Essen. . In Deutschland sind mehr als zwei Millionen Minderjährige auf staatliche Grundsicherung angewiesen. Mit anderen Worten: Sie sind arm.
Erstmals in diesem Jahrzehnt sind in Deutschland mehr als zwei Millionen Minderjährige auf staatliche Grundsicherung angewiesen. Das geht aus neuen Daten der Bundesagentur für Arbeit hervor, die unserer Redaktion vorliegen. Ende 2016 lebten demnach 2.003.805 Unter-18-Jährige in so genannten Bedarfsgemeinschaften, sprich in Familien, die Hartz IV beziehen. Trotz des anhaltenden Aufschwungs waren das 3,3 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. In NRW fiel der neuerliche Anstieg der Kinderarmut mit 3,8 Prozent auf 564.000 noch deutlicher aus.
Besonders dramatisch sind die Zahlen einmal mehr im Ruhrgebiet. In Gelsenkirchen leben mittlerweile vier von zehn Kindern in Hartz-IV-Haushalten, in Duisburg und Essen jedes dritte Kind. Auch in den übrigen Ruhrgebiets-Kommunen liegt diese Armutsquote deutlich über dem NRW-Schnitt von 18,1 Prozent.
Entwicklung hängt auch mit Zuwanderung zusammen
Die jüngste Entwicklung hängt laut Bundesagentur für Arbeit in NRW eng mit der Zuwanderung zusammen, denn für den Anstieg sorgen hier vor allem mehr ausländische Kinder in Hartz-IV-Haushalten, darunter viele Flüchtlinge. Zudem sind viele Großfamilien mit drei und mehr Kindern neu in der Grundsicherung. Gerade im Ruhrgebiet hält aber auch die verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit Zehntausende Kinder dauerhaft in der Grundsicherung. „Die Armut wird über Generationen vererbt“, sagt Ulrich Spie vom Kinderschutzbund NRW. Der Schlüssel, diesen Teufelskreis zu durchbrechen, liege in der Bildung, deshalb fordert er kostenfreie Kitas und Ganztagsschulen samt Mittagessen und Lernmitteln.
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Der Jugendforscher Klaus Hurrelmann spricht sich dafür aus, dass der Staat die Kinder außerhalb ihrer Familien fördert, damit der in vielen Hartz-IV-Familien niedrige Bildungsstand der Eltern nicht weitergegeben werde. Zwar tue man vielen engagierten Eltern damit Unrecht. „Wir wissen aber auch, dass die oberen 20 Prozent der Gesellschaft zu 80 Prozent wollen, dass ihre Kinder Abitur machen, von den unteren 20 Prozent wollen das nur 20 Prozent“, sagte er dieser Zeitung.
Das hat laut Kinderschutzbund zur Folge, dass sich arme Kinder an den Schulen oft alleine durchschlagen müssen, während die Mehrheit der Eltern ihrer Mitschüler viel Geld etwa in Nachhilfe investiert, damit der Nachwuchs das Abitur schafft. Die Chancenungleichheit werde dadurch immer größer.