Washington/New York. Trumps Verteidigerin versucht krampfhaft, die Glaubwürdigkeit der Porno-Darstellerin zu erschüttern. Doch Stormy kontert geschickt.

  • Stormy Daniels wehrt sich bei ihrer Vernehmung im Schweigegeld-Prozess gegen die Anwälte von Donald Trump
  • Der Porno-Star lässt sich auch vor Gericht nicht einschüchtern
  • Lesen Sie hier, wie die Vernehmung verlief

Verrückt. Unehrlich. Geldgeil. Hungrig nach Ruhm. Die Attribute, die Donald Trumps Anwältin Susan Necheles am Donnerstagmorgen Porno-Star Stormy Daniels im Schweigegeld-Prozess gegen Donald Trump zukommen ließ, um sie vor den Geschworenen als Lügnerin und Aufschneiderin zu diskreditieren, hatten es in sich. 

Aber Necheles ließ es nicht dabei bewenden. Als sie Stormy Daniels vorhielt, paranormale Anwandlungen zu haben und so zu tun, als könne sie mit Toten kommunizieren, ging ein leises Raunen durch den abermals prall gefüllten Saal im Gerichtsgebäude von Manhattan.

Donald Trump mit seiner Anwältin Susan Necheles auf dem Weg in den Gerichtssaal.
Donald Trump mit seiner Anwältin Susan Necheles auf dem Weg in den Gerichtssaal. © AFP | Jeenah Moon

Necheles‘ Botschaft an die zwölf aufmerksam zuhörenden Juroren, die voraussichtlich Ende des Monats über Schuld oder Unschuld des republikanischen Präsidentschaftskandidaten richten werden, war klar: Trauen Sie nicht dieser Frau, ohne die der 45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika nicht auf der Strafbank säße. 

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Susan Necheles kam am zweiten Tag der Vernehmung von Daniels, die von Trumps Ex-Anwalt Michael Cohen 130.000 Dollar bekommen hatte, um eine 18 Jahre zurückliegende Affäre zu verschweigen, die Trump bis heute hartnäckig bestreitet, immer wieder auf einen Punkt zurück: „Sie haben sich das alles nur ausgedacht, stimmt’s?“ Worauf Daniels ein entschlossenes „Nein!“ zurückgab. 

Trump-Prozess: „Sie haben sich das alles nur ausgedacht, stimmt’s?”

Um die Glaubwürdigkeit der 45-jährigen Erotik-Darstellerin zu erschüttern, die 2006 in einem kalifornischen Golf-Hotel mit Trump eine nur wenige Minuten dauernd Sex-Episode gehabt haben will, begab sich Necheles in konstant aggressivem Ton auf dünnes Eis. Sie behauptete, dass die Porno-Industrie, zu deren Stars Daniels gehört, fake sei, der Sex also nicht real. Stormy Daniels sei somit berufsbedingt erfahren und prädestiniert, um Lügengeschichten zu erfinden. Dazu gehöre eben auch ihre Story über die Begegnung mit Donald Trump 2006 am Lake Tahoe. 

Klagt weit über die Justiz, die ihn ungerecht behandele und vom Wahlkampf abhalte: Donald Trump am Donnerstag im Gericht.
Klagt weit über die Justiz, die ihn ungerecht behandele und vom Wahlkampf abhalte: Donald Trump am Donnerstag im Gericht. © AFP | VICTOR J. BLUE

Daniels, sichtlich wütend, schoss die Antwort wie einen Giftpfeil zurück: „Der Sex in den Filmen ist sehr real, genauso wie das, was mir in dem Zimmer (Golf-Hotel – d. Red.) widerfahren ist.“ Zusatz: Müsste sie eine Szene für einen ihrer Filme schreiben, wäre sie entschieden besser als das, was sie mit Donald Trump erlebt habe. 

Weil Trump bisher nicht ausgesagt hat (und dies aller Voraussicht nach, um sich nicht um Kopf und Kragen zu reden, auf Anraten seiner Anwälte auch nicht tun wird), kann man die zweite Hauptperson der Liaison, bei deren finanzieller Abwicklung strafrechtlich relevante Fehler gemacht worden sein soll, wohl nicht dazu hören. 

Sieben Stunden Vernehmung an zwei Tagen: Stormy Daniels hat am Donnerstagsmittag das Justiz-Gebäude in Manhattan verlassen.
Sieben Stunden Vernehmung an zwei Tagen: Stormy Daniels hat am Donnerstagsmittag das Justiz-Gebäude in Manhattan verlassen. © AFP | Charly Triballeau

Stormy Daniels verkauft für 40 Dollar „Stormy, Heilige der Anklagen”-Kerzen

Necheles weiß das. Darum prügelte sie mit Worten weiter auf die Mutter einer Tochter ein. Sie warf Daniels vor, in einem Online-Shop Geld mit ihrem Trump-Abenteuer machen zu wollen. So ist dort etwa für 40 Dollar eine „Stormy, Heilige der Anklagen“-Kerze zu kaufen. Dass Trump zuletzt für 300 Dollar goldfarbene Turnschuhe und für jeweils 59,99 Dollar „patriotische“ Bibeln veräußerte, um seine klamme Wahlkampf-Kasse aufzubessern, ließ sie unerwähnt. 

Necheles nahm auch die Tatsache, dass Daniels 2018 für ein Buch über sich und die Causa Trump 800.000 Dollar bekam, als Indiz für eine rein wirtschaftliche Herangehensweise der Zeugin. „Ich wollte, dass die Wahrheit ans Licht kommt“, setzte Daniels dem entgegen, „und dass meine Familie nicht beschädigt wird.“

Der Versuch der Verteidigung, Daniels als vulgär hinzustellen, wirkte auf manche Zuhörer befremdlich. Stormy Daniels nannte Trump in sozialen Medien vor einiger Zeit einen „orangefarbenen Scheißhaufen“, nachdem er sie mit Etiketten wie „Pferdegesicht“ attackiert hatte. Dass sich Daniels eine von Trump seit Jahrzehnten gepredigte Philosophie zu Herzen nahm, die da heißt: „Wenn Dich jemand angreift, musst Du umso härter zurückschlagen“, behagte der Rechtsvertreterin nicht. 

Der Kern des Prozesses – die laut Anklage steuerlich illegale Verbuchung des Schweigegeldes – spielt in Necheles‘ Befragung nur am Rande eine Rolle. Wie die Geschworenen die versuchte „Charakter-Hinrichtung“ von Stormy Daniels durch Trumps Verteidigung aufgenommen haben, bleibt bis zur Urteilsfindung unklar. Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt.