Siegen-Wittgenstein. Die politische Konkurrenz aus CDU, SPD, Grünen, FDP und Freien Wählern üben zum Teil scharfe Kritik an AfD-Bundestagskandidat Christian Zaum.

Der Bad Laaspher Bundestagskandidat Christian Zaum hat mit einer stark zugespitzten Rede auf dem NRW-Parteitag der AfD den fast sicheren Einzug in den Bundestag erreicht. Zaum eroberte den Reservelistenplatz zehn. Zaum hat ein Video seiner Rede auf Instagram gepostet. Und die Berichterstattung darüber in dieser Zeitung hat teils heftige Gegenrede durch die politische Konkurrenz von Benedikt Büdenbender (CDU), Luiza Licina-Bode (SPD), Laura Kraft (Grüne), Guido Müller (FDP) und Marion Linde (Freie Wähler) hervorgerufen.

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Laura Kraft möchte für Bündnis90/Die Grünen im Wahlkreis Siegen-Wittgenstein (148) erneut in den Bundestag einziehen. 

„Ich unterstütze einen Antrag des Bundestages an das Bundesverfassungsgericht zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit und zum Verbot der AfD.“

Laura Kraft
Bundestagsabgeordnete der Grünen

Die Siegener Bundestagsabgeordnete Laura Kraft fordert sogar ein Verbot der AfD: „Die Äußerungen von Herrn Zaum zeigen das perfide Welt- und Menschenbild der in Teilen als gesichert rechtsextrem geltenden AfD und die zunehmende Radikalisierung dieser Partei. Besonders erschreckend ist, dass Herr Zaum Lehrer ist – jemand, der eine besondere Verantwortung trägt und der junge Menschen bilden und ihnen die Werte einer liberalen Demokratie vermitteln sollte. Die AfD hingegen bekämpft Vielfalt, propagiert Spaltung und untergräbt unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung. Deutschland braucht Mut, Zusammenhalt und den Willen, gemeinsam mit Europa die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern – nicht Stillstand und Ausgrenzung. Wie viele Warnhinweise braucht es eigentlich noch? Es ist fünf vor zwölf! Deshalb unterstütze ich einen Antrag des Bundestages an das Bundesverfassungsgericht zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit und zum Verbot der AfD.“

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Benedikt Büdenbender (35) aus Netphen will die Nachfolge von Volkmar Klein als direkt gewählter Bundestagsabgeordneter aus dem Kreis Siegen-Wittgenstein antreten.

„Hetze und gegenseitige Schuldzuweisungen helfen uns nicht weiter. Wir brauchen jetzt eine Politik, die die Sorgen und Nöte der Menschen erkennt und Probleme löst, statt Phrasen zu dreschen.“

Benedikt Büdenbender
CDU-Bundestagskandidat

Der Netphener Benedikt Büdenbender kandidiert als Nachfolger von Volkmar Klein für die CDU bei der Bundestagswahl und stellt die Alternativen zur Alternative für Deutschland in den Vordergrund: „Wir brauchen eine Politik, die mit Mut und Entschlossenheit unser Land wieder nach vorne bringt. Die Wirtschaft als Motor für Beschäftigung und Wohlstand muss ein zentrales Thema werden. Wir brauchen in Siegen-Wittgenstein Zukunftsperspektiven für Familien. Dies gelingt nur mit guten und sicheren Arbeitsplätzen. Energiepreise müssen sinken, in dem wir alle Kapazitäten ans Netz bringen. Deutschland muss seine Position als verlässlicher Partner in Europa stärken. Durch die Reform des Wahlrechts ist es umso wichtiger, dass Siegen-Wittgenstein durch einen Abgeordneten in Berlin vertreten wird, der mit beiden Beinen auf dem Boden des Grundgesetzes steht. Die CDU steht dabei für eine verantwortungsvolle Politik. Hetze und gegenseitige Schuldzuweisungen helfen uns nicht weiter. Wir brauchen jetzt eine Politik, die die Sorgen und Nöte der Menschen erkennt und Probleme löst, statt Phrasen zu dreschen.“

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Luiza Licina-Bode (MdB)

„Herrn Zaums Äußerungen dazu zeigen mir, dass ihm nicht Deutschlands Interessen am Herzen liegen, sondern die der Staaten, die mit Energielieferungen an uns ihr Geld verdienen.“

Luiza Licina-Bode
SPD-Bundestagsabgeordnete

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Luiza Licina-Bode aus Bad Laasphe sieht eine menschenverachtende Rhetorik bei Zaum: „Die Rede und die Aussagen sind erschreckend und besorgniserregend. Es ist ein braunes Potpourri aus den bekannten AfD-Themen. Die Tatsache, dass Deutschland politisch verfolgten Menschen Asyl bietet, liegt in unserer Geschichte begründet. Wir haben aus den Verbrechen der NS-Zeit gelernt und helfen jetzt den Menschen, die unseren Schutz brauchen. Dass Menschen, die bei uns Zuflucht finden, dann hier straffällig werden, kann und wird von uns nicht geduldet. Dies betrifft aber nur einen kleinen Teil dieser Personengruppe. Die Forderung nach „Remigration“ ist absurd und menschenverachtend. Wir setzen auf Integration durch Bildung, Arbeit und sozialen Zusammenhalt. Deutschland ist schon lange ein Einwanderungsland. Von 80 Millionen Menschen haben 25 Millionen Menschen einen Migrationshintergrund. Herr Zaum hat sich zudem gegen die Energiewende ausgesprochen. Seine Parteichefin möchte die bereits errichteten Windräder gar wieder abreißen. Mir ist bewusst, dass das sich verändernde Landschaftsbild nicht jedem in Siegen-Wittgenstein gefällt. Fakt ist aber, dass die Windkraft die mit Abstand günstigste Form der Energieerzeugung ist. Mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien senken wir zukünftig die Energiekosten für unsere Bürgerinnen und Bürger, für unsere Industrie und Wirtschaft. Herrn Zaums Äußerungen dazu zeigen mir, dass ihm nicht Deutschlands Interessen am Herzen liegen, sondern die der Staaten, die mit Energielieferungen an uns ihr Geld verdienen.“

Guido Müller (51) aus Siegen kandidiert für die FDP im Wahlkreis Siegen-Wittgenstein.

„Deutschland hat aktuell viele Probleme. Wie wäre es, wenn wir Ängste ernst nehmen und Lösungen präsentieren? “

Guido Müller
FDP-Bundestagskandidat

Der Siegener FDP-Bundestagskandidat Guido Müller will Extremisten den Nährboden entziehen: „Jede Partei sollte selbst wissen, wie sie für sich wirbt. Wichtig für uns ist, die Wähler zu erreichen, die sich bislang noch vorstellen können, extrem zu wählen. Jeder spürt die wachsende Unzufriedenheit, die oft damit zu tun hat, dass man glaubt, mit Veränderungen nicht mithalten zu können oder der Angst, dass der eigene Wohlstand gefährdet ist, man das eigene Haus nicht mehr finanzieren kann oder dass Migration eine Gefahr ist. Deutschland hat aktuell viele Probleme. Wie wäre es, wenn wir Ängste ernst nehmen und Lösungen präsentieren? Und zwar solche, wo man direkt die Veränderung zum Besseren spürt. Wenn wir auf Sorgen verlässliche Antworten haben, uns unsere Fehlbarkeit eingestehen und Klartext reden, statt abgewogene Politikersprache zu verwenden, dann verfangen hetzerischen Stammtischparolen nicht. Dann fehlen der AfD und anderen Extremisten der Nährboden. Zur DNA unserer Gesellschaft gehören vor allem Respekt, Toleranz und Leistungsbereitschaft. Baut man darauf, steht es wieder besser um Deutschland.“

Marion Linde aus Bad Berleburg

„Während der Asylkrise in den 90er Jahren gab es einen Asylkompromiss in der deutschen Politik, mit dem Ergebnis, dass die Asylzahlen deutlich zurückgegangen sind und die Republikaner damals, die ähnlich wie die AfD vom Asylthema profitiert haben, deutlich an Zuspruch verloren haben.“

Marion Linde
Bundestagskandidatin der Freien Wähler

Für die Freien Wähler tritt die Bad Berleburgerin Marion Linde an. Sie wünscht sich einen Asylkompromiss wie in den 1990er Jahren: „Es macht mich sehr nachdenklich, wenn erst aufgrund einer politischen Polarisierung und sinkender bzw. steigender Umfragewerte ein sich ehrlich machen in der Migrations- sowie Asylpolitik möglich wird. In den 60ern und 70ern kamen viele Gastarbeiter. Viele sind geblieben und sind Kollegen sowie Freunde geworden. Viele sind in der zweiten und dritten Generation hier. Diese Einwanderung hat uns genutzt und wurde nicht ausgenutzt. Die Menschen, die damals nach Deutschland kamen, waren nicht in der ewigen Warteschleife und haben nicht erstmal für einen Integrationskurs angestanden, sondern sind ein paar Tage nach der Ankunft in Deutschland bei der Arbeitsstelle gewesen und haben Steuern bezahlt. Bürgergeld gab es noch nicht. Wenn also jemand zu uns kommt und sich mit an den Tisch setzen möchte, dann muss er mit dafür sorgen, dass der Tisch gedeckt ist. Während der Asylkrise in den 90er Jahren gab es einen Asylkompromiss in der deutschen Politik: Kein Asyl für Migranten, die über sichere Herkunftsländer kommen. Mit dem Ergebnis, dass die Asylzahlen deutlich zurückgegangen sind und die Republikaner damals, die ähnlich wie die AfD vom Asylthema profitiert haben, deutlich an Zuspruch verloren haben. Heute wäre so ein Kompromiss ebenfalls dringend nötig, aber es passiert nicht.“

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Blick in den Plenarsaal des Bundestags im Reichstagsgebäude. Die AfD peilt mit Christian Zaum den Einzug ins Parlament an. Der bekommt für seine zugespitzte Wahlkampfrhetorik heftige Kritik von der Konkurrenz.
Blick in den Plenarsaal des Bundestags im Reichstagsgebäude. Die AfD peilt mit Christian Zaum den Einzug ins Parlament an. Der bekommt für seine zugespitzte Wahlkampfrhetorik heftige Kritik von der Konkurrenz. © picture alliance/dpa | Kay Nietfeld