Berlin. Innenministerin Faeser verbietet das „Compact“-Magazin. Wie schwächt das den Rechtsextremismus in Deutschland? Was heißt das für die AfD?
Es ist 6 Uhr am Dienstagmorgen, als die Polizei bei Jürgen Elsässer in Brandenburg klingelt. Elsässer trägt einen Bademantel, der 67-Jährige ist Chefredakteur des rechtsextremen Magazins „Compact“. Die Beamten haben einen Durchsuchungsbeschluss dabei – denn sein Magazin wurde gerade von Innenministerin Faeser verboten. Das Blatt sei „zentrales Sprachrohr der rechtsextremistischen Szene“, so Faeser. Das Magazin richte sich aggressiv-kämpferisch gegen die verfassungsmäßige Ordnung. Worum geht es dabei genau? Und inwiefern ist das ein Schlag gegen die rechte Szene in Deutschland? Ein Überblick.
Was ist das „Compact“-Magazin?
Vereinfacht gesagt: das wichtigste rechtsextreme Blatt in Deutschland. Nach eigenen Angaben hat das Heft eine Auflage von 40.000 Exemplaren, es wird seit 2010 veröffentlichte. Immer wieder geriet „Compact“ in die Kritik, weil Verschwörungstheorien, antisemitische Parolen und prorussische Propaganda darin abgedruckt wurden. Über Wirtschaftsminister Robert Habeck wurde im Zuge der Heizungsdebatte eine Titelgeschichte veröffentlicht. „Habeck in den Knast“ lautete die Zeile, dazu eine Fotomontage, die ihn hinter Gittern zeigt. Stets rechtspopulistische Thesen veröffentlichen – Hauptsache, die Lautstärke stimmt, das war die Agenda. Das Magazin hat während der Corona-Pandemie stark an Reichweite gewonnen und wird mittlerweile vom Verfassungsschutz als „erwiesen rechtsextremistisch“ eingestuft. Bei Verschwörungstheoretikern gilt das Blatt als Sprachrohr dessen, was viele von ihnen in der Öffentlichkeit nicht laut aussprechen wollen – sie aber gern lesen.
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Wer ist der Chefredakteur Jürgen Elsässer?
Elsässer ist eine Art menschliches Aushängeschild des Magazins. 1957 wurde er in Pforzheim geboren – und betätigte sich zunächst in linken Kreisen, schrieb unter anderem für die linke Zeitung „Neues Deutschland“. Dann entwickelte sich Elsässer immer weiter nach rechts – es wurde eine Reise ins Extreme. Die „Tagesschau“ berichtet, dass er im vergangenen Oktober bei einer Veranstaltung sagte, man könne doch im Osten wieder einen „eigenen Staat namens DDR“ errichten. Und: „Wir haben doch einen Reichskanzler in Gestalt von Björn Höcke“. Am Dienstagmittag, nachdem die Beamten bei ihm angerückt waren, stellte sich Elsässer vor die Fernsehkameras. Das Verbot sei eine „faschistische Maßnahme“ von Innenministerin Faeser.
Inwiefern ist das Magazin wichtig für rechte Parteien – besonders für die AfD?
Die Verantwortlichen von „Compact“ pflegen enge Kontakte zur rechtsextremen Kleinstpartei „Freie Sachsen“ und zu Aktivisten der „Identitären Bewegung“. Doch vor allem zur AfD gibt es enge Verbindungen. Das rechtsextreme Medienunternehmen nannte seine Veranstaltungsreihe vor den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg im September „Blaue Welle“. Der Deal funktioniert dabei so: AfD-Politiker treten bei „Compact“-Veranstaltungen auf, das Magazin erhält so prominente Unterstützung – und die Rechtspopulisten bekommen Öffentlichkeit. Elsässer betont gern, dass er ja parteiunabhängig agiere – doch die enge Verknüpfung mit Akteuren der AfD ist offensichtlich.
Wie reagiert die rechtsextreme Szene?
Mit Bestürzung. Intern ist die Rede davon, dass man sich mit Elsässer und den Magazin-Mitarbeitern solidarisieren solle, zudem wird zu Demonstrationen aufgerufen. Martin Sellner, einer der führenden Köpfe der neurechten Szene, der eine Kolumne bei „Compact“ hatte, rät dazu, zwar keine Symbole des Magazins mehr zu verwenden – aber sich nicht verunsichern zu lassen. In rechtsextremen Kreisen wird jetzt eine Klage gegen das Verbot diskutiert.
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