Washington. US-Wahl wird auf der Zielgeraden immer bizarrer. Kamala Harris distanziert sich von ihrem Chef. Trump: „Wir sind die Mülltonne der Welt”.
Wetten, dass der scheidende US-Präsident Joe Biden auf den letzten Metern vor der Wahl ums Weiße Haus nicht mehr an der Seite von Kamala Harris auftreten wird?
Nach seinem jüngsten rhetorischen Aussetzer – er bezeichnete Anhänger Donald Trumps flapsig als „Müll” (garbage) – gilt der Amtsinhaber in Harris-Zirkeln als zu toxisch, um der Vize-Präsidentin vor dem 5. November noch Auftrieb geben zu können. Im Gegenteil. Um weiteren Schaden abzuwenden, hieß es aus Kreisen der Vize-Präsidentin, soll der 81-Jährige auf Abstand gehalten werden.
Um seine Verärgerung über die rassistischen Aussagen eines Komödianten zum Ausdruck zu bringen, der bei einer Trump-Kundgebung in New York die zu den USA gehörende Karibik-Insel Puerto Rico als „schwimmenden Müll” bezeichnete hatte, polterte Biden in einem Interview drauf los: „Den einzigen Müll, den ich da draußen herumtreiben sehe, sind seine Unterstützer.”
Das Weiße Haus versuchte den Fauxpas umgehend auszubügeln. „Müll” sei auf die despektierlichen Aussagen des angeheuerten Pausen-Clowns Tony Hinchcliffe gemünzt gewesen, nicht auf Trumps Anhänger, sagte eine Regierungssprecherin.
Zu spät. Die Trump-Kampagne hatte den Lapsus umgehend für diverse Kampf-Videos eingefroren. Trump sagte am Mittwoch in North Carolina, es sei „schrecklich”, dass Biden und damit Harris und damit die Demokraten Andersdenkende als „Müll” titulierten.
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Der Ex-Präsident erinnerte leutselig daran, wie die damalige demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton seine Fans 2016 abfällig als „deplorables”, als Bedauernswerte bezeichnet hatte.
Bei einem weiteren Auftritt in Wisconsin fuhr Trump nach der Ankunft seines Flugzeugs demonstrativ in einem Müllwagen übers Rollfeld. Später am Redner-Pult trug er medienwirksam eine Müllwerker-Weste in Signalfarben.
Kamala Harris blieb keine Wahl, als sich erstmals seit Übernahme der Kandidatur dezidiert von ihrem erst in knapp drei Monate in Rente gehenden Chef zu distanzieren. „Um es klar zu sagen: Ich lehne jede Kritik an Menschen ab, die darauf beruht, wen sie wählen“, sagte Harris sichtlich genervt vor Reportern, „ich werde alle Amerikaner repräsentieren, auch diejenigen, die nicht für mich stimmen“, versicherte sie.
Für Biden, bekannt für solche Pannen, ist der Fall doppelt misslich. Er neutralisiert fast den Puerto Rico-Skandal der Republikaner. Und er bedroht die Wahlchancen von Harris und gefährdet damit Bidens Vermächtnis. „Sollte Harris verlieren, gilt die Niederlage auch ihm, ihrem größten Mentor”, sagen Wahlkampf-Analysten in Washington.
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Trumps Republikaner würden jedenfalls nichts unversucht lassen, aus dem Biden-Fehler bis zum Dienstag rund um die Uhr Kapital zu schlagen und die Demokraten als „arrogante, unpatriotische Bande” darzustellen, um noch unentschlossene Wähler auf ihre Seite zu ziehen.
Aber der Schuss könnte auch nach hinten losgehen. Trump ist, was vergleichbar ehrabschneidende Attacken angeht, kein Kind von Traurigkeit. „Es sind die Menschen, die sie (Harris) umgeben, sie sind Abschaum und sie wollen unser Land zerstören”, sagte der Kandidat kürzlich bei einer Kundgebung in Wisconsin, „sie sind absoluter Müll”. In Arizona ging Trump noch einen Schritt weiter. Die Einwanderungs-Politik von Biden und Harris, die zu mehreren Millionen Grenzübertritten von Asylsuchenden führte, habe Amerika zu einem „Abladeplatz” gemacht. „Wir sind die Mülltonne der Welt”, sagte Trump.