Berlin. Der Militärexperte Carlo Masala erklärt, wie Israel gegen die Hamas vorgehen könnte – und warum die Geiseln dabei eine Rolle spielen.

Nach Ansicht des Militärexperten Carlo Masala will sich Israel derzeit in Gaza sogenannte „Gefechtsstreifen“ sichern. Spezialeinheiten würden auf der Grundlage von Geheimdienstinformationen versuchen, die Geiseln zu befreien.

Israel hat nach heftigen Luftangriffen seine Bodenoffensive im Gazastreifen begonnen. Wie sieht der Schlachtplan der Israelis aus?

Carlo Masala: Genau kann diese Frage keiner beantworten. Was man sagen kann, ist: Die Israelis gehen mit kleineren Einheiten und Luftunterstützung in den Gazastreifen rein, um sogenannte Gefechtsstreifen zu sichern. Es kann sein, dass ab einem gewissen Punkt eine größere Invasion erfolgt. Wir müssen uns daran gewöhnen, dass wir keine klaren Übergänge sehen werden. Die Militär-Operation ist ein fließender Prozess.

Carlo Masala lehrt an der Hochschule der Bundeswehr München Internationale Politik.
Carlo Masala lehrt an der Hochschule der Bundeswehr München Internationale Politik. © imago/Sven Simon | IMAGO stock

Wie wollen die Israelis die Geiseln befreien, die vermutlich in dem weit verzweigten Tunnelsystem gefangen gehalten werden?

Masala: Die Geiseln werden auf der Grundlage von Geheimdienstinformationen befreit – wenn man genau weiß, wo man sie lokalisieren kann. Dann werden Einheiten, die auf die Geiselbefreiung spezialisiert sind, zugreifen.

Israel will nicht nur die Geiseln befreien, sondern gleichzeitig die Hamas zerstören: Kann das gelingen?

Masala: Einige Geiseln werden wohl befreit werden. Aber es ist schwer vorstellbar, dass es Israel schaffen wird, alle rund 240 Geiseln zu befreien. Ich gehe davon aus: Je intensiver die Kämpfe werden, desto mehr steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Hamas Geiseln exekutieren wird.

Ein Großteil der Hamas-Kämpfer sowie deren Waffen dürften sich ebenfalls in den Tunneln befinden. Wie muss man sich die israelischen Attacken auf das unterirdische Schlachtfeld vorstellen?

Masala: Sollten es Tunnel sein, von denen man weiß, dass sich keine Geiseln darin befinden, wäre Sprengung eine Möglichkeit. Oder israelische Soldaten würden die Tunnel durchkämmen und versuchen, die Hamas-Kämpfer zu eliminieren.

Hat Israel einen Nachkriegsplan für den Gazastreifen?

Masala: Nach dem, was wir wissen, ist dies momentan nicht der Fall. Bislang gibt es offiziell nur zwei Aussagen hierzu. Der israelische Botschafter bei den Vereinten Nationen sagte, sein Land habe kein Interesse, den Gazastreifen wieder zu besetzen. Der israelische Außenminister erklärte, nach Ende des Krieges werde es eine Sicherheitszone geben. Ein Teil des Gazastreifens wäre dann wohl eine Art Niemandsland, aus dem keine Attacken mehr gegen Israel durchgeführt werden können.