Berlin. Bei einer Rede auf dem Libertären-Parteitag in Washington erfährt der Ex-Präsident viel Gegenwind – und kontert gewohnt unsouverän.
Donald Trump lässt sich gern von seinen Anhängern feiern. Gegenrede ist ihm bekanntlich zuwider. Und deshalb wundert es kaum, dass der sonst so redefreudige Präsidentschaftskandidat der US-Republikaner am Samstagabend auf der Libertarian National Convention in Washington einigermaßen entnervt die Bühne verließ. Der Grund: Die Libertären hatten so gar keine Lust auf eine Rede des 77-Jährigen. Und sie ließen ihn das auch deutlich spüren.
Lautstark wurde Trump vom Publikum ausgebuht und ausgelacht, bevor er zu seiner Rede mit den Worten ansetzte: „Die Leute fragen mich, warum ich gekommen bin, um auf dieser Convention zu reden. Und wisst ihr was? Das ist eine interessante Frage. Aber wir werden ...“, stockte er, während er von den Buhrufen irritiert zu sein schien. „Aber wir werden eine Menge Spaß haben.“
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Tatsächlich dürfte Spaß für den Besuch Trumps eher eine untergeordnete Rolle gespielt haben. Die Libertäre Partei ist eine der größten „Drittparteien“ der Vereinigten Staaten. Sie hat etwa 200.000 registrierte Wähler, 2020 erhielt sie rund 1,8 Millionen Stimmen – genug, um bei der Wahl im November einen Unterschied zu machen. Doch die Libertären sind nicht unbedingt Fans von Trump. Sie werfen dem Ex-Präsidenten vor, dass er die Entwicklung eines Covid-19-Impfstoffs überstürzt vorangetrieben und während der Pandemie nicht genug getan hat, um die Beschränkungen für Ungeimpfte in der Öffentlichkeit zu stoppen.
Trump zu Libertären: „Wir sollten nicht gegeneinander kämpfen“
Dennoch dürfte Trump mit einer solch leidenschaftlichen Ablehnung nicht gerechnet haben. Immerhin ein kleiner Teil der Menge jubelte dem Republikaner Berichten zufolge zu. Dennoch war die feindselige Stimmung gegen Trump deutlich zu spüren, wie ein Reuters-Journalist vor Ort beobachtete. Ihm zufolge habe ein Parteimitglied kurz vorm Erscheinen des Republikaners gerufen: „Donald Trump hätte eine Kugel abbekommen sollen!“ Ein anderer Teilnehmer soll laut „Sky News“ ein Banner mit der Aufschrift „Keine Möchtegern-Diktatoren!“ hochgehalten haben.
In seiner Rede versuchte Trump dennoch, gut Wetter zu machen. „Wenn ich kein Libertärer war, bin ich es jetzt“, sagte er scherzhaft mit Blick auf seine diversen Anklagen und die vier laufenden Strafverfahren. Die Partei vertritt eine Politik der geringstmöglichen staatlichen Einmischung – das gilt auch für Militär, Polizei und Justiz. Auf dem Parteitag rief er die Anwesenden dazu auf, mit ihm gemeinsame Sache zu machen. „Wir sollten nicht gegeneinander kämpfen“, erklärte er. Das Echo waren erneut Buhrufe.
Dass sich Trump überhaupt bei den Libertären blicken ließ, könnte aber auch ein Hinweis darauf sein, für wie groß er die Bedrohung durch den Drittkandidaten Robert F. Kennedy Jr. hält. Der 69-Jährige hatte in den vergangenen Wochen als Corona-Impfgegner und Verschwörungserzähler gegen staatliche Institutionen wie die CIA für Furore im Wahlkampf gesorgt. Ihm werden stolze 22 Prozent der Stimmen zugetraut – und die Libertären sind genau seine Zielgruppe.
Libertäre luden wohl auch Biden ein – doch der wollte nicht reden
Ob Kennedy aber eher für Trump oder doch für Joe Biden zum Problem wird, ist schwer zu prognostizieren. Kennedys Familie hatte ihrerseits dem eigenen Sprössling die Gefolgschaft verweigert und unterstützt offen den amtierenden Präsidenten. US-Medienberichten zufolge hatten die Organisatoren der Libertarian Party auch Biden eingeladen, um auf dem Parteitag zu sprechen – doch der habe die Teilnahme abgelehnt, anders als Trump „Die Libertarian Party kann einen großen Unterschied machen“, sagte letzterer in seiner Rede. „Wenn wir uns vereinen, werden wir nicht aufzuhalten sein.“
Würden sie ihn hingegen nicht unterstützen, würden sich die Libertären bei nationalen Wahlen „weiterhin alle vier Jahre [ihre] drei Prozent“ holen, ätzte er. Als Trump versprach, einen Vertreter der Partei in sein Kabinett aufzunehmen, sollen „Blödsinn“-Rufe aus dem Publikum zu hören gewesen sein. Chase Oliver, Präsidentschaftskandidat der Libertären, sagte nach dem Auftritt, es sei ein Fehler gewesen, Trump einzuladen, aber er sei stolz, dass die Anwesenden ihn immer wieder unterbrochen hätten.
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