Washington. Der neue US-Präsident ist bereits zwei Mal von Gerichten in die Schranken gewiesen geworden. Das Weiße Haus muss den Ausgabenstopp zurückziehen.
Mit rund 40 präsidialen Sonderverordnungen quer durch alle Amtsbereiche hat Donald Trump in den ersten zehn Tagen seiner Präsidentschaft die Vereinigten Staaten mehr als durchgerüttelt und dabei eine schleichend wachsende Welle des Unmuts ausgelöst. Chris Murphy, demokratischer Senator, spricht vom einem „Blitzkrieg”, den Trump mit seinen Alleingängen gegen sein Land führe. Nimmt man das martialische Bild zum Maßstab, setzen jetzt die ersten heftigen Niederlagen ein.
Nach dem richterlichen Aus für den Plan, das Staatsangehörigkeitsrecht im Handstreich zu ändern, was Hunderttausende Kinder von Nicht-Staatsbürgern betreffen würde, hat der 78-Jährige am Mittwoch die bisher schwerste Schlappe erlitten. Er wollte mit einer vorübergehenden Ausgabenblockade in Billionen-Höhe für etliche staatliche Hilfs- und Förderprogramme für Kinder, Alte, Familien, Kranke, Schüler, Studenten, Sozialschwache und Klein-Unternehmer den starken Mann markieren, der am zuständigen Parlament vorbei entscheidet, wofür die USA Steuer-Geld ausgeben und wofür nicht mehr.
Nach einer von vielen Medien transportierten Wutwelle in der Bevölkerung und einer richterlichen Blutgrätsche hat die Regierung am Mittag spektakulär die Weiße Fahne gehisst und sämtliche Kürzungen kleinlaut zurückgenommen.
Trumps Sprecherin stand plötzlich im Regen. Stunden zuvor hatte sie die Haushaltssperre noch als „sehr verantwortungsbewusste Maßnahme” bezeichnet. Aber da hatte sich schon die Lesart der Opposition verfestigt, die von einer „verfassungswidrigen, gefährlichen, zerstörerischen und grausamen” Unternehmung sprach.
„Der Präsident hat es eilig, seine Versprechen aus dem Wahlkampf umzusetzen”
Dass Trump der wiederholte Rückschlag dazu veranlassen wird, vom Tempo zu gehen und Reformen erst zu erklären, bevor sie per ordre de mufti durchgesetzt werden, wird in seinem Umfeld gleichwohl nicht erwartet. „Der Präsident hat es eilig, seine Versprechen aus dem Wahlkampf umzusetzen”, heißt es aus dem Kreis seiner Vertrauten. Der entstandene Eindruck, dass sich Trump immer tiefer in einen Machtrausch manövriert, wird vom Weißen Haus energisch dementiert.
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Dabei ist klar: Trump lässt reihenweise Leute feuern, die ihm unliebsam sind. Seine neuen Minister setzen auf sein Geheiß erste Rache-Akte durch. Staatliche Gelder auch fürs Ausland werden zurückgehalten. Zwei Millionen Staatsdienern wird eine Abfindung angeboten, wenn sie freiwillig kündigen. Und, und, und.
Selbst Republikanern wird der Trump-Turbo allmählich zu bunt. Senator Chuck Grassley (Iowa) etwa nimmt massiv Anstoß an der Entlassung von 18 „inspector general” querbeet durch viele Ministerien und Behörden. Dabei handelt es sich um Generalinspekteure, die bei Vorwürfen von Verschwendung, Betrug und Machtmissbrauch unabhängige Untersuchungen durchführen dürfen.
„Es mag gute Gründe dafür geben, dass die Generalinspektoren entlassen wurden. Wenn dem so ist, müssen wir das wissen. Ich hätte gerne eine weitere Erklärung von Präsident Trump“, sagte Grassley und fügte demonstrativ hinzu, dass dem Kongress keine detaillierte 30-Tage-Vorankündigung der Entlassung vorgelegt wurde.
Unterdessen steigt der Lügen-Faktor. Bei ihrem ersten Presse-Briefing im Weißen Haus behauptete Trumps neue Regierungssprecherin Kathrin Leavitt, dass die Vorgänger-Regierung 50 Millionen Dollar für den Kauf von Kondomen für den Gaza-Streifen verschwendet habe. Die 27-Jährige, die Trump bereits im Wahlkampf unterstützte, legte keine Beweise für die Behauptung vor. Regierungsstellen erklärten später, das nichts daran stimme.
Keine Kondome auf Steuergeld für Gaza
Als „bizarr” und „unnötig irreführend” wurde auch Trumps Beitrag zu einer Kalamität im Weltraum wahrgenommen. Der Präsident verkündete, dass er seinen Top-Berater Elon Musk (Betreiber des Raumfahrt-Unternehmens SpaceX) just gebeten habe, die seit Sommer auf der Internationalen Raumstation ISS festsitzenden Nasa-Astronauten Butch Wilmore und Suni Williams umgehend zurückzuholen. Begründung: Sie seien „von der Biden-Administration im Weltraum praktisch im Stich gelassen worden”.
Das Gegenteil ist nach Angaben der Nasa der Fall. Seit viele Wochen steht fest, dass das Duo im März mit einer SpaceX-Kapsel zurück auf die Erde gelangen soll. Die Vereinbarung wurde unter Aufsicht Bidens abgeschlossen.
Auf Widerstand von Gewerkschaften stoßen auch Trumps Bemühungen, den Staatsapparat komplett umzukrempeln. 2,3 Millionen Staatsbedienstete bekamen in dieser Woche das Angebot der achtmonatigen Lohnfortzahlung, wenn sie bis Ende kommender Woche per E-Mail freiwillig kündigen. Trumps Team will damit einen drastischen Personalabbau in der Administration einleiten –und die Neuanstellung absolut loyaler Beamter forcieren.
Die Stilistik der Aktion erinnert an die Art und Weise, mit der Elon Musk nach Erwerb der Kommunikations-Plattform Twitter (heute X) Tausende Mitarbeiter in die Kündigung getrieben hatte. Senator Tim Kaine (Demokraten) warnt ausdrücklich davor, auf Trumps Offerte einzugehen. „Er hat überhaupt keine Prokura dafür.”
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Unterdessen setzt Trump seinen persönlichen Rachefeldzug gegen Kritiker aus seiner ersten Regierung unvermindert fort. Nach John Bolton (Ex-Nationaler Sicherheitsbeauftragter) und Mike Pompeo (Ex-Außenminister) wird auch dem ehemaligen Generalstabschef Mark Milley sein Personenschutzes genommen.
Der neue US-Verteidigungsminister Pete Hegseth teilte dem hochdekorierten Ex-Militär außerdem mit, dass er keine Einsicht mehr in geheime Akten erhält und sich einer internen Disziplinar-Maßnahme unterziehen muss, die zu einer Degradierung führen könne. Hintergrund: Trump behauptet, dass Milley den Versuch unternommen habe, seine absolute Befehlsgewalt über Amerikas Atomwaffen einzuschränken. Milley hatte Trump nach dem blutigen Sturm aufs Kapitol einen „Faschisten” genannt.