Washington. Robert F. Kennedy will Präsident werden. Das nutzt nur Donald Trump. Deswegen macht die Kennedy-Familie jetzt Wahlkampf für Joe Biden.
Die schillerndste Politik-Dynastie der USA braucht normalerweise keine Worte, um ein unüberhörbares Statement abzugeben. So war es unlängst am irischen Nationalfeiertag St. Patrick. Über drei Dutzend Kennedys scharrten sich im Rosen-Garten des Weißen Hauses zum Gruppen-Foto um ihren Hoffnungsträger für die Präsidentschaftswahl im November: Amtsinhaber Joe Biden. Der wie sie auf irische Wurzeln verweisende Demokrat verkörpert die politische DNA des Ostküsten-Clans, aus dem Präsidenten, Minister, Senatoren und Kongress-Abgeordnete hervorgegangen sind.
Die in Szene gesetzte Nähe zu Joe Biden markiert die große Distanz zum schwarzen Schaf der Groß-Familie, das selbstredend abwesend war: Robert F. Kennedy Jr., der 70 Jahre alte Sohn des wie sein Onkel John F. Kennedy ermordeten Ex-Justizministers Bobby Kennedy, bastelt seit über einem halben Jahr als Parteiunabhängiger an dem Plan, am 5. November der große Spielverderber zu werden.
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In Umfragen auf 15 bis 20 Prozent taxiert, würde der ehemalige Umwelt-Anwalt nach herrschender Lesart der Analysten wohl vor allem im Biden-Lager Stimmen abgreifen. Sie könnten dem Amtsinhaber am Ende fehlen und so seinen Wieder-Herausforderer Donald Trump ins Weiße Haus tragen.
Wahl in den USA: Trumps Berater werben euphorisch für Robert F. Kennedy Jr.
Genau das wollen die Kennedys verhindern. In Philadelphia warb der Clan, vertreten durch über ein Dutzend Mitglieder, in dieser Woche offensiv für den Amtsinhaber. „Wir wollen glasklar unser Gefühl zum Ausdruck bringen, dass Amerika am besten in die Zukunft geht, wenn es Joe Biden und Kamala Harris für weitere vier Jahre wiederwählt“, sagte Kerry Kennedy, die Schwester von Robert F. Kennedy Jr., im Beisein des Präsidenten.
Die ungewöhnliche Aktion hat Gründe. Trumps Strategie-Berater werben geradezu euphorisch für Kennedy; in der Hoffnung, dass Wähler links der Mitte, die Biden aus Alters- oder anderen Gründen überdrüssig geworden sind, dem Dritt-Kandidaten ihre Proteststimme geben.
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Als der für seine krankheitsbedingte Raspelstimme bekannte Multimillionär zuletzt erklärte, Team Trump habe ihn diskret angesprochen, als Vize-Präsidentschaftskandidat mit dem Republikaner-Übervater ins Rennen zu gehen, kam von dort jedoch ein scharfes Dementi. Kennedy beharrt darauf, die Offerte abgelehnt zu haben.
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Er glaubt, die massive Unzufriedenheit im Volk über die Paarung Biden/Trump im Rücken, ernsthaft an eine Außenseiterchance. Sein Bemühen, zu beiden Konkurrenten gleichermaßen Distanz zu wahren, wurde zuletzt durch seine inzwischen gefeuerte Kampagnen-Managerin in New York brutal konterkariert. Rita Palma hatte öffentlich gesagt, es gehe bei der Wahl im November allein darum, „Joe Biden loszuwerden“.
Bis dahin ist für Kennedy noch eine zähe Wegstrecke zu gehen. Auf dem Wahlzettel ist er bisher nur in Utah, Iowa und Michigan gesichert. Für New Hampshire, Nevada, Hawaii, North Carolina, Idaho, Iowa und Nebraska seien die teils anspruchsvollen Voraussetzungen (Tausende Unterstützungsunterschriften) so gut wie erfüllt, sagt seine Sprecherin Stefanie Spear und kündigt an: „Im Herbst wird Robert F. Kennedy Jr. in allen 50 Bundesstaaten zur Wahl stehen.“ Das kostet Unmengen an Geld.
US-Wahl 2024: Kennedy verweist auf die Zeit, als sein Onkel Präsident war
Für die Wahlkampffinanzierung sorgt neben Großspendern wie dem Milliardär Timothy Mellon Kennedys politikunerfahrene Co-Pilotin. Nicole Shanahan, die als seine Vizepräsidentschaftskandidatin unter dem Slogan „Die Zukunft beginnt jetzt“ antreten will, war bis zu einer kolportierten Affäre mit Elon Musk mit Google-Mitgründer Sergey Brin verheiratet. Die 38-Jährige gilt als eine der reichsten Frauen im Silicon Valley. Außerhalb Kaliforniens ist sie fast unbekannt.
Bei den Themen jongliert Kennedy so, dass sowohl für Links-Progressive (er ist gegen Bidens Politik, die USA weiter zum weltweit größten Erdöl-Produzenten zu machen) wie für Rechtskonservative (er hält wie Trump die Attentäter beim „Sturm aufs Kapitol“ für unfair behandelt) etwas dabei ist. Kennedy stilisiert sich als Garant für ein Amerika, in dem der militärisch-industrielle Komplex samt Korruption zurückgestutzt wird. Aus dem Ukraine-Konflikt würde er die USA zurückziehen. Illegale Einwanderung? Verbieten. Die Pharma-Riesen? Aufspalten.
Wenn Kennedy im Wahlkampf auftaucht, meist in Nischen der sozialen Medien, fangen seine Monologe mit dem Satz an: „Als mein Onkel Präsident war“. Das klingt bei vielen Wählern, die ansonsten nichts mit der Biografie des mit der Hollywood-Schauspielerin Cheryl Hines verheirateten Juristen anfangen können, attraktiv. Im Kennedy-Clan, der regelmäßig zusammenkommt, wirkt der Satz dagegen wie eine Kampfansage.
USA: Kennedy-Clan empfindet RFK-Kampagne als Verrat
Mit verteilten Rollen machen prominente Gesichter wie Rory Kennedy, die Schwester von RFK Jr., oder John F. Kennedys Enkel Jack Schlossberg gegen ihren Verwandten mobil. Kennedys Kandidatur stelle „eine Gefahr für unser Land dar“, weil sie die Rückkehr Trumps begünstige. RFK mag „den gleichen Namen haben wie unser Vater, aber er hat nicht die gleichen Werte, Zukunftsvisionen und das Urteilsvermögen“.
Der Clan wird nicht müde, das Sündenregister von RFK Jr. aufzuzählen. So verbreitete Kennedy die Theorie, Impfungen lösten bei Kindern Autismus aus. Für Massenschießereien an Amerikas Schulen seien Antidepressiva verantwortlich. Und das Coronavirus sei als Biowaffe kreiert worden, um Schwarze und Weiße zu infizieren, während Chinesen und Juden verschont blieben.
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