Berlin. Archäologen müssen ständig Angst haben vor Waffen, Fallen und Viren aus Gräbern – oder? Unser Experte sagt, welche Gefahren wirklich lauern.
Lisa Lamm bringt es in der Zeitschrift „National Geographic“ mit einem Satz gut auf den Punkt: „In Hollywood leben Archäolog*innen oft gefährlich“. Eine sehr schöne Aussage und ein perfekter Einstieg in unser heutiges Thema: Wie gefährlich ist der Job als Archäologin oder Archäologe tatsächlich?
DAS eine Berufsfeld in der Archäologie gibt es so nicht. Das habe ich bereits in meiner letzten Kolumne beschrieben. Ich persönlich glaube jedoch, dass wir heute die Gefahren am Schreibtisch ignorieren können und uns deshalb auf die Feldarchäologie konzentrieren.
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Archäologen im Film: Hollywood setzt auf Mumien, Monster und Fallen
Im Kontext von Hollywood kann man die Darstellung von Archäologie wiederum grob auf zwei Hauptaspekte aufteilen:
- Zum einen sind das häufig wiederauferstandene Mumien oder Monster,
- zum anderen haufenweise tödliche Fallen.
Beides vorzugsweise natürlich in „geheimen Tempeln“. Auch die vergangene Woche auf Netflix erschienene neue „Lara Croft“-Zeichentrickserie bedient sich dieser Stilmittel im Minutentakt. Zwar ist die seit 1996 berühmte Computerspiel-Figur aus dem Abenteuer-Hit „Tomb Raider“, die im Kino von Angelina Jolie und später von Alicia Vikander verkörpert wurde, keine Archäologin, sondern eher eine zerstörerische Grabräuberin – aber das Thema bleibt irgendwo das gleiche.
In der Realität kommen ausgrabende Archäologen und Archäologinnen in der Regel früher oder später mit Skeletten in Kontakt – je nach Spezialisierung auch mit Mumien. Diese Individuen litten häufig an einer Vielzahl von Krankheiten – allerdings überleben diese Viren und Bakterien keine zehn Jahre ohne lebenden Wirt.
„Fluch des Pharao“ und gefährliche Fallen: Was steckt hinter den Todesfällen?
Berichte von tödlich verunglückten Ausgrabenden gibt es aber doch – Ihnen ist sicher der sagenumwobene „Fluch des Pharaos“ im Zusammenhang mit der Graböffnung des altägyptischen Königs Tutanchamun bekannt. Allerdings sind die mysteriösen Todesfälle anscheinend auf das Einatmen von Pilzsporen zurückzuführen und nicht auf uralte Verwünschungen. Auch wurden hier bereits zuvor erkrankte Personen und unglückliche Zufälle in einen Topf geworfen.
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Tödliche Fallen gehören ebenfalls zur Kategorie Hollywood-Mythos. Die Erbauer solcher Grabanlagen setzten auf schriftliche Flüche an den Wänden oder dem Anlegen von Sackgassen, falschen Gängen und Türen zur Verwirrung von Eindringlingen. Die meisten Archäologen werden jedoch in ihrem Arbeitsleben nie an solch einem Grabmal tätig sein. Stattdessen sind sie ganz anderen – realen – Gefahren ausgesetzt.
Archäologen: Das sind die wirklichen Gefahren im Job
Eine enorme Gefahr für Archäologinnen und Archäologen sind vor allem Kampfmittel aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg. Ich selbst stand schon einmal inmitten von Phosphorbomben – und als ein Bagger plötzlich einen Meter neben mir eine Signalbombe aus dem Boden zog, dachte ich für ein paar Sekunden: Das war es jetzt. Diesen Moment, als die Schaufel auf den Stahl traf und die intakte Hülle aus dem Boden zog, werde ich sicherlich nie vergessen.
Oft kommt die Gefahr aber auch still und unsichtbar daher. Auch hier sind es wieder die Ausgrabungen im Kontext des Zweiten Weltkriegs, bei denen ich zum Beispiel mit Giftmüll und Asbest in Kontakt gekommen bin. Wer hier auf Handschuhe und Mundschutz verzichtet, riskiert eindeutig seine Gesundheit.
Am Ende des Tages ist und bleibt eine archäologische Ausgrabung eine Baustelle. Hier lauern grundsätzlich viele Gefahren:
- Angefangen bei falscher Arbeitskleidung,
- das Verzichten auf Sonnencreme, was im Laufe eines Arbeitslebens schnell zu Hautkrebs führen kann,
- auch tiefe Löcher oder ungesichertes Mauerwerk können lebensbedrohlich sein, dabei kann eine Verschüttung bis zur Hüfte schon ausreichen und den Knöchel kann man sich auch bei wenigen Zentimetern Tiefe schmerzhaft verstauchen.
Viren lauern im Museum oder Lager
Sind die Grabungsarbeiten auch noch baubegleitend, kommen weitere Gefahren durch die Tätigkeit anderer Baufirmen hinzu. Hier rufen bei mir persönlich vor allem große Baufahrzeuge ein mulmiges Gefühl hervor, wenn diese ununterbrochen in meiner direkten Nähe laustark ihre Arbeit verrichten. Als Archäologe im Feld ist man mit seinem Kopf nun doch meist den Funden und Befunden – und die stecken nun mal im Boden.
Lesen Sie hier alle Folgen der Kolumne: Kárpáty gräbt aus
Am Ende möchte ich dennoch kurz die Hantaviren erwähnen: sie werden über Nagetiere wie Ratten und Mäuse übertragen. Ich persönlich weiß von einem Fall auf einer Grabung im Feuchtbodenmilieu. Aber auch – und so schließt sich der Kreis – von Vorfällen in Lagerbeständen, also Kolleginnen und Kollegen aus dem Museum oder in Depots.
Unser Experte
Ägyptische Pyramiden, entdeckte Schätze, der Alltag der alten Römer und Griechen: Archäologie fasziniert viele Menschen. Konstantin Kárpáty hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht. Der Münchener ist nach seinem Studium an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) seit Kurzem Doktor der Archäologie. Was er in seinem Job erlebt und was die wichtigsten Neuigkeiten aus der Welt der Archäologie sind, erzählt er für uns regelmäßig aus ganz persönlicher Sicht. Außerdem betreibt er die Social-Media-Kanäle „Excavation Time“ und den Podcast „Ausgegraben“.
Grundsätzlich können je nach Grabung mal mehr und mal weniger Gefahrenbereiche zusammenkommen. Daher lege ich jedem ans Herz, sich entsprechend vorzubereiten und ein wachsames Auge auf sich und seine Mitarbeitenden zu haben. Das gilt auch dann, wenn Sie mal eine Ausgrabung nur als Gast besuchen.
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