Arnsberg. Die Fraktionsspitze sieht die Partei als den entscheidenden Antreiber in Sachen lokaler Klimaschutz.
Der Rat hat seinen erste Sitzungslauf nach den Sommerferien beendet. Auf den Tagesordnungen standen turbulente Sitzungen und Entscheidungen. Zwei Jahre nach den Kommunalwahlen 2020 lässt die Redaktion die „großen“ Fraktionen ein Zwischenfazit der Ratsarbeit in der bisherigen Wahlperiode ziehen. Den Auftakt machen Bündnis 90/Grüne. Für die Fraktion beantworten die Sprecher Verena Verspohl und Jan Ovelgönne die Fragen.
Es liegen turbulente Wochen im Rat hinter Ihnen: Wie bewerten Sie die getroffenen Entscheidungen und den Weg dort hin?
Es war ein hartes Ringen, Zukunftsthemen zu setzen. Wir haben mit Schwarz-Grün das Ziel, Arnsberg klimaneutral zu gestalten eingebracht, wo hinein besonders für uns viel Kraft und Zeit geht. Gleiches gilt für die Lehrschwimmbecken in Herdringen/Voßwinkel. Wir haben lange versucht, alle Parteien davon zu überzeugen. Schlussendlich geht es dann eben mit der schwarzgrünen Mehrheit - die Becken bleiben erhalten, was für ein zweiter großer Erfolg!
Zuletzt wurde über den politischen Stil im Rat diskutiert: Frau Verspohl, verstehen Sie das? (In diesem Zusammenhang werden in sozialen Medien immer wieder auch Sie persönlich dafür verantwortlich gemacht).
Dass ich als Sprecherin meiner Fraktion, die jeden Redebeitrag mit ihrer Fraktion abspricht, persönlich und massiv im Social Media angegangen werde, finde ich irritierend. Es ist unsachlich und ich denke es beschädigt die Demokratie und wird oft besonders bei Frauen probiert. So wurde ja auch zum Beispiel im letzten Rat die Redezeit von zwei Frauen kontrolliert, während ein geschätzter Kollege ungestört darüber hinaus reden konnte.
Wird im politischen Handeln jetzt schon Wahlkampf mit Blick auf 2025 gemacht?
Nein, wir machen jetzt keinen Wahlkampf, wir arbeiten an der Sache. Dazu gehört auch: Die Zeit bis 2025 nutzen wir, um unsere Wahlprogramme umzusetzen. Da ist schon einiges erreicht. Leider aber wachsen seit Jahren die sogenannten Ermächtigungsübertragungen. Zentrale Beschlüsse werden nicht umgesetzt! Von 30,427 Millionen Euro Ende 2017 liegt dieser nicht umgesetzte Betrag jetzt schon bei 84.000 Millionen Euro! Und das in Zeiten von Inflation.
So oft wird da Wahlkampf unterstellt.
Aber ehrlich gesagt, haben Parteien doch gerade auf Wahlkampf am wenigsten Lust - uns geht es doch um die Zeit des Gestaltens! Wenn das Gestalten dann aber gebremst wird, dadurch dass Beschlüsse einfach liegen gelassen werden, dann kommen wir in schwierige Phasen. Das zu benennen ist kein Wahlkampf - das ist Demokratie und leider notwendig.
Was muss in der Rats- und Zusammenarbeit aller Parteien für den Rest der Wahlperiode (Ende 2025) besser werden?
Immer wieder wird gesagt, man müsse doch jetzt zusammen entscheiden. Dissens gehört zur Politik dazu. Natürlich dürfen wir unterschiedlicher Meinung sein. Deswegen wählen Menschen auch unterschiedliche Parteien. Große Reden von Harmonie sind da ehrlich gesagt unehrlich. Aber oft machen Kompromisse Sinn und vor allem Respekt untereinander.
So haben wir es in der letzten Ratssitzung erfolgreich vorgeschlagen - wie auch im gesamten Prozess um die Grimmeschule. Wir sind da auf die anderen Parteien zugegangen. Was wir überhaupt nicht ertragreich finden, ist das Diskutieren und Bewerten der Anderen bei Facebook. Wir haben uns da herausgezogen. Das Niveau ist, sagen wir mal vorsichtig, wenig konstruktiv. Es wird spekuliert, vorgeworfen, um sich geschlagen. Das mündet dann in Situationen wie dass Frau Verspohl nach der Ratssitzung „Schäm Dich“ hinterhergerufen wird.
Es ist Aufgabe des Bürgermeisters, für eine konstruktive Atmosphäre zu sorgen. Dazu gehört auch die Sitzungsleitung in Ratssitzungen. Es geht nicht, dass Redner und Rednerinnen massiv unterbrochen werden. Und es geht auch nicht, dass dort Anträge behandelt werden, in denen ein CDU-Mitglied mit Fußpilz in Verbindung gebracht wird! Wir erwarten entsprechende Konsequenzen für die einzelnen Akteure.
Was können Bündnis 90/Grüne besser machen?
Wir müssen vor allem beim Thema A46/B7n noch deutlicher machen, dass es hier nicht um ein Aussitzen geht. Es benötigt alle Kraft gegen den Bau. Die Vorlage der Verwaltung dazu war gut und wurde leider von den anderen Parteien geschoben. Es ist unsere Grüne Aufgabe, hier Druck zu machen.
Außerdem reichen unsere Ambitionen für Bürger/-innen-Windenergie bislang nicht. Wir haben um die Einrichtung von Planungsrunden dazu gebeten, bislang erfolglos. Wenn wir jetzt nicht zusehen, dass Windenergie zugunsten der Arnsberger Bevölkerung und vor allem auch der Wirtschaft installiert wird, dann haben wir eine große Chance verpasst. Es ist wohl Aufgabe von uns Grünen, diese Themen zu setzen und wir werden dem mehr Nachdruck verleihen.
Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit von Bündnis 90/Grüne mit Bürgermeister Bittner?
Das geht noch besser. Wir als Grüne würden uns wünschen, dass der Bürgermeister im Vorfeld einiger Entscheidungen aktiv auf uns zugeht und sich bemüht, Interessen zusammenzuführen. Wenn wir Aspekte kritisieren, dann ist das nichts Persönliches, wird im Social Media aber öfter so dargestellt. Wir würden uns wünschen, dass Sachfragen sachlich geklärt, statt emotional aufgepusht werden.
Was sind aus Sicht der Grünen-Fraktion die großen Herausforderungen der nächsten Jahre?
Es ist und bleibt der Klimawandel. Was wir jetzt aber alle spüren, ist, wie wichtig es ist, die Gesellschaft dabei nicht auseinander driften zu lassen. Wir brauchen Lösungen, die für alle bezahlbar sind! Deswegen pochen wir so auf Windenergie für unsere Bürgerinnen und Bürger vor Ort. Wenn wir jetzt nicht Druck machen, verpassen wir das.
Und natürlich brauchen unsere Schulen größere Aufmerksamkeit. Da fehlt der Fokus auf die Grundschulen. Es ist verhältnismäßig einfach, über einzelne weiterführende Schulen zu diskutieren. Aber die Grundschulen in ihrer Vielfalt wahrzunehmen und sie bestmöglich zu unterstützen, ist eine Mammutaufgabe. Wir schlagen da einen einen festen Tagesordnungspunkt im Schulausschuss für vor, zu dem Themen angesetzt werden und Verwaltung berichtet und mit Beratung des Ausschusses weiterentwickelt.