amman hat den Pilotenschein gemacht

Ammann wollte eigentlich wie schon zum Weltcup-Springen nach Zakopane selbst nach Paderborn fliegen, nachdem er den Pilotenschein erworben hat. „Aber die Wettervorhersage war zu schlecht.“ In Richtung Polen hatte er vor zwei Wochen sogar seine norwegischen Springerkameraden im Flugzeug mitgenommen.

Rainer Schüttler traf viele Freunde aus der alten Heimat. Er ist als Mitveranstalter beim Düsseldorfer ATP-Turnier eingestiegen und arbeitet mit Ion Tiriac zusammen, der vor Jahren auch schon mal in die Skisprung-Vermarktung einsteigen wollte.

Norbert Dickel und BVB sagen Besuch in Willingen ab 

Abgesagt hat Norbert Dickel, Stadionsprecher von Borussia Dortmund, seinen Besuch mit weiteren Gästen vom BVB beim Skispringen in Willingen. Offizieller Grund: Der Deutsche Fußball-Meister muss sich auf das Auswärtsspiel in der Champions Leaque bei Schachtor Donezsk vorbereiten. Nebenbei dürfte die 1:4-Pleite gegen den Hamburger SV am Samstag in der Zeit des Teamspringens in Willingen den Schwarz-Gelben ganz schön auf den Magen geschlagen sein.

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Norbert Dickel mit BVB-Netradio live aus Willingen

Von Sauerlandsport

Mitte Januar hatte Dickel den 5:0-Auswärtssieg der Dortmunder zum Rückrundenstart in Bremen für das BVB-Net-Radio live aus dem Hotel Willinger Mitte kommentiert und dabei auch Freundschaft mit dem Skiclub Willingen geschlossen. Damals versprach der 51-Jährige, wenn möglich, den ein oder anderen Spieler aus dem Profi-Kader mit nach Willingen zu locken.

Hartwig Sellmann