Jerusalem. Unter den freigelassenen Geiseln sind auch zwei Jungen mit deutscher Staatsbürgerschaft. Ihr Schicksal hatte viele Menschen bewegt.
Nach 52 Tagen Geisel-Horror konnten die zwei deutschen Teenager Or und Yagil endlich nachhause zurückkehren: Gemeinsam mit neun anderen israelischen Geiseln wurden die deutsch-israelischen Doppelstaatler am Montagabend aus der Gewalt der Hamas-Terrorgruppen im Gazastreifen befreit. Der Vater der Jungen wird weiterhin von der Hamas gefangen gehalten.
„Nehmt mich nicht mit, ich bin zu jung!“ Das war der letzte Satz, den Renanah Gomeh, die Mutter der Jungen, von ihrem jüngeren Sohn Yagil hörte. Der 12-Jährige war mit seinem älteren Bruder Or allein zuhause im Kibbutz Nir Oz nahe der Grenze zum Gazastreifen, als am frühen Morgen des 7. Oktober der Luftschutzalarm losheulte. Die Teenager rannten zum Luftschutzraum, dort telefonierten sie mit ihrer Mutter, als sie Lärm im Haus hörten: Arabisch sprechende Männer waren eingedrungen. Die Mutter konnte die Angst in den Stimmen Yagils und Ors hören, ihnen aber nicht helfen.
- Gerichtsurteil: Paukenschlag in Israel – Ultraorthodoxe müssen zur Armee
- Verletzter Verdächtiger: Palästinenser auf Motorhaube gebunden – Empörung über Israels Militär
- Regierung unter Druck? Massenproteste in Israel – größte Demo seit Monaten
- Islamisten: Stärkste Angriffe seit Kriegsbeginn – Hisbollah beschießt Israel
- Nach Rettung: Geisel Noa Argamani befreit – Das war ihr erster Wunsch
Von Hamas entführt: Kurzfilm „Desaster“ schildert Schicksal der beiden Teenager
Die Jungen versuchten, sich mit aller Kraft gegen die schwere Tür des Luftschutzraums zu stemmen, doch die Terroristen waren stärker. Die Bitte Yagils, auf sein junges Alter Rücksicht zu nehmen, fand kein Gehör. Die Hamas-Kämpfer packten die Jungen und verschleppten sie wie 68 weitere Bewohner des Kibbutz in den Gazastreifens. Seither hatte ihre Mutter Renana nichts von ihnen gehört. Auch der Vater der Buben, Yair Yaakov, und seine Partnerin Merav Tal wurden verschleppt. Beide sind immer noch in der Gewalt der Terroristen.
Um die Welt auf das Schicksal der Entführten aufmerksam zu machen und die Politik zum Handeln zu bewegen, beauftragte die Mutter der Jungen den Animationskünstler Yoni Goodman, um die Geschichte der beiden Jungen und ihre Verschleppung am 7. Oktober in dem kurzen Film „Desaster“ zu illustrieren.
Lesen Sie auch:Freigelassene Geiseln – Yahel „lächelt wieder so süß, wie nur sie es kann“
Israel: Entführte Teenager konnten Mutter erstmals nach 52 Tagen wiedersehen
Yagil Yaakov wird von seiner Familie als aufgeweckter und humorvoller Junge beschrieben. Der 12-Jährige sei „der Klassenclown, der alle zum Lachen bringt“, der stets von Freunden umgeben sei und Fußballspielen liebe. Sein älterer Bruder Or hingegen sei introvertiert, feinfühlig und diszipliniert. Beide Jungen wurden in ein Krankenhaus eingeliefert, wo sie medizinisch und psychologisch betreut werden und nach 52 Tagen erstmals ihre Mutter wiedersehen konnten.
Ganz Israel hatte um Or gezittert, nachdem publik geworden war, dass er unter einer lebensbedrohenden Erdnussallergie leidet. Schon geringe Spuren an Erdnüssen könnten reichen, um ihm das Leben zu kosten, warnte sein Hausarzt. Als Or auf einem Foto auftauchte, das die Hamas im Laufe der sieben Wochen veröffentlichte, konnten seine Angehörigen erkennen, dass er an abgemagert war. „Vielleicht traute er sich nicht zu essen, weil er Angst hatte, dass es für ihn gefährlich sein könnte“, sagte Hagai Levine, der Vertrauensarzt der Geisel-Familien, gegenüber Medien.
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zeigte auf der Plattform X erleichtert, dass die zwei Deutschen befreit werden konnten. Zugleich denke sie „an die Familien, die weiter bangen“, erklärte Baerbock. „Wir tun alles dafür, dass auch sie ihre Liebsten wieder in die Arme schließen können.“
Von unseren Reportern in Israel
- Geisel-Angehörige: „Druck auf Hamas sollte viel größer sein“
- Experte Masala:„Hamas-Tunnel zu sprengen, wäre eine Möglichkeit“
- Heimatbesuch wird zum Drama:„Ungewissheit ist grauenhaft“
- An die Front:Alon ist Frankfurter – und zieht für Israel in den Krieg
- Nach Gaza entführt:„Wir sind die Hamas, ihr Israelis habt schöne Töchter“