Hamm/Hagen. . Rückkehrberater sollen Asylbewerbern den Weg zurück ins Herkunftsland ebnen. Warum sich das aber für die Mitarbeiter nicht immer gut anfühlt.
- Zahl der freiwilligen Ausreisen aus Nordrhein-Westfalen ist gestiegen
- Rückkehrberater ebnen den Weg zurück ins Herkunftsland
- Je schneller die Heimreise, desto größer die finanzielle Hilfe
Sie sind freiwillig gegangen: 4567 Flüchtlinge sind seit Beginn des Jahres aus NRW in ihre Herkunftsländer zurückgekehrt. Trotzdem kein leichter Abschied, weiß Eva Schwamborn, Rückkehrberaterin beim Deutschen Roten Kreuz in Hamm.
Die Entwicklung
Seit elf Jahren bereits berät man in Hamm die Flüchtlinge. In den vergangenen beiden Jahren „ist das Interesse an der Rückkehrberatung enorm angestiegen“, sagt Eva Schwamborn. Zahlen, die die Statistiken der Kommunen belegen: 68 Asylbewerber haben im Jahr 2014 den Kreis Soest freiwillig verlassen. Im Jahr 2016 waren es 468. Im Hochsauerlandkreis sind 2014 84 Asylbewerber freiwillig gegangen. 2016 waren es 403.
Asyl-Glossar – die wichtigsten Begriffe
Die Klienten
Die einen sind fest entschlossen zu gehen. Die anderen hadern: „Sie werden hier nicht glücklich, wissen aber, dass es zu Hause gefährlich ist.“ Die einen melden sich nach wenigen Monaten in Deutschland bei Eva Schwamborn: „Sie sind hier angekommen, haben sich umgeguckt und gesehen, dass alles anders ist, als sie es sich vorgestellt haben.“ Die anderen wenden sich erst nach 20 Jahren an die Beraterin. „Sie haben hier gelebt und gearbeitet – und dann ist in ihrem Land wieder Ruhe eingekehrt.“ Die einen haben einen Aufenthaltstitel, dürften bleiben. Den anderen droht die Abschiebung. Denn wirklich freiwillig ist die Rückkehr nicht immer. Früher hätten sich viele Asylbewerber darauf verlassen können, geduldet zu werden. Nun erhöhe die steigende Zahl der Abschiebungen den Druck, das Angebot zur freiwilligen Ausreise anzunehmen, so Schwamborn.
Das Angebot
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Das Angebot ist allerdings umso attraktiver, je früher die Asylbewerber sich dafür entscheiden. Wer geht, bevor über den Asylantrag entschieden ist, bekommt 1200 Euro aus dem Programm „Starthilfe Plus“ des Bundes. Wer darauf verzichtet, gegen die Ablehnung des Asylantrags zu klagen, bekommt 800 Euro. Die Hälfte der Summe wird bei Ausreise bezahlt. Die andere nach sechs Monaten im Herkunftsland. Aus EU-Mitteln kann es Hilfe zur Existenzgründung geben – zum Beispiel für den Aufbau einer Apotheke in Bangladesch. Oder für die Gründung einer Sprachschule in Georgien.
Ferner gibt es Reisebeihilfen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) von 200 Euro. Und je nach Herkunftsland Starthilfe von bis zu 500 Euro. Dazu die Flugkosten. Ausgenommen sind Asylbewerber aus dem Westbalkan: Sie bekommen die Reisekosten – mehr nicht. Und so kämen die Menschen aus dem Westbalkan meist erst, wenn kein anderer Weg mehr offen stehe, so Schwamborn.
Die Gründe
„Das Warten ist ein Hauptgrund zurückzukehren“, sagt Eva Schwamborn. Das lange Warten auf den Asylbescheid. „Die Ungewissheit, wie das Verfahren ausgeht, ist für viele Menschen schwer auszuhalten.“ Ein zweiter Grund: In der Heimat ist der Vater gestorben – dann kehrten vor allem die Männer zurück, um sich um die Familie zu kümmern. „Viele kommen auch mit ganz falschen Vorstellungen her, geschürt durch die Schlepper“, so Eva Schwamborn.
Die Schicksale
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Der schlimmste Fall? Eine Mutter aus dem Kosovo mit Tränen in den Augen, erinnert sich Eva Schwamborn. Sie war bereit zu gehen gemeinsam mit ihrem Mann. Aber die Kinder wollte sie in Deutschland lassen. Weil sie das Geld nicht hatte, sie im Kosovo zur Schule zu schicken. Es sei, sagt Schwamborn, oft kein gutes Gefühl, den Menschen dabei zu helfen, zurückzukehren: „Man schickt sie in sehr große Ungewissheit.“ Wie es ihnen ergeht in der Heimat, das erfährt die Rückkehrberaterin selten. „Ich tröste mich, dass sie sich melden würden, wenn etwas schief ginge.“