Arnsberg/Brüssel. Der Arnsberger Jan Ovelgönne ist erst vor kurzem ins EU-Parlament nachgerückt – und verlässt es bald wieder. Wie es für ihn weitergeht.
Erst das Staatsoberhaupt, dann der Sauerländer: „Als EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola meinen Namen im Plenum verlas, war sogar der belgische König gekommen“, scherzt Jan Ovelgönne (Grüne) über seine „Amtseinführung“. Tatsächlich hielt Philippe an diesem Tag im April eine Rede über Europa, und tatsächlich saß Ovelgönne dabei zum ersten Mal offiziell auf dem Stuhl eines Abgeordneten. Dass der Monarch aber Notiz von dem Politiker aus Arnsberg nahm, ist höchst unwahrscheinlich.
Ein kurzes Intermezzo
Und daran wird sich wohl auch in Zukunft nichts ändern. Denn Ovelgönnes Mandat bleibt ein kurzes Intermezzo: Es endet offiziell am 16. Juli, wenn sich das neue Europaparlament konstituiert – gut vier Monate, nachdem es begonnen hat. Ovelgönne rückte nach, weil der grüne Abgeordnete Malte Gallée (30) aus Bayern nach Belästigungsvorwürfen aus der eigenen Partei Anfang März sein Mandat niederlegte. Henrike Müller (48) aus Bremen, Nummer 1 auf der Nachrückerliste, verzichtete. Die Nummer 2 hieß Ovelgönne. Nun sitzt der 49-Jährige im Wirtschafts- und Währungsausschuss, im Binnenmarktausschuss und im Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten.
Viel ausrichten kann er dort nicht mehr, das weiß der Politiker, der von 2017 bis 2019 als Sozialarbeiter am Klinikum Hochsauerland arbeitete und anschließend das Studium der Sozioökonomie an der Universität Duisburg-Essen mit dem Master abschloss. Die meisten Gesetzgebungsvorhaben sind beendet oder in die nächste Legislaturperiode verschoben.
Ein bisschen geht aber noch. An diesem Mittwoch steht das Thema Einlagensicherung auf der Tagesordnung. Ovelgönne war an Änderungsanträgen beteiligt. Bedeutet: viel Arbeit. Innerhalb des Bankensektors in Deutschland sei ein System der Einlagensicherung von Sparkassen und Genossenschaftsbanken verbreitet, das eine andere Zielrichtung verfolge als in anderen Ländern. „Das ist schwer mit dem Rest des Bankensektors in der EU vereinbar und sollte diese Sonderstellung behalten“, sagt der Sauerländer.
Neuland ist die Materie für Ovelgönne nicht, er war wissenschaftlicher Mitarbeiter des grünen Europaabgeordneten Rasmus Andresen, bevor er selbst auf den Chef-Sessel wechselte. Die Gefahr, dass er sich in den gewaltigen Brüsseler Parlamentsgebäuden verlaufen könnte, ist deshalb gering.
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Jetzt will er sich noch intensiv in den Wahlkampf einbringen. Von der Europawahl müsse ein starkes Signal für die Demokratie ausgehen, sagt der Arnsberger. Der Vormarsch der Rechtspopulisten müsse gebremst werden. Dafür will er sich im nun einsetzen.
Im Juni wird er nach dem Ende seines kurzen Mandats wieder in seine alte Rolle zurückkehren. Schlimm findet er das nicht. Ovelgönne schätzt das Wirken im Hintergrund. „Ich fühle mich wohl in der Rolle des Experten als wissenschaftlicher Mitarbeiter“, sagt er. Die Zeit als Abgeordneter sei „ein Geschenk“, auch wenn das Parlament sich langsam ausläuft, sei das Leben jetzt sehr intensiv. „Von diesen Erfahrungen kann ich später profitieren.“
Kostenloses Fahren mit der Bahn
Jetzt verdient er für ein paar Wochen rund 10.000 Euro brutto im Monat, muss davon aber unter anderem mehr als 2000 Euro EU-Steuern zahlen. Reisen kann er kostenlos mit der Bahncard 100, Pensionsansprüche erwirbt er in der kurzen Zeit jedoch nicht.
Bei der kommenden Europawahl im Juni tritt Ovelgönne nicht an, 2019 landete er auf Listenplatz 24. Dass er es dann in fünf Jahren noch einmal versuchen könnte, will er nicht ausschließen. „Mit der neuen Erfahrung im Rücken, wer weiß“, sagt er.