Washington. Eine Lügengeschichte über Einwanderer in Ohio sorgt für Chaos in einer Kleinstadt. J.D. Vance enthüllt Erschütterndes über ihren Ursprung.

Im direkten Vergleich mit seinem demokratischen Widersacher Tim Walz liegt J.D. Vance, der republikanische Kandidat für die Vize-Präsidentschaft an der Seite Donald Trumps, in der Gunst der amerikanische Wähler unübersehbar hinten. 

Fasst man die Meinungsumfragen zusammen, zwei Wochen vor dem TV-Duell der Vize-Kandidaten, dann hat der oft bei Bürger-Kontakten verklemmt und seltsam auftretende Jung-Senator aus Ohio ein eklatantes Beliebtheits-Defizit. „Das Manko könnte sich jetzt noch ausweiten und Trump zum Nachteil gereichen“, sagen republikanische Wahlkampf-Strategen in Washington.

Der Grund ist krass: Beim aktuellen innenpolitischen Aufreger Nr. 1 im Präsidentschaftswahlkampf – der von Trump und Vance in die Welt gesetzten und mit Macht am Leben gehaltenen Behauptung, in Springfield/Ohio würden haitianische Einwanderer Hunde und Katzen essen – hat der 40-Jährige jetzt vor laufender Kamera ein erstaunliches Bekenntnis abgelegt. 

J.D. Vance: Story über Einwanderer „konstruiert“

Kurz gesagt: Vance hat eingestanden, die Öffentlichkeit aus Wahlkampf-taktischen Erwägungen seit Tagen in die Irre zu führen. Gegenüber der hartnäckig nachfragenden CNN-Moderatorin Dana Bash gab Vance unfreiwillig zu, dass er die Geschichte von den Haitianern, die angeblich andererleuts Haustiere verspeisen, „konstruiert“ habe, um die aus seiner Sicht mangelnde Aufmerksamkeit der Medien auf das Problem der illegalen Einwanderung zu lenken. 

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Wörtlich sagte Vance: „Wenn ich Geschichten erfinden muss, damit die amerikanischen Medien dem Leiden des amerikanischen Volkes tatsächlich Aufmerksamkeit schenken, dann werde ich das tun.“

Trump und Vance gemeinsam bei einer 9/11-Gedenkfeier.
Trump und Vance gemeinsam bei einer 9/11-Gedenkfeier. © AFP | ADAM GRAY

Bash war für einige Sekunden regungslos, als der in republikanischen Reihen sehr umstrittene Kandidat durchblicken ließ, dass ihm der weitgehend fiktionale Charakter seiner Anschuldigungen gegen eine ethnische Minderheit bewusst ist, die spätestens seit der TV-Debatte zwischen Trump und Harris vor einer Woche extremen Anfeindungen ausgesetzt ist. Obwohl es sich bei den rund 15.000 Haitianern in Springfield nicht um Illegale handelt, sondern um rechtmäßig mit einem speziellen Schutz-Visa-Status in den USA lebende Menschen. 

Stadt in Ohio wird mit Bombendrohungen terrorisiert

Vance behauptete zwar erneut kurz, dass es einzelne Bürger-Berichte aus erster Hand gebe, die den Vorwurf des Tierverzehrs bestätigen würden. Als Bash energisch wiederholte, dass die lokale Polizei in Springfield, die Polizei im Landkreis, der City-Manager wie auch Ohios Gouverneur Mike DeWine, ein Republikaner, die Vorwürfe als komplett unwahr bezeichnet haben, ließ der ehemalige Erfolgsautor davon ab und verlegte sich auf ein Argument der Strickart „Der Zweck heiligt die Mittel“. Soll heißen: Ohne die erfundene Zuspitzung würde das wichtigste Anliegen Trumps, die Probleme rund um die illegale Einwanderung zur Priorität zu machen, untergehen.

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Demokraten in Washington reagierten mit Fassungslosigkeit auf diese Chuzpe. Der ernste Hintergrund: Seit einer Woche haben Schulen, Kindergärten und die einzige Universität in Springfield mittlerweile 33 Bombendrohungen erhalten. Mehrfach mussten Lehreinrichtungen geräumt werden, immer hieß es bisher am Ende: falscher Alarm. Die Bevölkerung in der 60.000-Einwohner-Stadt ist mit den Nerven am Ende.

Gouverneur Mike DeWine hat inzwischen die Polizei des Bundesstaates nach Springfield beordert, um für Beruhigung zu sorgen. Er sagt, die Drohungen kamen aus Übersee – aus einem bestimmten Land. Woher genau? Keine Angaben. Er und andere Konservative wünschen sich dessen ungeachtet, dass Trump und Vance endlich beidrehen – und ihre Lügengeschichte über die haitianischen Mitbürger zurückziehen.