Berlin. Heizöl, Benzin, Konsumgüter: Sollte die Lage in Nahost eskalieren, hätte das Auswirkungen auf Verbraucher und Unternehmen in Deutschland.
Die Situation im Nahen Osten ist nach dem iranischen Raketenangriff auf Israel am Dienstagabend angespannt wie lange nicht mehr. Sollte die Lage eskalieren und es zu einem großen Krieg zwischen dem Iran und Israel kommen, hätte das auch Folgen für die Wirtschaft: „Neben dem humanitären Leid birgt die aktuelle Entwicklung im Nahen Osten Risiken für die Konjunktur – in Deutschland, aber auch weltweit“, sagte Volker Treier, Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), unserer Redaktion. Was wären die Folgen für Verbraucher und Unternehmen hierzulande? Antworten auf die wichtigsten Fragen:
Wird Heizöl jetzt teurer?
Als am Dienstag US-Geheimdienste davor warnten, dass ein iranischer Raketenangriff unmittelbar bevorstehe, machte der Rohölpreis einen Preissprung. Der Liter Brent verteuerte sich von rund 70 Dollar auf 75 Dollar (knapp 68 Euro) – ein Plus von rund sieben Prozent.
Allerdings ist der Ölpreis noch verhältnismäßig niedrig. Nach dem brutalen Überfall der Hamas am 7. Oktober des vergangenen Jahres und des darauf folgenden Einmarschs der israelischen Armee in den Gazastreifen hatte der Liter Brent im Hoch 93,77 Dollar gekostet. Seitdem ist der Preis also fast um 20 Prozent gesunken und liegt damit derzeit sogar ungefähr auf dem Niveau von vor dem Ukraine-Krieg. „Der Ölmarkt ist trotz der jüngsten Entwicklungen nach wie vor eher entspannt. Hintergrund ist die schwache Weltkonjunktur mit schleppender Ölnachfrage bei gleichzeitig konstant hohem Angebot“, sagt Alexander von Gersdorff, Sprecher des Wirtschaftsverbandes Fuels und Energie En2x, der unter anderem die Mineralölbranche und die Markentankstellen in Deutschland vertritt.
Steigende Rohölpreise spüren Verbraucherinnen und Verbraucher hierzulande im Alltag. Beispielsweise beim Heizöl, aber auch bei den Spritpreisen an der Zapfsäule. Beim Heizölpreis konnten sich zuletzt Kunden verhältnismäßig günstig eindecken. Schon seit August kostete der Liter Heizöl nach Angaben des Marktportals Tecson im Bundesdurchschnitt weniger als einen Euro. Seit Mitte September steigen die Preise wieder an. „Am Heizölmarkt sind die Preise zuletzt zwar kontinuierlich nach oben gegangen. Dies liegt aber vor allem an anziehender Inlandsnachfrage zu Beginn der Heizsaison“, sagt en2x-Sprecher von Gersdorff.
Im April, als die Spannungen zwischen Israel und Iran schon einmal gefährlich zugenommen und der Iran Israel mit Raketen beschossen hatte, war der Preis auf knapp 1,10 Euro pro Liter geklettert. Danach ging es aber recht schnell abwärts. Im Vergleich zu den letzten Jahren ist es für Heizölkunden gerade ohnehin recht günstig: Nach dem rasanten Anstieg im Zuge des Ukraine-Krieges kostete der Liter Heizöl vor zwei Jahren noch über 1,56 Euro pro Liter und im vergangenen Jahr noch rund 1,19 Euro pro Liter.
Wann ist der beste Zeitpunkt für die Heizölbestellung?
Generell können die Preise für Heizöl im Sommer oft niedriger sein. In diesen Monaten ist die Nachfrage tendenziell geringer als im Winter. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass andere Faktoren, wie geopolitische Ereignisse oder Änderungen in der Rohölproduktion diese allgemeine Tendenz beeinflussen können.
Wo kann der aktuelle Preis für Heizöl gefunden werden?
Die aktuellen Heizölpreise können über verschiedenen Websites von Vergleichsportalen gefunden werden. Zudem können auch lokalen Heizölhändlern eine Auskunft erteilen. Zu beachten ist: Die Angaben sind immer tagesaktuell und können sich ändern.
Ist die Bestellung größerer Mengen Heizöl sinnvoll?
Der Kauf von Heizöl in großen Mengen kann oft zu niedrigeren Preisen führen. Denn viele Anbieter bieten einen Mengenrabatt an. Allerdings sollte man dabei auch die Lagerkapazitäten und den Verbrauch berücksichtigen.
Wie wirken sich Währungsschwankungen auf die Heizölpreise aus?
Weil Rohöl auf dem Weltmarkt in der Regel in US-Dollar gehandelt wird, können Wechselkursschwankungen einen Einfluss auf die Heizölpreise haben. Für die Heizölkunden bedeutet das: Wenn der Euro gegenüber dem US-Dollar an Wert gewinnt, kann dies dazu führen, dass Heizöl für Verbraucher in der Eurozone günstiger wird – und umgekehrt.
Wie kann ich mich vor steigenden Heizölpreisen schützen?
Einige Heizölhändler bieten Verträge an, bei denen die Verbraucher einen festen Preis für eine bestimmte Liefermenge über einen bestimmten Zeitraum vereinbaren können. Dies kann vor zukünftigen Preiserhöhungen schützen – birgt aber auch das Risiko, dass man mehr bezahlen muss, wenn die Preise für Heizöl wieder fallen. Zudem können effiziente Heizsysteme und gute Isolierung den Verbrauch und damit die Brennstoffkosten senken.
Wie sinnvoll sind Online-Preisvergleiche für Heizöl?
Online-Preisvergleiche für Heizöl können sehr nützlich sein, um einen Überblick über die aktuellen Preise der verschiedenen Anbieter zu bekommen. Sie ermöglichen es, das günstigste Angebot zu finden und zu prüfen, ob die Preise in der jeweiligen Region der allgemeinen Markttendenz entsprechen. Dennoch sollten neben dem Preis auch die Qualität des Heizöls und die Seriosität des Anbieters berücksichtigt werden. Manchmal können zudem Extra-Kosten wie die Liefergebühren anfallen, die nicht immer im ursprünglichen Preis enthalten sind.
Worauf ist bei der Bestellung von Heizöl zu achten?
Mehrere Punkte sollten Heizölkunden bei der Bestellung beachten – das sind:
- Die aktuellen Heizölpreise und mögliche Preisänderungen
- Der zu erwartenden Verbrauch und die Lagerkapazität
- Die Heizölqualität Qualität des Heizöls – dieses sollte die Anforderungen der Heizung entsprechen
- Extra-Kosten wie eine zusätzliche Liefergebühr können anfallen.
- Der Lieferant sollte seriösen sein und der Lieferprozess sollte reibungslos verlaufen – eine gute Vorbereitung ist wichtig
Wie wirkt sich der CO2-Preis auf die Heizölpreise aus?
Der Preis für CO2-Zertifikate ist ein wichtiger Faktor für die Kosten fossiler Brennstoffe – einschließlich Heizöl. Wenn Unternehmen für ihren CO2-Ausstoß zahlen müssen, führt dies zu höheren Kosten für die Produktion und Lieferung von Heizöl. Diese Mehrkosten geben die Unternehmen die in der Regel an die Verbraucher weiter. Daher kann ein Anstieg des CO2-Preises dazu führen, dass auch die Heizölpreise für Hausbesitzer steigen. Sparsame Heizsysteme oder rein regenerative Anlagen wie eine Wärmepumpe können eine Alternative sein.
Drohen jetzt höhere Spritpreise?
Auch die Spritpreise hängen mit dem Rohölpreis zusammen. Steigt der Rohölpreis, wird es in der Regel an der Zapfsäule teurer. Jedoch: „In den vergangenen Wochen hat sich der Konflikt nicht sonderlich stark auf die Spritpreise ausgewirkt“, sagte Andreas Hölzel, Unternehmenssprecher beim ADAC, unserer Redaktion. Am Dienstag, also vor dem Angriff, habe der durchschnittliche Benzinpreis für Super E10 mit 1,631 Euro pro Liter im Bundesdurchschnitt den niedrigsten Wert seit drei Jahren erreicht.
Der ADAC-Fachmann geht davon aus, dass Mineralölkonzerne nun aber wahrscheinlich einen Risikoaufschlag verlangen werden. „Wenn der Ölpreis steigt, dann zögern Mineralölkonzerne in der Regel nicht lange, sondern geben Preise auch zeitnah weiter.“
Tatsächlich stiegen am Tag nach dem Angriff die Kraftstoffpreise im Bundesdurchschnitt um je 1,5 Cent je Liter an. Vom Wirtschaftsverband Fuels und Energie heißt es dazu: „Damit hat der Gesamtmarkt, zu dem auch kleinere Tankstellenketten und freie Tankstellen gehören, mit Verzögerung auf höhere Einkaufspreise reagiert; diese enthalten auch die wegen des Nahost-Konflikts gestiegenen Ölpreise.“ Gleichzeitig weist der Verband die Kritik zurück, dass die Kraftstoffpreise automatisch schnell steigen würden, sobald der Ölpreis steigt. „Aufgrund der harten Konkurrenz der rund 14.000 Tankstellen in Deutschland wurden die im Sommer gesunkenen Einkaufspreise unmittelbar und dauerhaft an die Autofahrerinnen und Autofahrer weitergegeben“, sagt Verbandssprecher von Gersdorff. Noch immer lägen die Preise nahe des Jahrestiefs.
Wie teuer wird es nun also werden? „Eine seriöse Prognose, wie stark der Preis steigen würde, ist kaum zu treffen. Dazu hängt er von zu vielen Faktoren ab. Neben dem Ölpreis wäre die Frage, ob die Lieferwege im Suezkanal und im Roten Meer von einer Eskalation betroffen sind“, sagt Hölzel. Zugleich weist er darauf hin, dass der Rohölpreis nur rund ein Drittel des Benzinpreises ausmache, der Rest setze sich aus Steuern und der CO2-Abgabe zusammen, hinzu kämen zudem noch Schwankungen durch den Euro-Dollar-Wechselkurs. „Steigt der Ölpreis um zehn Prozent, steigen also nicht automatisch auch die Spritpreise um diesen Wert mit“, erklärt Hölzel.
Neben Benzin ist derzeit auch Diesel günstig, im Bundesdurchschnitt liegt der Preis laut ADAC mit 1,53 Euro pro Liter auf einem Jahrestief. Allerdings würden beim Dieselpreis mehrere Faktoren eine Rolle spielen. „Im Herbst ist Diesel aufgrund anziehender Heizölpreise vor der Heizperiode in der Regel etwas teurer, zudem wird der Dieselpreis nach wie vor durch den Ukraine-Krieg belastet“, so Hölzel. „Bei einer Eskalation im Nahen Osten würde sicher auch Diesel teurer werden, allerdings unterliegt der Dieselpreis neben dem Rohölpreis noch weiteren Einflussfaktoren.“
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Käme bei einer Eskalation die Inflation zurück?
Zuletzt hat sich die Teuerung in Deutschland verlangsamt. Nach einer ersten Schätzung des Statistischen Bundesamtes lag die Inflationsrate im September noch bei 1,6 Prozent. Die Europäische Zentralbank (EZB) strebt für eine langfristige Preisstabilität auf Jahressicht eine Teuerungsrate von zwei Prozent an.
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Problematisch könnten nicht nur höhere Ölpreise auf die Inflation wirken, sondern auch Störungen in der Lieferkette. So greifen die mit Israel verfeindeten Huthi-Rebellen immer wieder Containerschiffe im Roten Meer an. Viele Reedereien nehmen seitdem weite Umwege in Kauf, was zu steigenden Frachtkosten führt. „Der Zugang zur Straße von Hormus, die für den Welthandel von entscheidender Bedeutung ist, gerät nun verstärkt in den Fokus. Das deutsche Geschäftsmodell einer internationalen Arbeitsteilung, das vom ungehinderten Handel und Austausch abhängig ist, gerät zunehmend unter Druck“, sagt DIHK-Außenwirtschaftschef Treier.
„Wenn die Ölpreise kräftig steigen und es verschärfte Lieferkettenprobleme im Roten Meer geben würde, dann würden die Verbraucherpreise wieder steigen. Da es sich um eine importierte Inflation handelt, wäre die EZB zumindest anfangs relativ machtlos, sie zu bekämpfen“, sagt auch Ökonom Thomas Obst vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Sollte es zu Angriffen der Huthi kommen, wäre die wichtige Schiffsverbindung von Shanghai nach Rotterdam betroffen. „Die Folge wären gerade in der aufkommensstarken Vorweihnachtszeit erhebliche Frachtverzögerungen, die zu steigenden Konsumentenpreisen führen würden.“
Was sind die Folgen an den Aktienmärkten?
Die Börsen steckten die Entwicklungen zunächst relativ gelassen weg. Der amerikanische S&P 500 rutschte mit Bekanntwerden der Angriffspläne am Dienstag um rund ein Prozent ab, stabilisierte sich aber auf dem Niveau. Der Deutsche Aktienindex (Dax) notierte am Mittwoch nur leicht im Minus, gab aber auch am Donnerstag etwas nach. „Die Kapitalmärkte verfolgen das Geschehen im Nahen Osten sehr aufmerksam. Es wird nicht davon ausgegangen, dass eine Konfliktausweitung die Produktion oder den Transport von Erdöl aus dem Nahen Osten beeinträchtigen wird. Dies ist die wesentliche Verflechtung der Krisenregion mit der Weltwirtschaft“, sagte Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank, unserer Redaktion.
Sören Hettler, Leiter für Anlagestrategie und Privatkunden bei der DZ Bank, erwartet „keine nachhaltigen Auswirkungen auf die Finanzmärkte“ – sofern der Konflikt auf die Region begrenzt bleibt. Auch der Goldpreis als Krisenwährung habe nach dem Angriff keinen zusätzlichen Auftrieb erhalten. Allerdings bewegt sich dieser seit Wochen ohnehin auf hohem Niveau.
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Welche Folgen drohen Unternehmen?
„Der Konflikt in Nahost hat sich bisher kaum negativ auf die europäische und deutsche Wirtschaft ausgewirkt“, sagte Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), unserer Redaktion. „Dies könnte sich aber mit einer Eskalation ändern und die deutsche Wirtschaft beeinträchtigen, vor allem durch höhere Energiekosten und geringere Exporte.“ Eine Ausweitung des Krieges könnte wichtige Handelswege beeinträchtigen und deutsche Exportunternehmen treffen, warnte der Ökonom.
Doch nicht nur das. „Der Nahe Osten bleibt einer der wichtigsten Produzenten von Öl und Gas, eine Eskalation des Krieges dürfte die Preise deutlich ansteigen lassen und damit auch der energieintensiven Industrie in Deutschland einen weiteren Rückschlag bescheren.“ Vor allem aber fürchtet Fratzscher, dass sich die Stimmung bei Unternehmen und Konsumenten weiter verschlechtern könnte. „Wirtschaft ist ein großer Teil Psychologie, und die wohl wichtigste Hürde in Deutschland für eine schnellere Erholung ist das fehlende Vertrauen.“
Auch DIHK-Außenwirtschaftschef Treier warnt, dass die angespannte Sicherheitslage zu weiterer Verunsicherung bei den Unternehmen führe und Investitionen verzögere. IW-Ökonom Obst fürchtet ein großes Problem für die deutsche Wirtschaft. „Wir befinden uns seit Jahren in einer Stagnation. Es herrscht eine hohe Unsicherheit bei den Unternehmen, das bremst Investitionen ohnehin. Sollte es zu einer Eskalation kommen, würden Investitionen weiter zurückgehalten. Mit einem deutlich höheren Ölpreis oberhalb von 100 Dollar wären somit auch negative BIP-Effekte verbunden, und die könnten die deutsche Volkswirtschaft 2025 in eine Rezession führen.“
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