Frankfurt/Berlin. Die A5 bei Frankfurt soll massiv erweitert werden. Die FDP macht Betrieb beim Autobahnausbau. Ist das sinnvoll? Kritiker zweifeln.

Die Bankenmetropole Frankfurt am Main hat ihren Spitznamen bereits weg. Ob ihrer in Deutschland eher ungewöhnlichen Wolkenkratzer-Skyline wird Hessens größte Stadt gerne „Mainhattan“ genannt, ein Kofferwort aus Main und Manhattan. Bald könnte besagtes „Mainhattan“ noch einen „Los Angeles Highway“ dazu bekommen. So schmähen zumindest Kritiker das umstrittene Ausbauprojekt für die A5.

Nach den Wünschen von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) und der in Hessen regierenden CDU soll die A5 auf 29 Kilometer zwischen Friedberg und Frankfurter Kreuz auf zehn Spuren erweitert werden. Eine derart vielspurige Autobahn gibt es bisher zwar in China oder in den USA, aber noch nirgendwo in Deutschland.

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Eine Machbarkeitsstudie zum geplanten Ausbauprojekt liegt vor, in Auftrag gegeben von der bundeseigenen Autobahn GmbH und stolze 521 Druckseiten dick. Mehrere Experten geben darin ihre Einschätzung, warum eine der meistbefahrenen Strecken der Republik zehn Spuren vertragen kann, ja muss. Hauptgrund: die sogenannte „Verkehrsmenge“, die bis 2030 noch steigen werde. 200.000 Fahrzeuge am Tag quälen sich rund um Frankfurt über die A5. In vielen sitzen Pendler, die außerhalb von Frankfurt wohnen, aber jeden Tag mit dem Auto in die Stadt fahren. Doch selbst mit den geplanten zehn Spuren bleibe man nur „knapp unter der oberen Grenze der Qualitätsstufe D“, wie es in der Studie heißt. Mit anderen Worten: Selbst zehn Spuren sind eigentlich zu wenig. Zwölf wären besser gewesen.

Bürgerinitiative will A5-Ausbau verhindern

Ein massiver Ausbau einer Autobahn wirkt wie aus der Zeit gefallen, bedenkt man, dass andere Metropolen den umgekehrten Weg gehen und mittlerweile Autobahnen eher zurückbauen. In Paris wurde beispielsweise eine innerstädtische Autobahn am Seineufer stillgelegt, in Seoul ein kompletter Highway in eine Grünfläche verwandelt. In der Machbarkeitsstudie zum A5-Ausbau klingt nur leise an, dass ein derartiges Giga-Projekt negative ökologische Folgen haben könnte. Immerhin ist davon die Rede, dass fossile Energieträger im Verkehr mittelfristig von erneuerbarer Elektromobilität abgelöst würden. Von relevanten umweltrechtlichen Hindernissen steht dagegen auf keiner Seite auch nur ein Wort.

Dafür regt sich Widerstand bei Anwohnern, die eine Bürgerinitiative gegründet haben. Sie trägt den Namen „Es ist zu laut“. Drei Worte, die programmatisch sind und nicht nur den Autolärm, sondern auch den Fluglärm am Frankfurter Flughafen anprangern könnten. Die Bürger wehren sich dagegen, dass im Zuge eines Autobahnausbaus Gärten und Häuser direkt an der Lärmschutzwand weichen müssten. Auch das Trinkwasserschutzgebiet Stadtwald und ein Vogelschutzgebiet wären gefährdet. Rückendeckung erhält die Initiative auch von offizieller Seite. Die Frankfurter Stadtverordnetenversammlung ist kategorisch gegen einen A5-Ausbau, der Oberbürgermeister Mike Josef auch. „Das Letzte, was wir brauchen nach der Erfahrung der letzten Jahrzehnte, ist der Ausbau der A5“, sagt der SPD-Politiker.

Projekt soll 1,1 Milliarden Euro kosten

Damit stößt er bei der FDP, die mit Volker Wissing den Bundesverkehrsminister stellt, auf wenig Verständnis. Die FDP plädiert prinzipiell für einen umfassenden Autobahnausbau. Nur so sei die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Deutschland gesichert, argumentieren die Liberalen, zumal nicht genug Güter von der Straße auf die Schiene verlagert werden könnten. Auto statt Bahn – die FDP hat eine klare Präferenz und kollidiert damit mit der Wissenschaft.

Mobilitätsforscher wie Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin fordern gar ein „Moratorium für den Bau neuer Autobahnen“. Mehr Straßen führten auch zu mehr Verkehr, lautet das Argument des Wissenschaftlers. Mehr Verkehrsfluss statt Staus erreiche man durch rege Bautätigkeit eher nicht, vielmehr das Gegenteil. Aktuelle Studien geben Knie recht. Und selbst die Machbarkeitsstudie zum A5-Ausbau geht davon aus, dass sich der Autoverkehr nach dem Ausbau um weitere 14.500 Fahrzeuge pro Tag erhöhen würde.

Nicht nur die Anwohner, sondern auch Umweltschutzverbände warnen vor mehr Feinstaub und Lärm. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) forderte die hessische Landesregierung auf, lieber bereits bestehende Straßen in Schuss zu halten und mehr Geld in die Schieneninfrastruktur zu stecken. Auch der Verkehrsclub Deutschland (VCD) lehnt den Ausbau der Autobahn ab und verweist auf veränderte Arbeitsweisen, etwa durch mehr Homeoffice.

Das schwerwiegendste Argument dürfte allerdings das Geld sein. 1,1 Milliarden Euro soll der Ausbau der A5 laut Machbarkeitsstudie kosten. Die immer weiter steigenden Baukosten sind dabei noch gar nicht eingerechnet. Das könnte dann auch den Verkehrsminister überzeugen, der zuletzt die Autobahn-Investitionen ab 2025 massiv kürzen musste. Bauprojekte müssen in Zukunft noch strenger auf den Prüfstand gestellt werden. Und ob ein A5-Ausbau dann noch so wichtig ist, scheint vorerst völlig unklar.